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Kabinett beschließt Ausverkauf der Wälder Bayerns

BN sieht Schutz- und Erholungsfunktionen durch Forstreform gefährdet

15.01.2004

In seiner Sitzung am 12. Januar 2004 hat das bayerische Kabinett mehrheitlich zustimmend die Zerschlagung der bewährten bayerischen Forstämter zu Kenntnis genommen. Damit versuchen Ministerpräsident Stoiber und Staatsminister Huber, den bayerischen Landtag bei der Forstreform vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dieser hat für den 21. Januar 2004 eine Expertenanhörung vorgesehen, die nach dem Ministerratsbeschluss zur Farce verkommen könnte.

Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN) setzt allerdings auf die Souveränität des Bayerischen Landtags: "Wir fordern alle Bayerischen Abgeordneten auf, sich nicht zu den Vollzugsgehilfen der Staatsregierung machen zu lassen, die allenfalls noch kleine Details regeln dürfen, aber bei der Festlegung der großen Politik vor der Tür bleiben müssen. Die Erfüllung der unersetzlichen Schutz- und Erholungsfunktionen gerade in den öffentlichen Wäldern darf nicht zur Alibiveranstaltung verkommen, sondern hier muss der Bayerische Landtag wie bisher die oberste Instanz für die Bewirtschaftung des öffentlichen Waldes bleiben."

Weiger ist überzeugt, dass die Pläne der Staatsregierung zur Forstreform alles andere als weitsichtige und vorausschauende Politik ist. Anstelle den Wald als wichtige Daseinsvorsorge zu betrachten und die Waldbesitzer in schwierigen Zeiten nicht alleine zu lassen, sollen nach dem Willen des Ministerrats ein Großteil der Förster aus den Wäldern verschwinden und es droht die Privatisierung des Staatswaldes.

Der BN, der sich zusammen mit anderen Umweltverbänden im Bürgerwaldforum zusammengeschlossen hat, setzt sich dagegen für eine Waldpolitik ein, die die positiven Leistungen des Waldes für die Allgemeinheit auch für künftige Generationen sichert. Trink- und Hochwasserschutz, Boden- und Lawinenschutz, Naturschutz und Erholung im Wald waren bislang bei den bayerischen Forstämtern gut aufgehoben. Auch der Privat- und Körperschafts- und Kirchenwald wurde von diesen bestens betreut.

Staatliche Forstwirtschaftsbetriebe - schon in DDR-Zeiten uneffektiv
Die Auflösung der Forstämter und die Abtrennung des Staatwaldes (Bürgerwald) von den übrigen Aufgaben der Forstbehörden ist nach Auffassung des BN der erste Schritt zur Privatisierung und zum Ausverkauf eines hohen Gutes der Allgemeinheit. Die vorgesehen staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe werden nicht mehr wie bisher die wichtigen Schutz- und Erholungsfunktionen des Staatswaldes erbringen können. Der Ausverkauf unserer Heimat an große Holzkonzerne skandinavischer Prägung oder Adelige ist zu befürchten.

Die Pläne der Staatsregierung sehen vor, alle 128 Forstämter aufzulösen und deren bisherige Aufgaben neu zu schaffenden Forstabteilungen an den 47 Landwirtschaftsämtern zu übertragen und den Staatswald von 40 staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben in einer eigenen Rechtsform bewirtschaften zu lassen. In der langen Geschichte der bayerischen Forstverwaltung gab es lediglich im 3. Reich eine Trennung der Besitzarten. Die Nachteile staatlicher Forstwirtschaftsbetriebe sind aus der alten DDR noch in Erinnerung. Nach der Wende wurde in den neuen Ländern nicht zuletzt nach bayerischem Vorbild das Forstamtssystem wieder eingeführt. Es käme einem Treppenwitz der Geschichte gleich, wenn Bayern ein ehemals sozialistisches System übernehmen würde.

Intelligent reformieren statt zerschlagen
Möglicherweise hat die Staatsregierung jedoch die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Für die Auflösung der Forstämter ist es erforderlich, das Bayerische Waldgesetz zu ändern. Und es muss den Abgeordneten erst einmal erläutern werden, warum noch vor kurzem Staatsminister Erwin Huber in einen Brief an das Bürgerwaldforum vom 29. April 2003 die Organisation der Forstämter in den höchsten Tönen gelobt hat: "Die Bünde-lung von Staatswaldbewirtschaftung, hoheitlichen Aufgaben sowie der Beratung und Förderung des Privat- und Körperschaftswaldes ermöglicht die Optimierung des Gesamtnutzens für alle Waldbesitzarten und dient damit dem Wald und den Gesamtinteressen der Gesellschaft am besten. Im Übrigen sichert diese Bünde-lung auch das forstpolitische Gewicht zur Durchsetzung von gemeinwohlorien-tierten Aufgaben." Demnach sind auch in Bayern Versprechen der Regierung vor der Wahl nach der Wahl nicht mehr gütig.

Mit ihrem Reformeifer setzt der Ministerrat ohnehin an der falschen Stelle an. So belaufen sich die Aufwendungen für den gesamten Wald in Bayern, also einschließlich der Förderung des privaten und kommunalen Waldbesitzes gerade einmal auf 0,5 % des Staatshaushaltes. Mit der Zerschlagung des Forstamtssystems läßt sich der Staatshaushalt also nicht sanieren, aber es würde sehr viel an Heimat zerstört. Es ist davon auszugehen, dass die neue Lösung teurer und bürokratischer sein wird, weil wichtige Synergieeffekte verloren gehen würden - vorausgesetzt, die Gemeinwohlfunktionen des Waldes sollen für kommende Generationen gesichert werden. Die bestehenden Forstämter sollten besser im Rahmen einer intelligenten Reform zu Kompetenzzentren für den Wald weiterentwickelt werden. Das Bürgerwaldforum hat dazu einen eigenen Organisationsvorschlag unterbreitet, der die Erfüllung der Gemeinwohlfunktionen garantiert und das bewährte Bayerische Forstamt nicht zerschlägt, aber auch Reformen und substantielle Einsparungen vorsieht. Aber die Staatsregierung ist anscheinend nicht bereit, konstruktive Vorschläge aufzugreifen. Dieses Vorgehen der Staatsregierung und deren Pläne zur sogenannten Forstreform sind auch ein Affront gegen die vernünftigen Vorschläge von Landtagspräsident Alois Glück.