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Tiere und Pflanzen

Landschaftsarchitekt Biber

Positive Wirkungen des Bibers auf Natur- und Wasserhaushalt

13.08.2003

Von der Dammbau-, Grab- und Stautätigkeit des Bibers profitieren gefährdete Tier- und Pflanzenarten, da der Biber neue strukturreiche Feuchtgebiete schafft. Durch seine Dämme im Oberlauf der Fließgewässer entsteht eine natürliche Fließgewässerverlängerung, die eine Verlangsamung des Abflusses bewirkt, was unter dem Aspekt des Hochwasserschutzes positiv zu bewerten ist. In Trockenzeiten wirken seine Staue und Vernässungen ausgleichend auf den Wasserhaushalt der Landschaft.

Der 1867 in Bayern ausgerottete Biber ist heute dank des vor 37 Jahren begonnenen, erfolgreichen Wiedereinbürgerungsprojektes des Freistaates Bayern und des Bundes Naturschutz wieder in allen bayerischen Regierungsbezirken und vom Spessart bis in den Voralpenraum heimisch. Der heutige Biberbestand in Bayern wird auf etwa 6.000 Tiere in rund 1.500 Biberfamilien bzw. Revieren geschätzt. Über die Hälfte der größeren Fließgewässersysteme sind wieder besiedelt und in den nächsten Jahrzehnten werden voraussichtlich alle geeigneten Lebensräume in Bayern besiedelt werden.

Wie keine zweite heimische Tierart kann der Biber durch Dämme, Fraß- und Grabtätigkeit das Umfeld der Gewässer beeinflussen und aktiv gestalten. Da in den letzten Jahrzehnten die Landschaft durch den Menschen immer intensiver genutzt wurde, Fließgewässer ausgebaut wurden und die landwirtschaftliche Nutzung unmittelbar bis an den Uferrand reicht, können Konflikte mit menschlichen Landnutzern entstehen. Deshalb sind landesweit zwei Biberberater des BN tätig, die zusammen mit der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) über 200 lokale Biberberater und Ansprechpartner ausgebildet haben, die bei Konflikten mit Landwirten rasch und unbürokratisch helfen. In Nordbayern arbeitet als "Biberberater" des BN Dipl. Biologe Markus Schmidbauer, in Südbayern der Wildbiologe Gerhard Schwab. Dieses Projekt wird vom Bayerischen Naturschutzfonds und den Naturschutzbehörden unterstützt. Die beiden Biberberater des BN haben von 1998 bis Ende 2002 landesweit 1224 einzelne Fälle, die sich z.T. über viele Jahre hin angesammelt und "angestaut" hatten, vor Ort untersucht (mit 2575 Ortsterminen) und meist auch bereits gelöst. Der Beratungsbedarf zeigt deutliche regionale Unterschiede: Schwerpunkte waren die Oberpfalz und der ober- und niederbayerische Donauraum.
Dass die Biberberater in allen Fällen helfen und oft bereits wenige Stunden nach dem Anruf vor Ort als kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stehen, hat die Akzeptanz für den Biber selbst bei von Problemfällen Betroffenen deutlich erhöht. Der Einsatz von qualifizierten Beratern als Mittler zwischen wiedereingebürgerten oder sich ausbreitenden, prominenten Wildtieren und v.a. der ländlichen Bevölkerung hat sich bewährt.

Der Aufgabenschwerpunkt der beiden Biberberater soll sich in den nächsten Jahren zunehmend von der Lösung von Konflikten im Einzelfall zu Konzepten zur langfristigen Konfliktvermeidung entwickeln. Dabei wird die positive Rolle des Bibers als Landschaftsgestalter stärker im Vordergrund stehen.

Der Biber kann sein gemeinnütziges Handwerk nur ausüben, wo wir an den Ufern kleine Wildnisse zwischen Wasser und Nutzung zulassen. Mehr Abstand zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Fließgewässer wäre ein Gewinn für alle: auch die Wasserwirtschaftsämter fordern einen 5 bis 20 Meter breiten Streifen unberührter Natur als Puffer zu intensiv genutzten Flächen. Das entspricht exakt dem Raum, den auch der Feuchtbiotopgestalter Biber braucht. Breitwasser statt Hochwasser: wo möglichst breite Auwald- und Brachestreifen das Gewässer begleiten, bremsen sie das Hochwasser. Der Biber hilft mit, die einst zerstörten Auen wieder zu renaturieren. Zusätzlich hält der fleißige Biber nach Auffassung des BN mit jedem seiner Dämme und Rückstaue dezentral Wasser eine zeitlang an den Oberläufen der Bäche zurück und trägt dazu bei, Hochwasserspitzen zu kappen. Abflussverzögerungen durch vom Biber kostenlos geschaffene Feuchtgebiete und Vernässungen wirken zudem ausgleichend auf den Wasserhaushalt der Landschaft in Trockenperioden.

Vom Biber gestaltete Lebensräume sind artenreiche Biotope für viele andere Arten. Der fleißige Handwerker zimmert die Wohnung für viele selten gewordene Tier- und Pflanzenarten gleich mit: Fischotter, Schwarzstorch, Amphibien, zahlreiche Fischarten und Libellen fühlen sich im Biberrevier wohl.

Eine von der Höheren Naturschutzbehörde, Regierung von Mittelfranken in Ansbach in Auftrag gegebene Untersuchung "Entwicklung von Biberrevieren in Westmittelfranken" des Biologen Ulrich Meßlinger belegt eindrucksvoll diese positiven Effekte des Landschaftsarchitekten. Zur Sammlung von Erfahrungen bezüglich Art, Intensität und Geschwindigkeit der vom Biber verursachten Lebensraumveränderungen erfolgten im Jahr 1999 aufnahmen der Vegetation ausgewählter Biberreviere, zusätzlich wurden feste Dauerbeobachtungsflächen zur Dokumentation von Vegetationsveränderungen eingerichtet. Zur Beschreibung und Quantifizierung von Lebensraumveränderungen durch Biber wurden 2002 in sieben mittelfränkischen Bibergebieten eine erneute Vegetationskartierung sowie eine Erfassung wertgebender Pflanzenarten und ausgewählter Tiergruppen durchgeführt.

Das Ausmaß der biberbedingten Veränderungen ist in den einzelnen Gebieten stark unterschiedlich. Die stärksten Effekte ergaben sich dort, wo zur Sicherstellung eines ausreichenden Wasserstandes der Aufstau von Fließgewässern über die Ufer hinaus nötig und möglich ist. Dies trifft besonders auf Tälchen zu, die von Fließgewässern geringer Wassertiefe durchflossen werden.

Unter diesen Bedingungen konnten in vier von sieben Gebieten innerhalb weniger Jahre ausgedehnte Sumpfgebiete mit hohem Naturschutzwert entstehen. Die Vegetation in diesen Gebieten entwickelt sich in Richtung reich strukturierter Klein- und Großröhrichte, Pioniergehölze können sich trotz des Verbisses durch Biber ausbreiten. Die Tierwelt profitiert deutlich und schnell von der Auenredynamisierung. Für mehr als 20 Rote-Liste-Arten aus sechs Tiergruppen wurden Neuansiedlungen bzw. eindeutig positive Bestandsentwicklungen registriert. Mehrere besonders anspruchsvolle Tierarten wie Wasserralle, Eisvogel, Laubfrosch, Elritze, Grüne Keiljungfer und Kleine Pechlibelle nutzen ganz gezielt durch Biber neu geschaffene Habitate. Ausgesprochen positive Effekte deuten sich für die Fischfauna an.

Aus naturschutzfachlicher wie auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht konnten Biber wertvolle Renaturierungsleistungen erbringen: Zurückverlegen von Gewässern ins ursprüngliche Bett, Sedimentation großer Geschiebemengen und Förderung der Ausbreitung ufertypischer Gehölze sowie die Neuschaffung von Stillgewässern, Flachwasserzonen und Kleinbächen führen zu erheblicher Abflussverzögerung, schaffen zusätzlichen Retentionsraum und ver-bessern die Selbstreinigungskraft und Wasserqualität der Fließgewässer.


Uferstreifen, wieder mäandrierende Gewässer, weiter vom Fluß zurückgesetzte Dämme, Flüsse die wieder mehr Raum bekommen, neue Auentümpel und Altwässer - nicht nur der Biber, sondern Hunderte anderer Arten und hochwassergeplagte Menschen würden nach Ansicht des BN von dieser neuen (alten) Auenlandschaft profitieren. Die für den Biberschutz investierten Gelder sind damit hochrentabel für die gesamte Gesellschaft. Der Biber kann integraler Bestandteil und Katalysator sein für die überfällige Renaturierung bayerischer Talauen und einen ökologischen, nachhaltigen Hochwasserschutz im Land.