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Langsameres Wachstum des Wolfsbestandes

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat am gestrigen Dienstag die offiziellen Zahlen zur Entwicklung der Wölfe in Deutschland veröffentlicht. Das Wachstum gegenüber dem Vorjahr liegt unter vier Prozent. Um Weidetiere vor Rissen zu schützen, geht am Herdenschutz kein Weg vorbei.

27.11.2024

In Bayern gab es im Monitoringjahr 2023/24 elf Wolfsterritorien, sieben Rudel (Paare mit Welpen), zwei welpenlose Paare und zwei territoriale Einzeltiere. Zu den sesshaften Tieren kommen noch einige umherziehende Wölfe dazu, die aber kaum verlässlich zu erfassen sind. In den letzten vier Jahren hat sich die Anzahl der Territorien im Freistaat damit durchschnittlich um jährlich zwölf Prozent erhöht. In Deutschland mit aktuell insgesamt 274 Territorien liegt die Erhöhung der letzten vier Jahre mit durchschnittlich zehn Prozent ähnlich hoch – im Vorjahresvergleich (265 Territorien) liegt das Wachstum in Deutschland bei lediglich 3,4 Prozent. In den ersten Jahren der Rückkehr des Wolfs nach Deutschland zwischen 2000 und 2019 gab es noch durchschnittliche Zuwachsraten von 28 % pro Jahr. Das Wolfvorkommen konzentriert sich nach wie vor überwiegend im Osten und Norden Deutschlands.

Der BN-Vorsitzende Richard Mergner erklärt: „Die Jahrmillionen alten biologischen Mechanismen, durch die sich die Bestände von Großen Beutegreifern selber regulieren, kommen nun auch in Deutschland zum Tragen. Die Behauptung, der Wolfsbestand würde ohne Bejagung unkontrolliert wachsen, ist schlichtweg Unsinn. Wer weiterhin von einem Wachstum der deutschen Wolfspopulation von 30% spricht, zeigt, dass er an einem faktenbasierten und damit funktionierendem Wolfsmanagement kein Interesse hat.“ Hinweis: Die Zahl wird beispielsweise in der Bayerischen Wolfsverordnung angeführt, auch der deutsche Jagdverband kommuniziert sie nach wie vor. 

„Wir sind in Bayern immer noch am Beginn der Ausbreitung des Wolfes. In weiten Teile Bayerns gibt es keine sesshaften Tiere. Doch durchziehende Wölfe können überall in Bayern auftauchen“, kommentiert Uwe Friedel, Wolfsexperte des BUND Naturschutz und verweist auf die Notwendigkeit des Herdenschutzes. „Mit Forderungen zu Alibi-Aktivitäten wie Bejagung und Bestandsregulierungen punkten manche Politiker vielleicht bei den Tierhaltern. Sie erwecken damit aber falsche Hoffnungen, mit einer Bejagung lasse sich die Gefahr für die Weidetiere durch den Wolf managen.“ Im Gegensatz zu einer beliebigen Abschussquote sei der gezielte Abschuss von Wölfen, die mehrfach ordnungsgemäßen Herdenschutz überwunden haben, unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Wolfsmanagements, betont Friedel.  

Um den Herdenschutz in Bayern voranzubringen beteiligt sich der BN am EU-Projekt „Lifestockprotect“, in dem Weidehalter*innen Herdenschutzkurse angeboten werden. Außerdem ist die bayerische Staatsregierung gefragt, die Rahmenbedingungen für die Weidetierhaltung und den Herdenschutz deutlich zu verbessern (siehe Forderungen).

Hintergrund:

Jährlich im Spätherbst veröffentlichen BfN und die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW) die Daten über die Wolfsvorkommen in Deutschland. Die veröffentlichten Daten beziehen sich auf das „Wolfsjahr“ (1. Mai bis 30. April), welches mit der Geburt der Welpen beginnt. Durch die zeitintensive gründliche Auswertung der von den Bundesländern an die DBBW gesendeten Daten wird die Gesamtbilanz erst im Herbst veröffentlicht. Die Zahl der Welpen und Jungtiere ist von Jahr zu Jahr sehr starken Schwankungen unterworfen. U. a. um einen robusten Vergleich der Wolfspopulation über die Jahre zu ermöglichen, fokussiert sich das staatliche Monitoring deswegen auf die erwachsenen und sesshaften Tiere. Das Wolfsmonitoring ist für Deutschland einzigartig: Kaum ein anderes wildlebendes Tier wird in seinem Bestand ähnlich präzise erfasst und beobachtet. 

BN-Forderungen zum Herdenschutz:

  1. Herdenschutzförderung darf nicht auf Gebiete mit sesshaften Wölfen beschränkt werden. Ganz Bayern muss zur „Förderkulisse“ werden. Ein durch Bayern ziehender Wolf soll sich nirgendwo an die „leichte Beute Schaf“ gewöhnen.
  2. Die Staatsregierung muss die Förderrichtlinie auch für die laufenden Kosten des Herdenschutzes (Zaunpflege, Herdenschutzhundehaltung u. a.) vorlegen. Die EU-Kommission hat grünes Licht für die Förderung dieser Kosten gegeben, einer Förderung steht nichts mehr im Wege.
  3. Die ständige Behirtung soll – schon aus Gründen des Tierwohls und Biodiversitätsschutzes – gefördert werden.
  4. Grundsätzlich muss an den agrarpolitischen Stellschrauben gedreht werden, wenn die schwierige ökonomische Lage der Weidetierhaltung, insbesondere der Schafhaltung, nicht zur Aufgabe der Weidetierhaltung führen soll.