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Tiere und Pflanzen

Möbel mit Pfiff aus rotkernigem Buchenholz

Bund Naturschutz wirbt für heimische Buche aus Bayern statt Tropenholz aus Übersee

07.11.2003

Zusammen mit Schreinern stellte der Bund Naturschutz seine bayernweite Vermarktungsoffensive für rotkerniges Buchenholz vor. Wie in der Schreinerei Thorbeck in Hengdorf, Rohr gezeigt wurde, lassen sich sehr dekorative Möbel aus rotkernigem Buchenholz herstellen. Die Verbraucher können durch den Kauf von Produkten aus diesem rotkernigen Buchenholz mithelfen, dass ökologisch hochwertige alte Buchenwälder in unserer Heimat erhalten werden und auch künftig alt werden dürfen. Mit dieser Aktion soll die heimische Waldwirtschaft beim Erhalt der alten Buchenwälder unterstützt werden. Das Holz aus diesen Wäldern lässt sich jedoch nur zu geringen Preisen verkaufen, weil sich der Kern rot verfärbt, wenn heimische Buchen alt und dick werden.

Rotkerniges Buchenholz bietet viele Möglichkeiten für die Gestaltung dekorativer Möbel. Seit kurzem werden Möbel auf Möbelmessen ausgestellt, erste Möbelstücke gibt es bereits bei Schreinereien, Möbelherstellern oder im Einzelhandel zu kaufen. Heute überzeugen diese exklusiven, individuellen Möbel immer mehr Kunden. Eine Reihe von innovativen Schreinern hat diesen neuen Trend aufgegriffen, und aus Rotkernbuchen attraktive Möbel, Fußböden, Treppen oder Kücheneinbauten hergestellt. In der Schreinerei Thorbeck stellten drei Schreinerbetriebe aus der Gemeinde Rohr ihre Möbel aus rotkernigem Buchenholz vor. Dabei zeigt sich, dass im Innenausbau und Möbelbereich fast überall rotkernige Buche verwendet werden kann. So fertigte Schreiner Michael Thorbeck aus Hengdorf bereits verschiedene Möbel aus massiver Rotkernbuche, wie Tische oder ein Rednerpult. Konrad Koch aus Rohr stellte eine Türe vor, bei der das Türblatt aus funierter Rotkernbuche sehr gut zur Geltung kommt. Reinhold Wagner aus Gustenfelden hat einen Dielenschrank aus massiver rotkerniger Buche gezimmert.

Die Verbraucher haben es selbst in der Hand, unsere alten Buchenwälder mit vielen bedrohten heimischen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Erhalten werden die alten Buchenwälder nur, wenn sich der Verkauf von rotkernigem Buchenholz auch rentiert. Die Verfärbung im Buchenholz führte bislang jedoch zu deutlich geringeren Holzerlösen und damit zu Vermarktungsproblemen. Für die Waldbesitzer ist es sehr schwierig, rotkerniges Buchenholz zu verkaufen, was meist nur zu geringen Preisen gelingt. Während sich mit dickem weißen Buchenholz von guter Qualität Preise von 200 bis 300 € pro m3 erzielen lassen, bekommt der Waldbesitzer z.Z. für entsprechendes rotkerniges Buchenholz nur einen Bruchteil diese Preises. Dies hat wiederum zur Folge, dass die ökologisch wertvollen Buchen früher gefällt werden, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. Nach neueren Vorgaben sollen die Buchen im bayerischen Staatswald so erzogen werden, dass sie sehr schnell dick werden. Dann werden sie bereits im Alter von 100 bis 120 Jahren, statt wie bisher im Alter von 140 - 160 Jahren gefällt. Außerdem hat dieser geringe Preis zur Folge, dass nur noch wenig junge Buchen nachgezogen und Buchenwälder neu begründet werden. So liegt der Buchenanteil in Bayerns alten Wäldern über 140 Jahren bei etwa einem Drittel, in jungen Wäldern unter 20 Jahren dagegen bei nur 10 %.

Aus Naturschutzsicht sind jedoch gerade alte Buchenwälder für viele seltene Tier- und Pflanzenarten besonders wichtig. So werden bevorzugt alte und dicke Buchen als Nist- und Höhlenbäume von Schwarz-, Grau- oder Mittelspecht sowie einer Reihe von "Nachmietern" wie Hohltaube, Rauhfußkauz, Halsbandschnäpper und vielen Fledermausarten bewohnt. Die ungünstige Vermarktungssituation für rotkernige Buchen führte jedoch dazu, dass sich die schon bestehende bedrohliche Situation für viele heimische Tier- und Pflanzenarten noch weiter verschlechtert. Dies liegt daran, dass es in Bayern vor allem sehr wenig alte Buchen und - gemessen am natürlichen Vorkommen - auch insgesamt wenig Buchenwälder gibt. Denn von Natur aus wäre Bayern ein Buchenmeer mit einigen Inseln aus anderen Baumarten. Dies trifft auch auf den Landkreis Roth zu. Von Natur aus würden hier Buchenmischwälder vorherrschen, überwiegend aus Buche und Eiche. Von dieser Dominanz ist heute nichts mehr übrig: gemessen an der ursprünglichen Buchenwaldfläche, die in Bayern ohne menschlichen Einfluss vorherrschen würde, erreicht die derzeitigen Buchenwälder nur einen Anteil von etwa 6 %. Die alten, reifen - über 140-jährigen - Buchenwälder sind sogar auf einen kümmerlichen Rest von 0,5 % geschrumpft. Aufgrund der Biodiversitätskonvention von Rio aus dem Jahr 1992 tragen Deutschland und hier gerade Bayern jedoch weltweit die größte Verantwortung für den Erhalt der Buchenwaldgesellschaften, da diese ein sehr begrenztes Areal besitzen.

Der Rotkern der Buche tritt in vielen reizvollen Farbschattierungen auf, die von rot zu dunkelbraun, grünlich, grau bis hin zu violett reichen. Dieser Kern ist aber nur eine farbliche Veränderung ohne die Holzeigenschaften zu beeinträchtigen. Qualitativ entspricht das rotkernige Holz somit dem klassischen weißen Buchenholz. Dieses Holz ist viel zu schade, um als Brennholz zu enden. Bisher werden immer noch viele bunte Tropenhölzer in Deutschland verarbeitet, die aus Raubbau stammen und um den halben Erdball transportiert werden. Die Rotkernbuche wächst dagegen vor unserer Haustür und ist aufgrund der verschiedenen Farbabstufungen sehr gut geeignet, diese Tropenhölzer zu ersetzen. Durch die unterschiedlichen Wachstumsbedingungen geprägt sind die Verfärbungen von Baum zu Baum verschieden. Die Verarbeitung erfordert allerdings schon ein gutes Auge des Schreiners, der das Buchenholz aussucht und zusammenstellt. Der Kunde erhält dafür aber auch keine Massenware von der Stange, sondern jedes Möbelstück ist ein Unikat.

Die Verbraucher können mithelfen, die bayerischen Buchen in Würde und Schönheit altern zu lassen. Sie können beim Kauf von Treppen oder Parkett, Regal oder Schrank, Tisch oder Stuhl, gezielt nach rotkernigen Buchen, nach interessanten Verfärbungen oder lebendigen Strukturen fragen. Bei Kauf von Holzprodukten haben sie die Gewähr, dass dieses Holz aus alten und i.d.R. ökologisch hochwertigen Wäldern stammt. Dadurch kann jeder einzelne die heimische naturnahe Waldwirtschaft und viele bedrohte Arten der alten Buchenwälder unterstützen. So käme eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung von Buchenrotkernholz dem Waldnaturschutz und dem Geldbeutel des Waldbesitzers zugute. Da sehr viele Buchen ab einem Alter von etwa 80 - 100 Jahren und ab einer Durchmesser von etwa 60 cm rotkernig werden, ist auch nicht zu befürchten, dass bei einer steigenden Nachfrage zu viele ökologisch wertvolle Buchen geerntet werden.

Obwohl rotkerniges Buchenholz in nahezu allen alten Buchenwälder vorkommt, ist es dennoch oftmals ein Problem, an das Holz heranzukommen. "Wir haben große Probleme überhaupt an rotkerniges verarbeitungsfähiges Buchenschnittholz heranzukommen," so das einhellige Urteil Schreiner aus der Gemeinde Rohr. Dieses Problem will der BN beheben und wirbt deshalb in seiner landesweiten Aktion für eine stärkere Berücksichtigung des Buchenrotkernholzes bei Sägewerken, Schreinern und Verbrauchern. Der Bund Naturschutz hat eine Liste bayerischer Anbieter, Be- und Verarbeiter von Buchenrotkernholz erstellt, die angefordert werden kann: Landesfachgeschäftsstelle Bund Naturschutz, Waldreferat, Bauernfeindstraße 23, 90471 Nürnberg (Tel.: 0911/81878-21 oder E-Mail: ursula.erlwein-blassl@bund-naturschutz.de). Diese Liste, weitere Informationen sowie eine Posterserie kann im Internet heruntergeladen werden:
bund-naturschutz.de/projekte/buchenrotkern.