Naturschutzverbände beklagen mangelnde Umsetzung der Alpenkonvention in Bayern
Nach Ansicht der Alpenschutzkommission CIPRA Deutschland und ihrer neun Mitglieds-Organisationen (darunter auch der BN) mit zusammen über einer Million Mitglieder werden die Bestimmungen der Alpenkonvention und ihrer Protokolle noch immer nicht ausreichend berücksichtigt. So wurde das Landschaftsschutzgebiet Inntal um ca. 500 ha verkleinert, um bestehende Bebauung herauszunehmen, aber auch um in großem Umfang neu geplante Gewerbegebiete und Infrastruktur zu ermöglichen - obwohl sich Deutschland im Naturschutzprotokoll der Alpenkonvention zur Erhaltung von Schutzgebieten im Alpenraum verpflichtet hat.
Auch die ständig neuen Eingriffe in Skigebieten sind nach Ansicht der Verbände nicht vereinbar mit der Alpenkonvention. Musterbeispiel sind hier derzeit die Maßnahmen für die Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen: So wird hierfür beispielsweise ein Tunnel zur Querung der Kandaharabfahrt gebaut. In Folge dessen musste das Betreten des Hanges wegen Rutschungsgefahr verboten und der Hang aufwändig technisch stabilisiert werden. Nach dem Bodenschutzprotokoll der Alpenkonvention hat sich Deutschland jedoch verpflichtet, in rutschungsgefährdeten Bereichen keine Skipisten zu bauen. „Dies ist ein klarer Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen“, so der Vizepräsident von CIPRA-Deutschland, Axel Doering, auch Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz in Garmisch-Partenkirchen.
Und das alles vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Alpen von der Klimaerwärmung besonders stark betroffen sind und sehr empfindlich reagieren werden. „Wenn wir zentrale ökologische und ökonomische Herausforderungen wie Klimaerwärmung und Verlust der biologischen Vielfalt wirklich meistern wollen, brauchen die Alpen einen besseren Schutz vor dem steigenden Nutzungsdruck.“ so Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin Südbayern des Bund Naturschutz. „Die Alpenkonvention gibt hier wichtige Vorgaben, die künftig konsequent in Politik und Verwaltung beachtet werden müssen. Der neue Leitfaden soll dazu beitragen.“
Die CIPRA hat nun mit Unterstützung des BN und mit finanzieller Förderung der Heidehofstiftung einen Leitfaden zur Umsetzung der Alpenkonventionsbestimmungen veröffentlicht.
Erfahrene Umweltrechtler legen dar, wie die Alpenkonventionsbestimmungen bei wichtigen Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen sind. Verwaltungen, Verbände, Gemeinden und Planer erhalten wichtige Praxishinweise, welche Gesichtspunkte sie bei geplanten Eingriffen in Schutzgebieten, bei Pisten- oder Wegebauten, Waldrodungen und Umweltprüfungen im Alpenraum zu berücksichtigen haben.
Die Alpenkonventionsverträge enthalten konkrete Vorgaben für die Bereiche Raumplanung, Naturschutz, Verkehr, Tourismus, Berglandwirtschaft, Bergwald, Bodenschutz und Energie. Sie sind seit Dezember 2002 in Kraft und damit im Range von Bundesgesetzen verbindlich. Doch die Inhalte der umfangreichen Bestimmungen sind in den bayerischen Alpengemeinden und in der Verwaltung noch nicht ausreichend bekannt. So gibt es –etwa im Gegensatz zum benachbarten Tirol – in Bayern bislang nur wenige Verwaltungsverfahren, in denen die Alpenkonvention überhaupt explizit berücksichtigt wurde.
Fast 90 Teilnehmer aus Ministerien, Behörden, der Wirtschaft und Umweltverbänden aus Bayern und Österreich nahmen an der Fachtagung teil. Ein Zeichen für das breite Interesse an dem Potenzial, das die Alpenkonvention bietet. Deutlich wurden auch unterschiedliche rechtliche Interpretationen bezüglich des Handlungsbedarfes zu einzelnen Bestimmungen. Die CIPRA und ihre Mitgliedsorganisationen erwarten nun eine offene und breite Diskussion über die Inhalte des Leitfadens und bieten Behörden und Politikern eine konstruktive Zusammenarbeit an.
Der CIPRA-Leitfaden ist in der Geschäftstelle von CIPRA Deutschland (Tel: 0831-5209501, info@cipra.de) zu einem Preis von 39,80€ (ermäßigt für Mitglieder von CIPRA Mitgliedsverbänden für 24,90€) zu bestellen.
Pressevertreter bekommen gerne ein kostenloses Rezensionsexemplar zugesandt.
Die internationale Alpenschutzkommission CIPRA ist ein Dachverband von über 100 Organisationen im gesamten Alpenraum, die sich für den Erhalt des Natur- und Kulturerbes und eine nachhaltige Entwicklung im Alpenraum einsetzt. Die CIPRA hat die Alpenkonvention initiiert und ist heute als offizielle Beobachterin und in der Umsetzung von Projekten im Sinne der Alpenkonvention engagiert.
CIPRA Deutschland e.V. Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN)
Andreas Güthler Dr. Christine Margraf, Fachabteilung
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