Regionale Milchverarbeitung in Gefahr
Der Milchstreik der bayerischen Milcherzeugergemeinschaften hat die durch den drastischen Verfall der Erzeugerpreise entstandene prekäre Situation insbesondere für die extensive Grünlandwirtschaft deutlich gemacht. Ein Streik alleine reicht jedoch nicht aus. Mit der kürzlich beschlossenen millionenschweren EU-Subvention eines neuen Milchwerkes von Müller-Milch in Sachsen droht auch fränkischen Bauern und Milchverarbeitungsunternehmen ein existenzgefährdender Preisdruck.
Der BN fordert daher eine Änderung der politischen Rahmenbedingungen für die Milcherzeuger auf EU-, Bundes- und Landesebene, um einer naturverträglichen tiergerechten bäuerlichen Milchviehwirtschaft auf Grünland wieder verbesserte Chancen einzuräumen.
BN und Euronatur fordern Änderung der EU-Agrarpolitik für den Weiterbestand der Milchwirtschaft in Bayern
Bund Naturschutz und Euronatur fordern deshalb, dass endlich europaweit und national die Milchüberproduktion zunächst durch eine Senkung und später durch eine flexible Anpassung der Milchquoten an den jeweiligen Bedarf gestoppt wird. Der BN begrüßt die Haltung der Agrarminister, am Kombinationsmodell für die Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland festzuhalten. Damit die bislang sozial ungerechte Verteilung der Mittel endlich abgestellt wird und zukünftig auch kleinere Milchviehbetriebe konkurrenzfähig bleiben können, muss die maximale Höhe der Prämien an die Zahl der Arbeitskräfte eines Betriebes gekoppelt werden.
Auch die gemeinsame Diskussion von Bundeslandwirtschaftsministerium und Ländern zu Maßnahmen zur Milchreduktion ist in den Augen des BN der Schritt in die richtige Richtung. Nur mit einer Mengenreduktion kann ein wichtiger Beitrag zu stabileren Erzeugerpreisen geleistet werden. In Ergänzung mit einer hohen Grünlandprämie und einer speziellen Beweidungsprämie kann dies der umweltfreundlichen Grünlandmilchwirtschaft eine Zukunft weisen.
Kritisiert wird von BN und Euronatur, dass bei der Umsetzung der Agrarreform vom sog. "Artikel 69" kein Gebrauch gemacht wird. Dieser erlaubt es den Mitgliedstaaten, bis zu 10% der bisher gewährten Direktzahlungen für besondere Maßnahmen, die u.a. für den Natur-, Umwelt-, Tier- oder Verbraucherschutz wichtig wären, zu nutzen. So könnte daraus zum Beispiel eine besondere Beweidungsprämie bezahlt werden. Die Milchquote muss an die Grünlandnutzung gekoppelt werden und die nationale Reform der Agrarpolitik muss endlich dazu genutzt werden, die bisher weitgehend fehlende Förderung für das Grünland aufzuheben und der Ackerbauförderung gleichzustellen.
Subventionsskandal um Müller-Milch
Gleichzeitig müssen kleinere regionale Molkereien besser von staatlicher Seite gefördert werden und der bayerische Milchabsatz durch Aktionen wie Schulmilch verbessert werden. Derzeit profitieren vor allem Molkereigroßunternehmen wie Müller Milch von öffentlichen Zuschüssen. Erst Mitte April hat die EU Kommission dem Müller Imperium eine Subvention in Höhe von mehr als 30 Millionen € für den Ausbau der Verarbeitungsstätte im sächsischen Leppersdorf bewilligt. Begründet wird diese Zahlung mit der Schaffung von 144 neuen Arbeitsplätzen. Verschwiegen wird allerdings, dass Müller nach dem erfolgten Ausbau von Leppersdorf die Molkereistandorte in Vienenburg (am Harz) sowie im westfälischen Amelunxen stilllegen wird. Dort gehen weit mehr als 200 Arbeitsplätze verloren. Der berühmte Harzer Käse kommt dann nicht mehr aus dem namensgebenden Mittelgebirge "Harz", sondern aus Sachsen und wird dann dort teilweise aus tschechischer Milch hergestellt; Müller verwendet bekanntlich in Leppersdorf billige Importmilch aus Tschechien, was die deutsche Milchwirtschaft weiter unter Druck setzt. Auch nordbayerische Molkereien könnten zunehmend unter Druck geraten und den Milchpreis im Dumpingwettbewerb weiter nach unten drücken.
Bund Naturschutz und Euronatur fordern daher, EU-Mittel ausschließlich zur Erhaltung und nicht zur Vernichtung von regionalen Arbeitsplätzen und Verarbeitungseinrichtungen zu verwenden.
Auch die bayerischen Kommunen können über Vorgaben zur Verwendung von Regionalprodukten im Bereich der öffentlichen Großverbraucherverpflegung zum verbesserten Absatz der regional erzeugten Milch und damit zum Erhalt der bayerischen Grünlandwirtschaft und zum Kulturlandschaftserhalt beitragen.