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Rekordhitze: BUND NATURSCHUTZ FÜHRT TEMPERATURMESSUN-GEN IN STÄDTEN DURCH MIT EINDEUTIGEM ERGEB-NIS

Die Klimakrise sorgt für immer häufiger auftretende Hitzesommer. In den Städten können Bäume für Abkühlung sorgen, wie der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) am Donnerstag bei Temperaturmessungen an insgesamt 10 Standorten in München, Nürnberg und Coburg festgestellt hat.

26.07.2019

"Die Staatsregierung und der Bayerische Landtag müssen als Konsequenz des erfolgreichen Volksbegehrens "Rettet die Artenvielfalt" und als Klimaschutzsofortmaßnahme den Baumschutz gesetzlich verankern", fordert daher BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.

Der Hitze-Rekordsommer von 2018 setzt sich 2019 nahtlos fort. Besonders fatal ist die Situation in den Städten: die hohe Wärmespeicherfähigkeit von Beton und Asphalt und der hohe Versiegelungsgrad führen zu einer Stauung der Hitze. Der BN hat in München, Nürnberg und Coburg von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Lufttemperaturmessungen mit Aspirationspsychrometern nach Aßmann an verschiedenen Plätzen durchgeführt. Mit diesem Messinstrument lässt sich die wahre, nicht durch die Sonneneinstrahlung verfälschte Temperatur ermitteln.

Die Ergebnisse der Messungen sind eindeutig und in allen drei Städten sehr ähnlich: Schon in den frühen Morgenstunden sind Temperaturunterschiede von ungefähr einem Grad zwischen unbegrünten und begrünten Flächen erkennbar, die im Laufe des Tages noch zunehmen. In München wurden schon mittags bis zu drei Grad Unterschied zwischen Pettenkoferstraße und dem Nußbaumpark festgestellt. Ein ähnliches Ergebnis erhielt der BN in Nürnberg bei Messungen am Hauptmarkt und im Rosenaupark sowie in Coburg, wo im Grünen Labor, auf dem Marktplatz und unter einem alten Baumbestand neben der Anna B. Eckstein Anlage gemessen wurde. Während die Messung nachmittags auf dem Marktplatz eine Lufttemperatur von 39° Grad ergab, waren es zeitgleich im Grünen Labor immerhin "nur" 35,5°C.

Die Ergebnisse zeigen deutlich: "Grünflächen und Bäume spielen für die Klimatisierung einer Stadt eine wichtige Rolle. Ein ausgewachsener Laubbaum verdunstet an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser und kühlt somit seine Umgebung ab. Ein Laubbaum mit 15 m Kronendurchmesser kühlt zusätzlich eine Fläche von 160 m² mit seinem Schatten", erklärt die Münchner BN-Stadtbaumexpertin Angela Burkhardt-Keller.

"Studien prognostizieren bis zum Ende des Jahrhunderts eine deutliche Zunahme der Hitzetage mit Tagestemperaturen über 30° C. Auch die Zahl der Tropennächte, in denen es nicht unter 20° C abkühlt, steigt an, was neben der großen Belastung, der die Menschen tagsüber ausgesetzt sind, zusätzlich zu einer fehlenden Regeneration in der Nacht führt", mahnt Mergner. "In Zeiten der Klimakrise mit steigender Hitzebelastung in den Stadtzentren sind Stadtbäume und innerstädtische Grünflächen als natürliche Klimaanlagen überlebensnotwenig für die Bevölkerung. Dennoch haben wir jedes Jahr dramatische Verlustzahlen bei Bäumen in Bayerns Städten und eine weitere zunehmende Versiegelung. Wir brauchen aber mehr statt weniger Bäume und fordern das auch von unseren Kommunen".

Die Kommunen verfügen in Form von Baumschutzverordnungen über ein Instrument, das zum Schutz der Bäume beitragen kann. "Derzeit haben nur 94 der 2.056 Städte und Gemeinden eine Baumschutzverordnung erlassen, obwohl die 83,1 % der Kommunen, die eine eigene Baumschutzverordnung beschlossen haben, diese für ein "eher wichtiges" oder "sehr wichtiges" Mittel zum Baumschutz halten" zitiert BN-Projektkoordinator Mühlleitner aus einer aktuellen Studie es BN zur Effektivität von Baumschutzverordnungen.

"Insgesamt können Baumschutzverordnungen ein sinnvolles Instrument zum Schutz von Bäumen darstellen", merkt Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz, an. "Wir fordern daher landesweit die Einführung kommunaler Baumschutzverordnungen verbunden mit einem Zonierungskonzept. So sollten in stark verdichteten Zonen - der Wichtigkeit der Bäume für die Lebensqualität entsprechend - Baumfällungen nicht oder nur gegen hohe Ausgleichszahlungen bzw. erhebliche Ersatzpflanzungen, möglich sein." In Zonen mit sehr hohem Durchgrünungsanteil, könnten hingegen geringere Ansprüche an den Baumschutz angelegt und die Ersatzpflanzungen lediglich im Verhältnis 1:1 durchgeführt werden.

Der BUND Naturschutz bietet Bürger*innen rund um das Thema Stadtbäume eine Baumsprechstunde unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 / 78 23 822 (0800/STADTBAUM) an, Montag bis Donnerstag von 9 Uhr bis 13 Uhr sowie unter der Emailadresse: stadtbaum@bund-naturschutz.de.

Ansprechpartner:

Martin Geilhufe, Landesbeauftragter BUND Naturschutz Tel. 0172/7954607 martin.geilhufe@bund-naturschutz.de

Dr. Daniel Mühlleitner, Christopher Busch, Projektkoordinatoren Stadtbäume Tel. 09 11-575 294 - 18 bzw. -19 stadtbaum@bund-naturschutz.de

 

Weitere Ergebnisse der Kommunalbefragung:

Vermeintliche Kontraproduktivität von Baumschutzverordnungen

Kritiker von Baumschutzverordnungen unterstellen diesen häufig eine kontraproduktive Wirkung in zweierlei Hinsicht: Erstens würden alte Bäume mit Schutzanspruch noch rasch gefällt, bevor die Verordnung eingeführt wird. Besteht die Verordnung bereits, würden Bäume zweitens aufgrund des Mindeststammumfangs vor dem "Hineinwachsen" in die Verordnung gefällt werden. Von denjenigen Kommunen, die hierzu Einschätzungen abgeben konnten, antworteten auf die Frage nach ihren Erfahrungen, dass vor Rechtskraft der Einführung einer Baumschutzverordnung Bäume noch rasch gefällt würden: 73,9% mit "ist nicht oder selten passiert", 21,7% mit "ist einige Male passiert und 4,3% mit "ist häufig passiert".

Das zweite häufig geäußerte Argument gegen die Effektivität von Baumschutzverordnungen ist, dass die Bäume nicht mehr alt werden können, da die Eigentümer sie rechtzeitig fällen würden bevor sie unter die Verordnung fallen. Tatsächlich meint keine einzige Kommune, dass dies "nie" passieren würde. Allerdings gaben nur 2% an, es würde "sehr häufig" passieren. Ein Drittel der Kommunen machen die Erfahrung, solche präventiven Fällungen würden "immer wieder" passieren. Der Großteil der Kommunen, die hierzu Angaben machen konnten, nämlich beinahe Zweidrittel (65%) gab an, es würde eher selten passieren. Die Befürchtung, Bäume hätten durch eine Baumschutzverordnung keine Chance mehr alt zu werden, lässt sich anhand dieser Zahlen nicht halten.

Schwächen von Baumschutzverordnungen und Verbesserungsvorschläge

Gefragt nach den Schwächen ihrer Baumschutzverordnungen gaben 51,4% der Kommunen an, dass das Hauptproblem in der mangelnden Kontrolle und Durchsetzung liege. Die Baumschutzverordnung wäre nicht das Problem, vielmehr die schlechte Personalsituation, die die Umsetzung erschwere. Der Aufwand für die Durchsetzung einer Baumschutzverordnung liegt laut der Untersuchung in etwa bei einer Stunde pro Monat und 1.000 Einwohner*innen, bei den Großstädten ist ein degressiver Effekt erkennbar. 14,3% sehen das Hauptproblem in der Tatsache, dass im Fall von bestehendem Baurecht die Baumschutzverordnung faktisch Makulatur werde. 11,4% kritisieren, dass nur bestimmte Bäume geschützt seien, häufig keine Nadel- und Obstbäume. 5,7% sehen Akzeptanzprobleme bei der Bevölkerung.