Scheitert das erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt an der Blockadepolitik von Bund und Ländern?
Zum Tag der Deutschen Einheit appelliert der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) nachdrücklich an Bundesfinanzminister Eichel und die Finanzminister der Länder, ihre Blockade des Biotopschutzes im Bereich der früheren innerdeutschen Grenze - dem so genannten "Grünen Band" - endlich zu beenden.
Der entscheidende Schritt zur Sicherung dieses Naturschatzes, das großartige Angebot der Bundesregierung ihre Flächen im Grünen Band kostenlos an die Bundesländer für Zwecke des Naturschutzes zu übergeben, anstatt diese auf dem freien Grundstücksmarkt zu verkaufen, ist seit über einem Jahr noch nicht vorangekommen. Dabei handelt es sich um zwei Drittel der Fläche des Grünen Bandes (etwa 10.000 Hektar) was etwa der Größe des Nationalparks Eifel entspricht. Können diese Flächen nicht für den Naturschutz gesichert werden, droht das längste europäische Biotopverbundsystem zu zerreißen. Es würde damit eine der größten naturschutzpolitischen Zielsetzungen von Bund und Ländern scheitern!
Obwohl sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin höchst engagiert dafür einsetzt und sich die Umweltminister der sieben betroffenen Länder grundsätzlich für die Flächenübernahme ausgesprochen haben, blockieren jetzt Forderungen aus den Finanzressorts der Länder die Erhaltung des Grünen Bandes. Auch gefährden die Ansprüche von Bundesfinanzminister Eichel, der auf einmal etwa die Hälfte der Bundesflächen (4.400 Hektar) nicht mehr unentgeltlich, sondern nur gegen Zahlung von 8 Millionen - an die Länder abgeben will, den einzigartigen Biotopverbund.
Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN: "Das Grüne Band, ein einzigartiger Naturschatz auf 1393 Kilometern Länge, Heimat von über 600 gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und natürliches Symbol deutscher Geschichte, ist unbegreiflicherweise Gegenstand eines skandalösen Finanzpokers zwischen Bund und Ländern geworden."
Bayern grenzt mit einer Länge von 422 km an das Grüne Band an. Im Bereich der bayerisch-sächsischen Landesgrenze ist das Grüne Band vorbildlich entwickelt. Entlang des bayerisch-thüringischen Bereichs laufen erfolgreich die grenzüberschreitenden Arten- und Biotopschutzprogramme (ABSP) Steinachtal/Linder Ebene und Rodachtalachse sowie das länderübergreifende Biosphärenreservat Rhön. Bayern hat seit der "Wende" die Anzahl der an das Grüne Band angrenzenden bayerischen Naturschutzgebiete auf 34 fast verdreifacht.
Prof. Weiger: "Vor dem Hintergrund der umfangreichen Bemühungen Bayerns für das Grüne Band appellieren wir an die Bayerische Staatsregierung, sich bei Bundesfinanzminister Hans Eichel und den Finanzstaatssekretären der betroffenen Bundesländer dafür einzusetzen, diese einzigartigen Lebensräume nicht durch überzogenen Forderungen zu gefährden."
Im vergangenen Jahr hatte Bundesumweltminister Trittin den Startschuss gegeben für die faszinierende Idee des "Grünen Bandes Europa", für ein Schutzgebietssystem vom Eismeer bis ans Schwarze Meer. Die Schirmherrschaft dafür hat Michail Gorbatschow übernommen. Anfang September wurden auf der ersten internationalen Konferenz in Ungarn mit 80 Fachleuten aus allen 22 Anrainerstaaten die Grundlagen für die Zukunft des europäischen Grünen Bandes geschaffen. Aufgrund der langjährigen und umfangreichen Erfahrungen hat der BN die Koordination für den mittleren Abschnitt des Grünen Bandes Europa übertragen bekommen. Entlang der 357 km langen bayerisch-tschechischen Grenze laufen bereits grenzüberschreitenden Projekte des BN, wie z.B. das Flussperlmuschelprojekt "Wir gehen über Grenzen" im Dreiländereck Bayern, Sachsen, Tschechien oder das Biotoppflegeprojekt in den Egertalauen bei Hohenberg. Auf bayerischer Seite wurden bisher 11 Naturschutzgebiete und der Nationalpark Bayerischer Wald ausgewiesen.
Es wäre peinlich für den europäischen Naturschutz, wenn ausgerechnet in Deutschland, als Kernstück von Europas größtem Biotopverbund, die Erhaltung des Grünen Bandes scheitert!
Dr. Kai Frobel, Artenschutzreferent des BN: "Wenn das Projekt Grünes Band in Deutschland scheitert, steht auch der geplante Biotopverbund Grünes Band Europa entlang des früheren "Eisernen Vorhangs" in Frage. Dem europäischen Naturschutzgedanken droht hier massive Gefahr."
Die zügige Übertragung aller bundeseigenen Flächen wäre das zentrale Signal, dass es die Bundesrepublik Deutschland ernst meint mit dem Grünen Band.