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Sinn und Unsinn von Kleinwasserkraftwerken am Beispiel des Faltenbachs, Oberstdorf, Landkreis Oberallgäu

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) fordert den Erhalt des Faltenbachs aus naturschutzfachlichen, lufthygienischen, ästhetischen und klimatischen Gründen. Sie sprechen eindeutig gegen den Ausbau des Faltenbachkraftwerks durch eine Entnahmesteigerung auf bis zu 1000 l/sec Wasser zur Gewinnung von Strom aus Wasserkraft.

27.02.2008

Der Faltenbach liegt am Rande von durch europäische Gesetzgebung geschützten FFH- und SPA-Gebieten. Das allein gebietet schon einen sorgfältigen Umgang mit diesem besonderen Wildbach. Der BN hält die ökologischen und landschaftlichen Konsequenzen der geplanten Wasserentnahmemenge für den Faltenbach für so gravierend, dass er die Ausbaupläne deshalb strikt ablehnt. „Eine Effizienzsteigerung der bestehenden Wasserkraftnutzung durch eine technische Modernisierung und die Verlängerung der Ausleitung zum jetzt geplanten Turbinenhaus an der Trettach wäre aus der Sicht des BN vertretbar“ so Gerda v. Philipsborn, Vorsitzende der Ortsgruppe Oberstdorf des BN. Den Ausbau der Wasserkraftnutzung mit einer bis um das zehnfache erhöhten Wasserausleitung die dadurch resultierenden Eingriffe in den Faltenbachtobel lehnt der BN jedoch eindeutig ab.

Die limnologische Untersuchung unterstreicht, wissenschaftlich untermauert, dass der Faltenbach auf Grund seiner hohen Wasserqualität, seiner naturnahen Teilstrecken und seiner aquatischen Artenvielfalt (10-Rote-Liste-Arten des Makrozoobenthos) als „gefährdetes Biotop (naturnahes kalkreiches Epirhithral) bzw. bedeutsamer Fließgewässertyp Deutschlands“ einzustufen ist. Es sind zahlreiche Arten vorhanden, die an eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit gebunden sind, darunter eine stark gefährdete Steinfliege (RL 2) im oberen Faltenbach bis unterhalb des Wasserfalles.

Ausschlaggebend für das Vorkommen dieser und der meisten anderen geschützten Arten ist vor allem die hohe Dynamik des Faltenbaches. Die Tatsache, dass überhaupt hohe Strömungsgeschwindigkeiten in bestimmten Zeiträumen des Jahres auftreten, spiegelt sich in der Artenzusammensetzung wieder. Die Ökologie des Faltenbaches hat sich an die bereits seit Jahrzehnten laufende Wasserentnahme von rund 100 l/sec angepasst.

Die limnologische Untersuchung stellt fest, dass in den 8 Monaten von Mitte März bis Mitte November nur noch an 18 Tagen mehr als das Restwasser von 150 l/sec im Bachbett verbleiben würde.

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes "Wasserkraft als erneuerbare Energie" erzeugen etwa 6000 Kleinkraftwerke nur 0,3% der Gesamtstrommenge. Das noch nicht ausgebaute Potential würde eine Steigerung von nur 0,5% der Gesamtstrommenge bedeuten. Der Preis dafür, das Opfern der letzten Fliessgewässer, wie beispielsweise den Faltenbach, ist nicht hinnehmbar. Die CO2-Vermeidung liegt bei nur 0,09%, also weniger als einem Zehntel Prozent Der weitere Ausbau wäre etwa eine CO2-Vermeidung von 0,1 bis 0,15%. Diesem verschwindend geringen Gewinn würde weitere 1000km Gewässer mit allen ökologischen Folgen zum Opfer fallen. Der daruch entstehende Schaden an der Fliessgewässer - Ökologie ist damit nicht aufzuwägen. „Durch die Modernisierung eines einzigen Großwasserkraftwerks könnte man mehr Strom gewinnen, als durch den Neubau sämtlicher möglicher Kleinwasserkraftwerke.“ so Ragna Juraschitz, stellvetretende Vorsitzende der BN Ortsgruppe Oberstdorf.

Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz und Sprecher des Arbeitskreises Wasser des BN und des BUND, kritisiert die aktuelle Diskussion im Klimaschutz und betont, „dass für das Erreichen der Klimaschutzziele ein weiterer Ausbau der Wasserkraft nicht notwendig ist, denn 2/3 der Gesamtenergie lassen sich unter Beibehaltung des gegenwärtigen Lebensstandards mit moderner Effizienztechnik einsparen.“ Deshalb verlangt der BN, dass es keinen weiteren Ausbau der verbliebenen Fließstrecken von kleinen Bächen und Flüssen geben darf!

Im November wurde beim gemeinsam vom Landesfischereiverband in Kooperation mit Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz veranstalteten Symposium „Wasserkraft und Gewässerschutz“ eine gemeinsame Position zur Wasserkraft und Gewässerschutz“ verabschiedet. In Zeiten der Wasserrahmenrichtlinie muss die naturverträgliche Ausgestaltung bestehender Anlagen Vorrang vor einer weiteren Erschließung der Wasserkraft haben. In einem Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel fordern die drei Verbände deshalb auch einen dringender Korrekturbedarf beim EEG.

Weiter wird in dieser Position einvernehmlich gefordert, an bestehenden Anlagen die ökologische Durchgängigkeit herzustellen. Für zusätzliche Anlagen sieht der BN keine Standorte, da diese entweder in den letzten frei fließenden Gewässerstrecken, in Naturschutzgebieten oder Natura-2000-Gebieten liegen würden, also in den bedeutsamsten Gebieten des Naturschutzes.

In Oberstdorf steht ein Bürgerentscheid an, bei dem es um das Überleben des touristisch wichtigen, wildromantischen Faltenbachs geht. Die Veranstaltung dient zur Meinungsbildung für die Bürger.

Die gemeinsame Position zur Wasserkraft finden Sie in der Anlage.

Für Rückfragen: Dr. G. v. Philipsborn, 1. Vors. Ortsgruppe Oberstdorf, 08322/4338
und Barbara Zach, Regionalreferentin Schwaben,
089/54 82 98 64 barbara.zach@bund-naturschutz.de