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Vorrang für den Schutz der Flüsse statt weiterem Ausbau der Wasserkraft in Bayern:

Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz, Landesfischereiverband, Verein zum Schutz der Bergwelt und Bayerischer Kanuverband kritisieren „Masterplan Ausbaupotenziale Wasserkraft“ als Generalangriff auf Bayerns Flüsse und Auen und fordern von Staatsregierung eine klare Ablehnung des Ausbaus der Wasserkraft

 

19.11.2009

Vor einer Woche haben die Energiekonzerne E.ON Wasserkraft GmbH und die Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW) ihren „Masterplan Ausbaupotentiale Wasserkraft in Bayern“ vorgelegt. Er enthält Potenziale für eine Erhöhung der Stromerzeugung aus Wasserkraft durch Neu- und Ausbauten von Wasserkraftwerken an zahlreichen Standorten an Bayerns Flüssen.

Die Spitzen der Naturschutzverbände haben dies heute gemeinsam als „Generalangriff auf Bayerns Flüsse und Auen“ kritisiert. „Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, sich uneingeschränkt für den Schutz der letzten unverbauten Flüsse Bayerns einzusetzen und sowohl Neubauten als auch Ausbauten bestehender Wasserkraftanlagen eine klare Absage zu erteilen.“ Auch der Höherstau an bestehenden Wasserkraftwerken muss abgelehnt werden, da er die dort schon vorhandenen ökologischen Schäden weiter verschärfen würde. Stattdessen sind an bestehenden Wasserkraftwerken ökologische Verbesserungen wie höheres Restwasser oder Verzicht auf Schwellbetrieb nötig.
Lediglich einer Effizienzsteigerung durch Modernisierungen im Maschinenraum könnten die Verbände zustimmen.
Da der Masterplan Wasserkraft auf einem Eckpunktepapier „Nachhaltige Wasserkraftnutzung“ beruht, fordern die Verbände von der Staatsregierung auch: „Dieses Eckpunktepapier darf nicht länger gültig sein, da es gesetzlichen und freiwilligen Verpflichtungen der Staatsregierung widerspricht“.
Zudem fordern sie das Umweltministerium auf, weder das Eckpunktepapier noch den Masterplan Wasserkraft als offizielle Hintergrunddokumente der Wasserrahmenrichtlinie zu behandeln.

Über 90% der Flüsse Bayerns sind schon jetzt durch Querbauwerke und Wasserkraftanlagen kanalisiert, verbaut oder aufgestaut. Fische und andere typische Arten der Fließgewässer und Auen gehören zu den dem stärksten gefährdeten Arten. Anstelle weiterer Verbauungen ist daher nach Ansicht der Verbände ein Renaturierungsprogramm nötig. „Nur so kann die Staatsregierung ihre Ziele der Biodiversitätsstrategie sowie die europaweit geltenden Ziele von Natura 2000 und Wasserrahmenrichtlinie erfüllen.“ Gewässer und Auen sollen bis 2015 den "guten Zustand" erreichen.

Besonders kritisiert haben die Verbände, dass E.ON und BEW mit Klimaschutz und Naturschutz für den Ausbau der Wasserkraft argumentieren: „Der Ausbau der Wasserkraft in Bayern ist weder ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz noch ist er aus Gründen des Klimaschutzes überhaupt nötig.“ kritisiert Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Die Ausbaupläne der Kraftwerksbetreiber würden eine vernachlässigbare Steigerung der Stromerzeugung zur Folge haben, die in keinem Verhältnis zu den ökologischen Beeinträchtigungen und dem Wert der zerstörten Flußlandschaften und deren Folgekosten steht. Wir fordern daher einen Masterplan Ökologie, der die Potentiale der Gewässer und Feuchtgebiete im Bezug zur CO2-Bindungsfähigkeit, zur Erhaltung der Artenvielfalt und der Empfindlichkeit für die Auswirkungen des Klimawandels untersucht, quantifiziert und monetarisiert. Sebastian Schönauer, stellvertretender BN-Landesvorsitzender ergänzt: “Wer wirklich Klimaschutz betreiben will, muss zuerst die großen Potenziale der Energieeinsparung und Effizienzsteigerung ausnutzen und Windkraft und Photovoltaik in landschaftsverträglichen Grenzen ausbauen. Die prognostizierte zusätzliche Energieproduktion von 1300 GWh/a, lässt sich z.B. auch mit 260 Windrädern erreichen – die bessere Umweltoption, wie es auch die Wasserrahmenrichtlinie fordert. Ein weiterer Ausbau von Wasserkraftwerken in Bayern dient nur der Gewinnmaximierung der Energiekonzerne unter dem Deckmantel des Klimaschutzes.“

Auch das Argument, dass die Natur vom Ausbau profitieren würde, halten die Verbände für absurd: Fließgewässerschutz ist mehr als nur eine Fischtreppe. Unverzichtbar sind der Erhalt der Durchgängigkeit ohne Querbauwerke, die Sicherung der vollen Dynamik zwischen Hoch- und Niedrigwasser, die Erhaltung der typischen Strömungsverhältnisse, der intakte Transport von Sand und Kies und die volle Anbindung von Seitengewässern und Auen. Wasserkraftwerke stehen dem per se entgegen, da die den Fluss anstauen und damit in seiner Charakteristik völlig verändern. Ludwig Sothmann, Vorsitzender des Landesbund für Vogelschutz fordert daher ökologische Schadensanalyse dieses potentiellen Großangriffes auf das Öko-System Fließgewässer: „Die Energiekonzerne haben die dramatischen Auswirkungen bei der Realisierung ihres Masterplans schlicht verschwiegen. Die potentiellen Vorhaben würden Landschaftsbild, Natur- und Wasserhaushalt massiv beeinträchtigen. Die
Autoren haben ihre Pläne ausschließlich schön geredet und geben das Papier an die Öffentlichkeit in einer unglaublichen Einäugigkeit, die nur die wirtschaftlichen Vorteile von EON und RWE sieht.“

Eberhard Roese, Präsident des Landesfischereiverbandes Bayern, fordert eine Klärung, warum in der Potenzialstudie so viele Kleinwasserkraftwerke (Leistung < 5 MW) enthalten sind: „Der Nutzen von kleinen Wasserkraftwerken ist laut Bundesumweltamt für den Klimaschutz marginal. Allerdings passen sie aufgrund ihrer geringen Anlagenleistung in die Förderkulisse des EEG. Somit könnte ein nicht unerheblicher Kostenteil für die Errichtung der Anlagen vom Betreiber auf den Stromverbraucher umgelegt werden.“ Aus dem Masterplan geht nicht hervor, ob und inwieweit bei den geplanten Wasserkraftanlagen das EEG in die Finanzierungsplanung mit einbezogen wurde. Roese weist zudem auf den Widerspruch hin, dass in der Vergangenheit bereits bestehende Wasserkraftanlagen absichtlich gedrosselt wurden, um zusätzlich in den Vorzug einer besseren Vergütung durch das EEG zu gelangen, in der Potenzialstudie nun aber Erhöhungen des Wirkungsgrades geplant sind.

In dem Masterplan Wasserkraft finden sich noch mehr fehlerhafte Darstellungen, so zum Beispiel auch zum Hochwasserschutz. „Die Behauptung, dass die Stauanlagen einen Beitrag zur Hochwassersicherheit leisten, ist eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit.“ kritisiert Rolf Renner vom Bayerischen Kanu-Verband.

Dr. Klaus Lintzmeyer vom Verein zum Schutz der Bergwelt betonte, dass es neben den Vorstellungen von E.ON und BEW auch noch andere Wasserkraftplanungen gibt: „Gerade gegen die Planungen neuer Wasserkraftwerke an den Alpenflüssen Ammer und Salzach werden wir bis hin zu Klageverfahren kämpfen. Sie widersprechen den Zielen der Alpenkonvention.“

Speziell gegen die Wasserkraftplanungen an der Isar spricht sich die „Notgemeinschaft Rettet die Isar jetzt e.V.“ aus. Franz Speer betont: „Seit Jahrzehnten kämpfen wir für eine Renaturierung der Isar und haben einiges erreicht. Dass nun zum Beispiel die Schwelle bei Icking als Standort für einen Neubau im Masterplan Wasserkraft enthalten ist, widerspricht allen früheren Versprechungen, genau hier kein Wasserkraftwerk zu bauen.“


--> Anlagen: Statements der einzelnen Verbände


Für Rückfragen:

Ludwig Sothmann, Vorsitzender Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V., 09147/4775-91, e-holzknecht@lbv.de


Dr. Christine Margraf, Leiterin Bund Naturschutz Fachabteilung München: 089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de


Johannes Schnell, Referent für Arten- und Gewässerschutz, Landesfischereiverband Bayern e.V., Tel:  089-64 27 26 27, Johannes.Schnell@LFVBayern.de


Dr. Klaus Lintzmeyer, Schriftführer Verein zum Schutz der Bergwelt, 08025/8705, Lintzmeyer@aol.com


Rolf Renner, Bayerischer Kanuverband e.V., Ressort Umwelt und Gewässer, 089/6099581, umwelt@kanu-bayern.de


Franz Speer, Notgemeinschaft Rettet die Isar jetzt e.V.,  franz.speer@fewo-lenggries.de