Wetterkapriolen im Dürrejahr 2003 Folgen des Klimawandels
Angesichts immer deutlich erkennbarer Auswirkungen des Klimawandels in Bayern fordert der Bund Naturschutz eine Klima- und Hochwasserschutzverträglichkeitsprüfung für Gesetze, Programme, Pläne und Projekte. Vom Bund über den Freistaat Bayern bis zu den Kommunen sind Konsequenzen für alle Planungs- und Genehmigungsverfahren zu ziehen, um weitere volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe wie nach der Flutkatastrophe im letzten Sommer sowie der Dürre und den Unwettern im Jahr 2003 zu vermeiden. In Bayern ist die Durchschnittstemperatur in den letzten 20 Jahren um 1,5 Grad gestiegen während sich die Niederschlagsmenge um 20 Prozent verringerte. Die bayerische Staatsregierung muss daraus nach Ansicht des Bundes Naturschutz Konsequenzen ziehen. Forderungen nach noch mehr Straßenbau sind nicht zu verantworten. Stattdessen sind die Förderprogramme zur Energieeinsparung und der Ausbau erneuerbaren Energien endlich massiv zu erhöhen, um den Ausstoß von klimaverändernden Gasen entscheidend zu verringern. Der Bund Naturschutz appelliert aber auch an die Bevölkerung, den Energie- und Wasserverbrauch zu verringern, in energiesparende Haustechnik und Wärmedämmung zu investieren und Autofahrten wo immer möglich durch Wege zu Fuß, mit dem Rad sowie Bussen und Bahnen zu ersetzen. Die Wahlversprechen aller Kandidatinnen und Kandidaten für den bayerischen Landtag sollten auf den Klimaschutz-Prüfstand gestellt werden. Statt neuer Straßen ist ein Ausbau der "grünen Infrastruktur" für gezielten Klima- und Hochwasserschutz erforderlich.
Bayern noch kein Vorbild beim Klimaschutz
Der Bund Naturschutz kritisiert, dass im Gegensatz zur Abnahme des Kohlendioxidausstoßes in Deutschland zwischen den Jahren 1990 und 1999 um etwa 15 Prozent gerade in Bayern mit dem zusätzlichen Ausstoß von 3,9 Millionen Tonnen von 85,8 Millionen Tonnen CO2 auf 89,7 in diesem Zeitraum eine Zunahme von vier Prozent zu verzeichnen ist. Damit ist Bayern weit von einer effektiven Klimaschutzpolitik und der Umsetzung der eigenen ambitionierten und vom Bund Naturschutz unterstützten Ziele entfernt.
Die Darstellung Bayerns als "Spitzenreiter" beim statistischen Kohledioxidausstoß pro Einwohner von sieben Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr im Vergleich der Bundesländer erklärt sich mit dem geringen Anteil an Schwerindustrie und der massiven Abhängigkeit Bayerns vom keineswegs klimaunschädlichem Atomstrom. Bayern profitiert außerdem davon, das der Energieerzeuger e.on seine Kohlekraftwerke in Erlangen-Frauenaurach , Arzberg und Schwandorf stillgelegt hat und die selbe Strommenge mit noch größerem CO2-Ausstoß nun in anderen Bundesländern erzeugt. Dieser Importstrom belastet nur statistisch Bayerns Kohlendioxidbilanz nicht. Ein Land mit vergleichbaren Rahmenbedingungen wie das Bundesland Thüringen hat ohne Kernenergie sogar einen niedrigeren CO2-Ausstoß pro Kopf als Bayern. Die Bayerische Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren kaum etwas in die Wege geleitet, was den CO2-Ausstoß reduziert, wie den Ausbau der Kraftwärmekopplung und Wärmedämmung oder die Unterstützung der Erneuerbaren Energien. Dass Bayern bei der Nutzung des Solarstroms trotzdem bundesweit die Nummer eins ist, ist der nachhaltigen Aufklärungskampagne der Umweltschutz- und Solarinitiativen zu verdanken.
Handlungsbedarf im Energie- und Verkehrsbereich
Auf Landesebene ist derzeit kaum erkennbar, dass ressortübergreifend konsequenter Klimaschutz betrieben werden soll. Deutlich wird dies vor allem im Verkehrs- und Energiebereich. Neben der Ablehnung einer ökologischen Steuerreform, die nachweislich einen Beitrag zum Rückgang der Verkehrsleistung im Autoverkehr geleistet hat, setzt Bayern weiterhin auf den Neu- und Ausbau des Straßennetzes sowie den Transrapid statt einer konsequenten Förderung der Bahn und des öffentlichen Verkehrs. Allein für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hält die Staatsregierung an ihren angemeldeten 360 Straßenprojekten für 12,5 Milliarden Euro darunter den sechs- und achtstreifigen Ausbau des Autobahnnetzes und neue Autobahnen beispielsweise durch das Fichtelgebirge trotz aller Spardiskussionen fest. Demgegenüber sind für den Ausbau der Schiene nur 14 Schienenprojekte vorgesehen. Die Reaktivierung von Schienenstrecken und neue Stadt-Umland-Bahnen in Ballungsräumen wird vom zuständigen Verkehrsminister Otto Wiesheu zugunsten von überflüssigen Prestigeprojekten wie dem Transrapid oder der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt blockiert. Das vom Landtag beschlossene Landesentwicklungsprogramm, welches unter dem Schlagwort der "Nachhaltigen Entwicklung" fortgeschrieben wurde, enthält keine verbindlichen Zielwerte für die Absenkung der Kohlendioxidemissionen im Verkehrsbereich, der einen Anteil von 20 Prozent am Ausstoß klimaverändernder Gase in Bayern ausmacht.
Im Energiebereich werden von der bayerischen Staatsregierung die gesetzgeberische Rahmenbedingung zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes, wie z.B. das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und das Erneuerbare Energien Gesetz kritisiert und nicht mit eigenen Programmen unterstützt. Ebenso existiert keine ausreichende eigene Förderung erneuerbarer Energien. Gerade als Agrarland muss Bayern nach Ansicht des Bund Naturschutz die Bioenergien, wie Holz- und Biogas engagierter als bisher ausbauen. Statt einer Anweisung des Freistaates öffentliche Gebäude für Mobilfunkantennen zur Verfügung zu stellen, sollten die Dachflächen für Sonnenstromanlagen genutzt werden.
Vorbeugender Klima- und Hochwasserschutz im Siedlungsbereich und der Land- und Forstwirtschaft
Der Bund Naturschutz begrüßt die im Landesentwicklungsprogramm beschlossene Verpflichtung zur Ausweisung von Hochwasserschutzflächen in den Regionalplänen, was einer langjährigen Forderung des Verbandes entspricht. Bayern ist jedoch bundesweit Spitzenreiter beim Flächenverbrauch. Täglich werden rund 50 Fussballfelder für Infrastruktur- und Siedlungszwecke beansprucht. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Baumaßnahmen wird in den Talauen durchgeführt und führt damit zum Verlust von Hochwasserrückhaltegebieten. Der Bund Naturschutz fordert daher die Überprüfung aller kommunaler Flächennutzungspläne auf ihre Verträglichkeit mit dem Hochwasser- und Klimaschutz sowie den Stopp geplanter Flusskanalisierungen wie an Donau und Main und neuen Straßenbauprojekten in Talauen.
Zu den wichtigsten Vorbeugemaßnahmen, um die Auswirkung von Unwettern und Hochwasserschäden zu verringern, zählt ein konsequenter Waldumbau von Nadelholzmonokulturen in Mischwälder mit hohem Laubholzanteil. Nach jüngsten Untersuchungen kann ein vielfältiger Bergmischwald bis zu dreimal soviel Wasser speichern wie ein reiner Fichtenforst. Die gefährlichen Hochwasserspitzen werden verringert.
Auch für die Landwirtschaft liegt das Heil keinesfalls im Einsatz von gentechnisch vermeintlich an die Klimaveränderung angepassten Sorten sondern einer die Wasserhaltefähigkeit der Böden verbessernden Humus-, Kompostwirtschaft mit ganzjähriger Bodendeckung und Mischfruchtanbau. Der ökologische Landbau ist endlich als Leitbild einer umweltverträglichen Landwirtschaft in Bayern zu verankern.