"Würzburger Forderungen" Landwirtschaft ohne Gentechnik sichern
Vertreter des Bund Naturschutz in Bayern/BUND aus dem ganzen Bundesgebiet diskutierten am Freitag in Würzburg Strategien, wie die gentechnikfreie Landwirtschaft dauerhaft gesichert werden kann. In 49 Regionen bundesweit, davon 25 Regionen in Bayern, haben sich Landwirte auf freiwilliger Basis für die Schaffung gentechnikanbaufreie Regionen eingesetzt. Derzeit gibt es für diese Regionen aber keinen rechtlich verbindlichen Schutzstatus.
Angesichts der Aufnahme von 17 gentechnisch veränderten Maislinien in den gemeinsamen Sortenkatalog der EU im September 2004 und der noch fehlenden EU-Vorschriften zum "Reinheitsgebot" von Saatgut sehen die Initiativen dringenden Handlungsbedarf.
Der Bund Naturschutz fordert von CDU/CSU und FDP regierten Bundesländer, am kommenden Freitag die Novellierung des deutsche Gentechnikgesetzes im Bundesrat in der jetzt vorliegenden Form zu beschließen. Das Gesetz sieht eine umfassende Haftungspflicht gemäß dem Verursacherprinzip für die Anwender von gentechnisch veränderten Pflanzen vor. Die Initiativen fordern über die Haftungsregelungen im deutschen Gentechnikgesetz hinaus einen rechtlichen Status für gentechnikanbaufreie Regionen, wenn die Mehrheit der Flächeneigentümer einer Region dies einfordern.
"Es ist keinesfalls gewährleistet, dass gentechnisch veränderte Lebensmittelsicher sind", so Prof. Dr. Hubert Weiger, Sprecher des BUND Arbeitskreises Landwirtschaft und Vorsitzender des BN. "Die Risiken lägen u.a. in den nicht vorhersehbaren Effekten, die mit Zeitverzögerung auftreten. Deshalb würden Versicherungen derzeit auch die Haftung für Schäden durch den Einsatz gentechnischer Methoden bei der Lebensmittelproduktion ausschließen." Zudem birgt die Agrogentechnik vielfältige Risiken für die Umwelt und die bäuerliche Landwirtschaft. Zu befürchten sind auch unwiederbringliche Schäden für die Artenvielfalt.
Würzburger Forderungen für den Schutz
gentechnikanbaufreier Regionen
(Verabschiedet anlässlich des Initiativentreffens des BUND am 17.9.04 in Würzburg)
Gegen den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung werden gegenwärtig in der Europäischen Union die Weichen für die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft gestellt. Hierfür sehen wir weder überzeugende Gründe noch eine politische Legitimation. Angesichts der Unumkehrbarkeit der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) und ihrer Auswirkungen erscheinen uns die mit der Einführung der Agro-Gentechnik verbundenen Risiken für Natur und Umwelt, Gesundheit und Wirt-schaft unvertretbar hoch. Gemeinwohl und Vorsorge für die Zukunft müssen in all diesen Bereichen Vor-rang vor den Interessen einzelner Unternehmen haben. Dies umso mehr, als der Nutzen der gentechni-schen Produkte für die Landwirtschaft und die Allgemeinheit mehr als zweifelhaft und der Schutz der Bio-diversität nicht gewährleistet ist. Zudem ist bereits heute absehbar, dass die Einführung der Agro-Gentech-nik dem Strukturwandel zur Industrialisierung der Landwirtschaft Vorschub leisten wird.
Der Bund Naturschutz/BUND fordert deshalb:
Gentechnikanbaufreie Regionen brauchen gesetzlichen Schutz
Ein gesetzlicher Schutzstatus muss für Regionen geschaffen werden, in denen mehr als die Hälfte der Grundeigentümer der landwirtschaftlichen Flächen dies wünschen. Der Schutzstatus soll jeweils für mindestens 5 Jahre gelten.
Saatgut muss frei von gentechnischen Verunreinigungen bleiben
Saatgut muss frei bleiben von gentechnischen Verunreinigungen, sonst breitet sich die Gentechnik ohne Kontrolle und ohne die Chance des Zurückholens aus. In der EU muss die technische Nachweisgrenze von 0,1 % als Grenzwert gelten.
Kennzeichnungspflicht für tierische Lebensmittel
Die Kennzeichnungspflicht für Gentech-Lebensmittel muss auch für Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte gelten, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Wir wollen wissen, was wir essen.
Nicht koexistenzfähige gentechnisch veränderter Pflanzen dürfen nicht angebaut werden
Freisetzung und Anbau von gentechnisch verändertem Raps sowie Sonnenblumen müssen generell wegen ihrer hohen Auskreuzungsgefahr und Bienenweide untersagt werden.
Ausreichende Schutzabstände müssen festgelegt werden
Um gentechnikfreien Vertragsanbau, Imkerei, Ökolandbau, gentechnikfreie Zonen und nach Natur-schutzrecht ausgewiesene Schutzgebiete zu sichern, muss ein ausreichender Sicherheitsabstand zu Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen eingehalten werden.
Information und Haftung
Damit weitere individuelle Schutzmaßnahmen getroffen werden können, muss der Freisetzer von gentechnisch veränderten Pflanzen seine Absicht mindestens sechs Monate vor Beginn der Freisetzung in der betroffenen Gemeinde bekannt machen und die Nachbarn informieren. Schäden durch den Eintrag von GVO sind durch den Betreiber zu entschädigen. Sind mehrere Betreiber in einer Region, so müssen diese gesamtschuldnerisch haften.
Informationen zu den gentechnikanbaufreien Regionen finden Sie unter www.faire-nachbarschaft.de oder www.keine-gentechnik.de
Weitere Infos: www.bund.net oder www.gen-ethisches-netzwerk.de