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Fischotter: Feinde, Gefahren und Schutz

Es wurde erwartet, dass sich der Fischotter von Tschechien her über Bayern hinweg weiter nach Westen ausbreitet. Doch derzeit ist im Bayerischen Wald Schluss für den ambitionierten Wanderer. Zerstörte Lebensräume, Straßen und illegale Bejagung machen ihm das Leben schwer.

Der Fischotter gehört zwar nach wie vor zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten Europas, doch in manchen Regionen erholt er sich gut. So gibt es beispielsweise in Tschechien größere und weiter wachsende Bestände. Das macht sich auch entlang der bayerischen Grenze bemerkbar, wo die wanderfreudigen Marder vermehrt vorkommen. Doch seit einigen Jahren stellen die Experten fest, dass die Fischotter nicht weiter Richtung Westen vorankommen. Was hindert sie daran, neue Lebensräume zu besiedeln? Warum ist derzeit im Bayerischen Wald Schluss für den ambitionierten Wanderer? 


Was bedroht den Fischotter?

Eine der größten Barrieren für die Ausbreitung des Fischotters ist der Straßenverkehr. Otter haben eine unglückliche Abneigung dagegen, unter Brücken hindurchzuschwimmen. Fehlen Uferrandstreifen, versuchen sie es über die Brücke selbst, was nur allzu oft zu Kollisionen mit Autos führt und damit den Tod bedeutet. Mehr als 80 Prozent der in Deutschland tot aufgefundenen Fischotter kommen im Straßenverkehr ums Leben. Mehr als 50 Prozent der Unfälle ereignen sich im Umkreis von 100 Metern zu Gewässern oder Feuchtgebieten.

Naturnahe Gewässer und Feuchtgebiete sind heute zunehmend durch Ausbau, Begradigung, Trockenlegung und Versiegelung von Flächen bedroht. Die Zersiedelung der Landschaft schreitet weiter voran, durch Wohnbebauung, Industrie, Straßen und intensive Landwirtschaft gibt es nur noch wenige unzerschnittene und störungsfreie Lebensräume für den Fischotter. 

Otter brauchen saubere, naturnahe und fischreiche Gewässer. Uferbereiche mit umgestürzten Bäumen, Höhlen, Steinen, Felsen und üppigem überhängendem Bewuchs bieten ihm ideale Versteck- und Jagdmöglichkeiten. Solche intakten Lebensräume gibt es im Bayerischen Wald nur noch vereinzelt und vor allem im Osten. Nach Westen hin werden die Lebensräume schlechter und sind sehr zersplittert. Zwar verbessern zahlreiche Fischteiche das Nahrungsangebot für den Fischotter. Langfristig braucht es aber mehr naturnahe Fließgewässer, die nicht versauert, begradigt, ausgeräumt oder ausgebaut sind, wenn sich die Art weiter ausbreiten soll.

Schadstoffe in Gewässern gelangen vor allem über die Anreicherung in Fischen in den Körper des Fischotters. Dort können sie Organe schädigen oder hormonell wirken, sodass sie die Reproduktionsraten des Otters verringern. Weil Otterweibchen ohnehin nur ein bis drei Junge pro Jahr gebären, und sich nur 60 Prozent der Weibchen einer Population im Jahr fortpflanzen, stellt dies eine massive Bedrohung für den Bestand dar. Hinzu kommt eine ohnehin recht hohe Sterberate bei Jungtieren. Untersuchungen aus zahlreichen europäischen Ländern zeigen, dass von den geborenen Ottern nur 58 Prozent ein Jahr alt werden, 33 Prozent werden zwei und 15 älter als zwei Jahre.

Chlororganische Verbindungen (z.B. PCB), Pestizide (z.B. DDT, Dieldrin) und Schwermetalle (z.B. Quecksilber) werden auch für das flächenhafte Aussterben des Fischotters in weiten Teilen Europas ab 1960 verantwortlich gemacht. Die Bestände waren bereits durch die frühere starke Bejagung geschwächt, die Gewässerverschmutzung gab ihnen den Rest. Die Konzentrationen dieser Stoffe in unseren Gewässern gehen heute zurück. PCB beispielsweise ist seit 1980 verboten, baut sich allerdings nur sehr langsam ab.

Fischreusen sind in den großen Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern eine Gefahr für den Fischotter. Reusen sind Fangnetze, die unter Wasser liegen. Fischotter, die dort hineingeraten, finden den Ausgang nicht mehr und ertrinken. Früher waren die Netze aus Hanf oder anderen Pflanzenstoffen geknüpft, die der Otter notfalls durchbeißen konnte. Bei den heutigen Kunststoffreusen gelingt ihm das nicht. Fischer und Naturschützer entwickeln deshalb inzwischen otterfreundliche Reusen, die aber noch im Erprobungsstadium sind.

Fischotter vertreiben? Die Alternative heißt Fischottermanagement

Von Beratung bis Gewässerpflege – Otterschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Eine langjährige Forderung des Bund Naturschutz mündete 2017 in der Einrichtung eines Fischottermanagements, das aus den drei Säulen Beratung, Förderung der Errichtung von Schutzzäunen und Entschädigungszahlungen besteht. Dazu wurden in den Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern drei Fischotterberater eingestellt.

Damit Teichwirte und Fischotter gemeinsam überleben können, setzt sich der BUND Naturschutz in Bayern (BN) schon lange dafür ein, dass strukturreiche, ökologisch wertvolle Teiche mit einer sehr gut dotierten staatlichen Grundförderung belohnt werden. Ein Programm für Otter und Teichwirte. Dieses Existenzsicherungsprogramm erhält die traditionelle Teichwirtschaft und erhöht die Artenvielfalt.

Traditionelle Teichwirtschaft – das bedeutete z. B. Karpfenteiche mit Seerosen, großen Schilf- und Flachwasserzonen, hohem Artenreichtum und Platz für Fische und Fischotter. Heute sind Teiche aber oft vegetationsarm, mit dichtem Besatz und ohne Versteckmöglichkeit für die Fische. Forellenteiche wurden oft in wertvollen Quellgewässern angelegt und haben sie zerstört.

Wenn der Otter Fischteiche mit hoher Dichte und leichter Fangmöglichkeit entdeckt, wird er diese auch nutzen. Es kommt zu Konflikten, aber der Fischotter ist nicht der Totengräber der Teichwirte, zu dem gerne hochstilisiert wird. Weder die Teichwirtschaft noch die Kulturlandschaft ist durch den Fischotter in ihrer Existenz bedroht. Die wahren Probleme für die Teichwirte sind z. B. stagnierender Karpfenkonsum, sinkende Preise für hierzulande produzierten Fisch, Konkurrenz durch die marine Fischzucht, hoher Importdruck, bessere Arbeitsplätze außerhalb der Teichwirtschaft, hohe Auflagen z.B. für den Hochwasserschutz und die zunehmende Trockenheit durch die Klimakrise.

Da von den ca. 10.000 Fischwirtschaftsbetrieben in Bayern 9.800 nur im Nebenerwerb oder als Hobby wirtschaften, wird ein erhöhter Aufwand z.B. für Zäune gegen den Fischotter, schnell als unzumutbar abgelehnt. Auch hier braucht es eine bessere Grundsicherung - oder mehr Toleranz für den Otter. Denn beim Otter geht´s ums Überleben, beim Nebenerwerbs- oder Hobbyteichwirt nicht. 

Übrigens: wenn es um den Schutz der historischen traditionellen Kulturlandschaft Teiche geht, schreibt die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL): "Die Anfänge der bayerischen Teichwirtschaft finden sich vor mehr als 1.200 Jahren. Fast alle Teiche sind älter als 400 Jahre." - das heißt, dass auch der Fischotter, der damals noch nicht ausgerottet war, auch dazu gehört.

Der BN steht zu Fischotter und Teichwirtschaft, aber einer naturverträglichen und wirklich traditionellen Form. „Karpfen Pur Natur“ ist denn auch das Motto der Kooperation von BUND Naturschutz und Teichwirten in einem mittelfränkischen Weihergebiet. Großflächige Verlandungszonen, geringer Besatz und Verzicht auf Zufütterung und Düngung sichern Artenvielfalt und Qualitäts-Karpfen. Und die VerbraucherInnen bekommen ein naturgerecht erzeugtes Produkt aus der Region.
Drei Fischotterberater helfen beim Fischottermanagement in Bayern, sie stehen bei Fragen und Problemen zur Verfügung.

Informationen für Teichwirte und Betroffene – Fischottermanagement in Bayern

Der BUND Naturschutz in Bayern hat intensiv am bayerischen Fischotter-Managementplan mitgearbeitet. Zusammen mit Teichwirten und anderen Interessenverbänden wurde er in einem gemeinsamen Kraftakt 2013 vom Landwirtschaftsministerium veröffentlicht. Doch dann passierte erst einmal lange nichts. Die gemeinsam geforderten Ausgleichszahlungen und Otterbeauftragte wurden erst 2016 angegangen. Dieses Vorgehen hat zu Ärger und „Selbsthilfe“ bei den betroffenen Teichwirten geführt und damit sicher einige Otter das Leben gekostet.

Im Managementplan ist auch die Entwicklung eines „Otter-Bonus-Modells“ enthalten, wie es in Sachsen entwickelt und angenommen wurde. Der BN setzt sich für die Einführung eines solchen Modells ein, bei dem Teichwirte ohne aufwändigen Schadensnachweis bei Anwesenheit des Fischotters auch eine pauschale Vorabprämie erhalten können.

Die auf Druck der Fischereivereine und Teichwirte 2018 von CSU und Freien Wählern beschlossene „4. Säule“ lehnt der BN ab. Weil angeblich die bestehenden drei Säulen (Beratung, Zaunbau, Entschädigung) nicht ausreichen, sollen Fischotter „entnommen“ und getötet werden. Drei Genehmigungen wurden 2020 von der Regierung der Oberpfalz erteilt, der BN hat Klage eingereicht. Sie sind nicht vereinbar mit dem weiterhin nötigen Schutz des Otters und sie helfen den Teichwirten nicht. Denn der Otter ist ein Revier-Tier, so dass nach Abschuss freie Reviere schnell wieder besetzt werden - es sei denn, man will den Fischotter wieder ausrotten.

Fischotter-Managementplan Bayern der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

Ist der Otter eine Gefahr für Fischbestände oder Teichwirte?

Neben diesem direkten Management der Fischotterpräsenz in Teichgebieten liegt das Augenmerk auf den Lebensräumen des Fischotters: Der wichtigste Schritt wäre die langfristige Verbesserung von natürlichen Gewässern, um ein Nebeneinander von Teichwirtschaft und Otter möglichst konfliktarm zu gestalten. Je mehr geeignete natürliche Lebensräume der Otter findet, desto weniger wird er sich an Fischteichen vergreifen. Für die Behauptung, dass die Tiere den Fischbestand auch in natürlichen oder naturnahen Fliessgewässern reduzieren könnten, gibt es bisher keine Belege. Weil der Fischotter Einzelgänger ist und die relativ großen Reviere mit maximal zwei erwachsenen Tieren besetzt sind, hält Katrin Heuer dort einen negativen Einfluss auf die Fischbestände für ausgeschlossen. Vielmehr wirke der Otter als „Gesundheitspolizei“, weil er meist alte oder schwache Fische erbeute. Anders kann das an stark verbauten Gewässern ausschauen, wo der Otter lokal die ohnehin stark negativ beeinflussten Fischpopulationen zusätzlich dezimieren kann.