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Tiere und Pflanzen

Stadtbrache – Die kleine Wildnis in der Stadt

Stadtbrachen sind ungenutzte Flächen inmitten des Häusermeers, die der Natur und dem Menschen Freiräume sowie Tieren und Pflanzen ein Zuhause bieten. Erfahren Sie mehr über diesen wichtigen Lebensraum.

Stadtbrachen sind Lebensraum und zugleich städtische Grünflächen, die ganz ohne Düngung, Pestizide, Laubbläser und Bewässerung auskommen. In der Landwirtschaft bezeichnet die Brache ein Feld, das für eine gewisse Zeit nicht bepflanzt wird, um die Bodenfruchtbarkeit zu schonen. In unseren – vermeintlich bis auf den letzten Quadratzentimeter – genutzten Städten sind Brachen Flächen, die vorübergehend oder auch auf Dauer nicht bebaut oder anderweitig genutzt und gepflegt werden, beispielsweise alte Gleis- oder Industrieanlagen, Baulücken und Trümmergrundstücke. Die dort spontan aufkommenden, von niemandem gepflanzten oder gepflegten Kräuter und Blumen ziehen bald erste Tiere an und irgendwann kommen auch Bäume und Sträucher – und schon ist sie entstanden, die kleine Wildnis mitten in der Stadt, die Stadtbrache.

Die kleine Wildnis in der Stadt

Oft gedeihen auf diesen Flächen Gewächse, die in unseren Breiten nur in der Stadt vorkommen. So zum Beispiel der Götterbaum: Er stammt ursprünglich aus Asien und wächst in der Stadt, weil sie ihm Frostschutz gewährt. Wie viele andere eingewanderte Pflanzen gehört er mittlerweile zur Wildflora unsere Städte. 

Heute prägen solche gebietsfremde Pflanzen (sogenannte Neophyten) besonders das Bild der Stadtbrachen. Diese kleinen Wildnisflächen in der Stadt zeigen eindrucksvoll, dass Natur nicht gehegt und gepflegt werden muss, um vielfältig zu sein. Durch ihre eigene Dynamik, ihre eigenen Regulationsmechanismen bringt die Natur stabile und interessante Stadtlandschaften hervor, die auch seltenen Arten Lebensraum bieten. 

Von der Stadtbrache zum Stadtwald

Brachliegende Flächen in der Stadt werden rasch von sogenannten Ruderalgesellschaften besiedelt. Das sind Pflanzengesellschaften, die bevorzugt auf Schutt und Mauerresten gedeihen. Pioniere wie das Kanadische Berufkraut oder der Kompass-Lattich sind oft die ersten Ankömmlinge, weil ihre Samen vom Wind herangetragen werden. Gelegentlich stellen sich auch seltene und gefährdete Arten wie das Bilsenkraut, eine alte Gift- und Heilpflanze, ein.

Bleiben die Wildnisflächen in der Stadt ungenutzt, dominieren dort nach wenigen Jahren die konkurrenzstärkeren Stauden:

  • die Große Brennnessel (Nahrung für Raupen des Zitronenfalters),
  • die Wilde Möhre (Futterpflanze für den Schwalbenschwanz) oder auch
  • farbenprächtige Arten, wie die Kanadische Goldrute oder der Blaue Natternkopf.

Bienen finden auf den Stadtbrachen den ganzen Sommer Nektar, Falter gaukeln von Distel zu Distel, und das Große Heupferd zirpt. Je nach Nahrungsangebot und Nistmöglichkeiten nutzen auch Vögel wie der Distelfink die Wildnis mitten in der Stadt. Und wenn alte Dachstühle in der Nähe sind, jagen die dort hausenden Fledermäuse in der Dämmerung auf der Stadtbrache nach Insekten. Auch Füchse streifen bis in die Innenstädte, um zwischen dem wilden Grün auf Mäusejagd zu gehen.

Erst nach Jahren finden sich auf Stadtbrachen Sträucher und Bäume wie die Eberesche ein. Letztlich kann mitten in der Stadt ein Wäldchen entstehen, zum Beispiel mit schwarzem Holunder, Birke, Spitzahorn und Robinie.

Stadtbrachen – Natur in der Stadt

Stadtbrachen bieten Städtern die Möglichkeit, Natur in der Stadt unreglementiert zu erleben. Gerade in engen Wohnvierteln mit wenig Grünflächen sollten Stadtbrachen deshalb für die Allgemeinheit zugänglich gemacht und erhalten werden. Auch wegen ihrer kühlenden Wirkung ist Natur in der Stadt wichtig. Die Pflanzen binden Staub und unter ihnen kann sich Grundwasser neu bilden. Im Vergleich zu Parkanlagen, Friedhöfen oder Kleingartenanlagen schneiden Stadtbrachen in dieser Hinsicht besonders gut ab, weshalb sie oft als Stadtbiotope erfasst werden, etwa in der bayerischen Stadtbiotopkartierung.

Innenentwicklung und Stadtbrachen

Flächenrecycling und Innenentwicklung sind zeitgemäße Instrumente der Stadtplanung. Sie können helfen, das Bauen „auf der grünen Wiese“ und damit den Flächenverbrauch zu drosseln. Problematisch wird es dort, wo in Städten mit einem Defizit an Grünflächen wertvolle Stadtbrachen bedroht sind. 

Während gepflegte Parkanlagen als selbstverständlicher Teil der Stadt wahrgenommen werden, gelten Stadtbrachen oft als „Vorratsflächen“ für weitere Bauvorhaben. Dabei sind sie es, die die eigentliche Stadtnatur repräsentieren. Deshalb sollten vorrangig Gewerbegebiete, Wohngebiete mit geringer Dichte und vor allem sanierte Altlastenflächen nachverdichtet werden.