Amphibien in Niederbayern wandern wieder – drastische Rückgänge beobachtet
Die bayernweite Aktion rettet jährlich 500.000–700.000 Amphibien das Leben. Über 6.000 Helferinnen und Helfer sind im Einsatz. Allein im Regierungsbezirk Niederbayern sind uns über 160 große Amphibienübergänge bekannt. An etwa der Hälfte der Übergänge stehen zurzeit mobile Krötenzäune.
An den ersten Tagen mit milderen Temperaturen und frostfreien Nächten haben Kröten, Frösche und Molche in diesem Jahr bereits Ende Februar begonnen, sich auf den Weg zu ihren Laichgewässern zu machen. Ab einer nächtlichen Temperatur von circa 5 °C und insbesondere bei regnerischem Wetter sind die fortpflanzungsbereiten Tiere dann massenweise auf Wanderschaft.
Deshalb sind in diesen Wochen wieder zahlreiche ehrenamtlich Aktive des BUND Naturschutz mit Gummistiefeln, Warnwesten und Stirnlampen an Straßenrändern unterwegs, kontrollieren jeden Morgen und oft auch abends die Fangzäune und bringen die eingesammelten Tiere sicher auf die andere Straßenseite. Allerdings stellen immer mehr Helferinnen und Helfer in den letzten Jahren fest, dass an vielen Übergängen die Anzahl der Tiere in den Fangeimern sinkt.
So auch im Landkreis Straubing-Bogen. Im Landkreis sind uns 14 größere Amphibienwanderstrecken bekannt. An den drei aufgestellten Amphibienzäunen mit insgesamt 2000 m Zaunlänge betreuen unsere HelferInnen die Krötensammlung. Aufgestellt wurde der Zaun in Bärndorf vom Bauhof Bogen, die Zäune in Ainbrach und Münchshöfen vom Kreisbauhof. Die Zusammenarbeit mit dem BN funktioniert dabei sehr gut.
Im Mittel konnten vor 2017 auf diese Weise jährlich bis zu 6.000 Erdkröten und andere Amphibienarten vor dem Tod auf Straubings Straßen bewahrt werden. An den Wanderstrecken im Landkreis Straubing-Bogen sind die Amphibienzahlen im langjährigen Trend klar negativ. Im Jahr 2017 kam es zu einem ersten Einbruch auf 3.500 Tiere, im Jahr 2019 zu einem zweiten Einbruch mit etwa 2.400 Tieren landkreisweit.
Am Amphibienübergang bei Ainbrach wurden vom Team der Ehrenamtlichen in guten Jahren früher bis zu 5.000 Tiere über die Straße getragen, 2020 waren es nur noch 750 – es handelt sich dabei überwiegend um Erdkröten, aber auch um Grasfrösche und Springfrösche.
Andreas Molz, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Straubing-Bogen berichtet: „Wir haben Amphibienrückgänge um 80 % bis auf ein Fünftel der früheren Werte. Diese Zahlen machen uns große Sorgen. Die intensive Landwirtschaft, die Zerschneidung und Bebauung der Landschaft und das Insektensterben sind zentrale Gründe dafür, dazu kommt der Klimawandel mit den trockenen Jahren 2018 und 2019 und zunehmender Trockenheit im Frühjahr.“
„Ob wieder günstigere Jahre kommen und ob die Bestände sich dann wieder erholen, wissen wir nicht. Es könnte für Straubings Amphibien bereits fünf vor zwölf sein“, so Andreas Molz weiter.
Am Übergang bei Ainbrach fordert der BUND Naturschutz eine dauerhafte Lösung – den Bau von Amphibienleiteinrichtungen und -tunneln – weil sich die Straße immer mehr zu einem Autobahnzubringer für den Schwerverkehr und zu einer Ausweichstrecke für die B 20 entwickelt. Die gleiche Forderung erhebt er für weitere Gemeinde- und Kreisstraßen und mahnt eine generelle Berücksichtigung der Wanderstrecken beim Straßenbau an.
Die Rückgänge der Amphibien sind bayernweit zu sehen. Inzwischen stehen 12 der in Bayern vorkommenden 20 Amphibienarten auf der Roten Liste.
Kathy Mühlebach-Sturm, Mitglied des BN-Landesvorstands warnt: „Wenn wir selbst Allerweltsarten wie die Erdkröte nicht mehr finden, ist das ein überdeutliches Alarmzeichen. Nach den Insekten könnten als nächstes die Amphibien aus unserer Landschaft verschwinden.“
Für den Schutz der Amphibien, die aufgrund ihrer schnell austrocknenden Haut auf Feuchtigkeit angewiesen sind, müssen die Gewässer im Landkreis und auch sonst überall geschützt oder renaturiert und feuchte Wiesen und Weiden erhalten werden. „Viele Amphibien können wir vor dem Straßentod retten. Aber das hilft langfristig nur, wenn auch ihre Lebensräume erhalten werden“, so Mühlebach-Sturm weiter.
Von einer Wiederherstellung der natürlichen Auendynamik an der Donau in Verbindung mit natürlichem Hochwasserschutz würden die Amphibien stark profitieren. Aber auch von den seit dem Volksbegehren vorgeschriebenen Uferrandstreifen und dem Biotopverbund erhofft sich der BN positive Wirkungen.
„Wenn wir nicht entschieden gegen die Klimakrise vorgehen, werden die trockenen Sommer und Frühjahre, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, zur Regel. Ein Grasfrosch, den früher jedes Kind gekannt hat, könnte zu einem seltenen Anblick werden“, so Mühlebach-Sturm weiter.
Das kann jeder von uns tun:
Sehr viele Kröten und Frösche fallen in Kellerschächte, aus denen sie sich dann nicht mehr befreien können. Hier hilft es, die Schächte so abzusichern, dass keins dieser Tiere reinfallen kann. Wer will, kann Feuchtflächen im Garten integrieren. Was auch gut wäre: Ein wenig Toleranz gegenüber den Rufen – solange es die Tiere überhaupt noch gibt. Und: Für Frösche bremsen gehört heute zum guten Stil.
Gründe für den Rückgang allgemein:
- Wassermangel: Infolge des Klimawandels wird Wasser in der Landschaft knapp. Laichgewässer aber auch Feuchtwiesen trocknen aus.
- Zerschneidung von Lebensräumen: Um die Bestände zu retten, muss der Rückgang von feuchten Wiesen und Weiden in Bayern gestoppt werden, so es das neue Naturschutzgesetz (als Folge des Volksbegehrens) vorsieht.
- Insektensterben: Der Rückgang der Insekten muss zwangsläufig zu einem Rückgang der Amphibien führen – sie sind die Hauptnahrungsquelle für Kröten, Frösche und Molche.
- Intensivierung der Landwirtschaft: Der umfangreiche Einsatz von Pestiziden trägt zum allmählichen Verschwinden der Amphibien bei. Vermutlich geht der starke Rückgang der Grasfrösche darauf zurück, dass mehr Gülle zum Einsatz kommt – was sich negativ auf die empfindliche Froschhaut auswirkt.
- Störung der Winterruhe: Viele Amphibien überwintern in Wäldern. Eine naturverträgliche und bodenschonende Forstwirtschaft ist für den Fortbestand der Populationen entscheidend.
- Klimawandel: Unsere BN-Ehrenamtlichen berichten von gestörten Wander-Rhythmen. Früher wanderten die einzelnen Arten in Schüben und recht zuverlässig zur gleichen Zeit. Der Frühling aber ändert sich, die Tage sind entweder zu trocken oder zu kalt. Das erschwert den Tieren die Wanderschaft und den Ehrenamtlichen den Amphibienschutz. Hier müssen ambitionierte Maßnahmen zum Klimaschutz ansetzen.
Allgemeine Hinweise zur Amphibien-Rettungsaktion:
* Der BN bittet alle Autofahrer in den kommenden Wochen um besondere Vorsicht und Rücksichtnahme.
* Befolgen Sie die Geschwindigkeitsbegrenzungen an den Amphibienzäunen.
* Achten Sie an den Stellen, an denen Amphibienzäune errichtet sind, auf die Helfer, die am Straßenrand Tiere einsammeln.
* Reduzieren Sie Ihr Tempo auf Straßen, die an Teichen oder Feuchtgebieten vorbeiführen, auch wenn keine Warnhinweise aufgestellt sind.
* Sie haben eine Stelle entdeckt, an der viele Amphibien überfahren wurden und an der kein Schutzzaun errichtet ist? Melden Sie sich bitte per Mail an: amphibien@bund-naturschutz.de
Für weitere Informationen zu Bayerns größter Artenschutzaktion, Gründe für den Amphibienschwund sowie den ein oder anderen Tipp, wie man die Arten unterscheidet, besuchen Sie bitte die Webseite des BUND Naturschutz Bayern unter www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/amphibien
Die Wetterdaten für Straubing finden Sie z. B. unter https://www.wetterkontor.de/de/wetter/deutschland/rueckblick.asp?id=144