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Bayern darf einzigartige Chance für Gewässerrenaturierung nicht vergeben!

Gemeinsam fordern Naturschutzverbände mehr Mut für eine der größten Herausforderungen im Gewässerschutz. Fischereiverband Schwaben, BN und LBV kündigen eine verstärkte Kooperation für Schwabens Fließgewässer an.

29.11.2005

Enttäuscht zeigten sich Fischereiverband Schwaben, Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) über die geringen Zukunftschancen, die die Bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung den schwäbischen Fließgewässern gibt. Schwabens Fischereipräsident Franz Josef Schick bezeichnet die Europäische Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) als einen Meilenstein in der europäischen Flusspolitik. Sie beinhaltet ein Verbesserungsgebot und fordert bis zum Jahr 2015 den guten Zustand für alle Gewässer. Reduzierte Umweltziele lässt sie nur an bereits erheblich veränderten Gewässern zu. Die nun von der Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung vorgelegte Bestandsaufnahme findet keine Zustimmung der Naturschutzverbände. Da mit der Bestandsaufnahme eine Richtungsentscheidung getroffen wird, ob ein Fluss künftig renaturiert wird oder nicht, lehnen die Naturschutzverbände den aktuellen Entwurf ab und fordern dringend Nachbesserungen. Durch die auffallend schlechte Einstufung der schwäbischen Flüsse und Bäche wird eine Chance zur Gewässerrenaturierungen im großen Stil nicht im erforderlichen Maß genutzt.
Ulrike Lorenz, LBV-Beauftragte des Landesvorstands sieht im aktuellen Entwurf eine Vorverurteilung bester Fließgewässer Bayerns und fordert die bayerische Staatsregierung auf, sich für eine couragierte bayerische Umsetzung stark zu machen. “Momentan sieht es allerdings eher danach aus, als wollte Bayern bundesweite Standards unterschreiten”, so Lorenz.
Vom “Minimalziel” die ökologische Durchgängigkeit an allen Fließgewässern herzustellen, darf nicht abgerückt werden.
Bestätigt fühlen sich die Verbandsvertreter in ihrer Befürchtung, dass der Ausbaudruck auf Gewässer, die sich in der schlechtesten Kategorie “erheblich verändert” befinden, steigen wird. Beispielsweise sind für den Lech in Augsburg diverse Planungen für weitere Wasserkraftwerke im Gespräch. Dies wäre nicht möglich, wenn der Lech in die Kategorie “natürlich” eingestuft worden wäre.
Um peinliche Nachbesserungen, wie bei der FFH-Meldung zu vermeiden, empfiehlt BN-Artenschutzreferentin Dr. Christine Margraf der Staatsregierung die Hausaufgaben ordentlich zumachen. Die europäischen Richtlinien zum Schutz der Natur und der Gewässer müssen endlich als Chance und zentrale Aufgabe angesehen werden. ”Unverständlich ist auch, warum viele der Gewässer nach WRRL so schlecht bewertet worden sind, obwohl sie als Natura 2000-Gebiete nach der FFH-Richtlinie ausgewiesen wurde. Hier klafft eine enorme Lücke zwischen der naturschutzfachlichen und wasserwirtschaftlichen Bewertung, die es zu schließen gilt”, so die Verbandsvertreter. Beispielsweise stellen Lech, Donau, Schmutter, Paar oder Iller in wesentlichen Teilen als Natura-2000-Gebiete Schutzgebiete von europäischem Rang dar.

Die offizielle Bestandsaufnahme kommt zu dem Ergebnis, dass 40% aller schwäbischen Flüsse erheblich verändert. Damit liegt Schwaben 100% über dem bayerischen Durchschnitt (20% erheblich verändert). So sind die großen Fliegewässer Lech und Donau nahezu durchgehend in der schlechtesten Kategorie. Bei Wertach und Iller sieht es nicht wesentlich besser aus. Lediglich die Oberläufe wurden besser bewertet. Es stellt sich die Frage, ob die Wasserwirtschaft an der Qualität der eigenen Renaturierungsprojekte zweifelt, wie beispielsweise an Wertach und Oberer und Unterer Iller.
Kritik übten die Verbände auch an der Bewertung der kleinen und mittleren Fließgewässer Schwabens. Dabei stießen die Einstufung von Schmutter, Zusam oder Paar auf Unverständnis, da sich diese durch eine besonders große Naturnähe auszeichnen.

Die Naturschutzverbände kündigen an, sich gemeinsam verstärkt für eine Überarbeitung der Bestandsaufnahme einzusetzen, damit auch die schwäbischen Fließgewässer eine Zukunftschance erhalten.

Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert auch eine frühzeitige Beteiligung und Einbindung der Naturschutzverbände. Die bisherige Beteiligung wird von den Verbänden als unzureichend kritisiert.

Augsburg, den 29.11.05

V.i.S.d.P. und Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Ulrike Lorenz,
Beauftragte des LBV-Landesvorstands
Telefon 0821/439-7051;
Fax 0821/439-7052;
mobil 0175/26 06 583

Dr. Christine Margraf,
Artenschutzreferentin des BN-Südbayern
Telefon: 089/548298-89; Fax –18; christine.margraf@bund-naturschutz.de



Anhang:

Hauptkritikpunkte der Naturschutzverbände:

30%-Kriterium:

Die Festlegung des 30%-Kriteriums (wenn 30% eines Abschnittes erheblich verändert, dann wird der ganze Abschnitt als erheblich verändert betrachtet) steht im Widerspruch zum allgemein üblichen bundesweiten Vorgehen. In anderen Bundesländeren werden die Gewässer erst ab 70% als erheblich verändert eingstuft.

Abschnittsbildung:

Durch die Vorgabe möglichst lange Flussabschnitte zu bilden, entsteht eine Überbewertung der vorhandenen Eingriffe. Naturnahe und damit naturschutzfachlich hochwertige Abschnitte werden damit unterbewertet. Am Beispiel Lech wird das deutlich. Die Litzauer Schleife stellt am Lech ein besonderes Kleinod dar, das nicht in einer Gesamtbewertung untergehen darf.

Überbewertung der landwirtschaftlichen Nutzung:

Die landwirtschaftliche Nutzung wird als Kriterium für eine hydro-morphologisch irreversible Veränderung angegeben. Das ist fachlich nicht haltbar. Durch dieses Kriterium kommt es zu massiven Fehleinstufungen.