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Berglandschaft am Sudelfeld erhalten

Umweltverbände fordern: Keine Ausweitung der künstlichen Beschneiung und kein Speichersee für ein nicht mehr zeitgemäßes Tourismuskonzept

19.03.2012

Eine Allianz von sieben im bayerischen Alpenraum aktiven Naturschutzverbänden hat sich Anfang März mit einer Petition an den Bayerischen Landtag gewandt, um die geplante Aufrüstung der künstlichen Beschneiung im Skigebiet Sudelfeld zu stoppen.

„Mit 250 Strom fressenden Schneekanonen und einem riesigen  Beschneiungssee gegen den Klimawandel anzukämpfen ist kontraproduktiv, sinnlos und in Zeiten der Energiewende inakzeptabel“, sagte Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bund Naturschutz. „Das Beispiel Sudelfeld zeigt, dass nun offensichtlich auch noch die letzten nicht beschneiten Flächen kurzfristigen Interessen geopfert werden sollen. Bayern wird damit zunehmend zum Schlusslicht beim Alpenschutz, auch weil verbindliche Vorgaben der Alpenkonvention missachtet werden“, so Weiger.

„Dabei hat sich Bayern in der vor einem Jahr in Kraft getretenen Novelle des Bayerischen Naturschutzgesetzes ausdrücklich zu einem sorgfältigen Vollzug der Alpenkonvention und zu einem besonderen Schutz der Alpen verpflichtet, die der damalige Umweltminister Söder als den Regenwald Europas bezeichnete“, bekräftigte Christoph Himmighoffen, der 2. Vorsitzende des Vereins zum Schutz der Bergwelt.

Tief liegende Skigebiete wie das Sudelfeld haben keine Zukunft mehr. Das wird sogar in einem vor kurzem erschienen neuen Leitfaden des Umweltministeriums und der IHK Bayern zum Klimawandel explizit betont. Nur um die Zeit bis dahin etwas zu verlängern dürfen jedoch geschützte Berglandschaften nicht dauerhaft beeinträchtigt und dafür auch noch staatliche Fördermittel verschwendet werden. Die Verbände fordern die Bayerische Staatsregierung daher auf, den Förderantrag für die Beschneiungsmaßnahmen am Sudelfeld abzulehnen und das Vorhaben nicht auch noch mit Steuergeldern zu subventionieren.

Durch die geplanten massiven Eingriffe in Natur und Landschaft würde die Grundlage für eine zukunftsfähige Tourismusentwicklung der Region erheblich beschädigt. „Die Berge des Mangfallgebirges sind zu jeder Jahreszeit das Ziel von Erholungssuchenden, nicht nur im Winter. Sie sind das Kapital des sanften Tourismus, der auf die Schönheit und Eigenart der Landschaft setzt, nicht auf eine teuer erkaufte Schneesicherheit“, erklärt DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig. „Voll ausgebaute Skigebiete sind für Wanderer und Bergsteiger völlig unattraktiv. Aber gerade diese Zielgruppe wächst stetig. Das belegen auch die Zuwachsraten beim Deutschen Alpenverein, der inzwischen fast eine Million Mitglieder hat.“


Die Planungen zur „Modernisierung“ des Skigebiets am Sudelfeld laufen bereits seit einigen Jahren. Ende September 2011 wurde auch das Genehmigungsverfahren für eine massive Ausweitung des Beschneiungssystems eingeleitet. Der Bund Naturschutz (BN), der Deutsche Alpenverein (DAV) und der Verein zum Schutz der Bergwelt (VzSB) haben in ihren jeweiligen Stellungnahmen das Vorhaben mit aller Entschiedenheit abgelehnt und darin ausführlich begründet, warum es als nicht nachhaltig und nicht genehmigungsfähig zu bewerten ist.

Obwohl das Verfahren noch nicht abgeschlossen wurde, ist zu befürchten, dass die zuständigen Landratsämter Miesbach und Rosenheim das Vorhaben genehmigen. Die sieben Verbände haben sich deshalb mit einer gemeinsamen Petition an den Bayerischen Landtag gewandt. In dieser Eingabe vom 1. März wird der Landtag darum gebeten Folgendes zu beschließen:

1. Die Staatsregierung wird aufgefordert durch geeignete Maßnahmen auf die Einstellung der laufenden Planungen zum Ausbau der Beschneiung am Sudelfeld hinzuwirken um die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft zu verhindern.

2. Die Staatsregierung wird weiterhin aufgefordert keine Fördermittel des Freistaates Bayern für die Ausweitung des Beschneiungssystems im Skigebiet Sudelfeld zur Verfügung zu stellen.

Das betroffene Gebiet ist ein herausgehobener Teil im Nordosten des Mangfallgebirges und in dem jetzt beplanten Bereich eine noch überwiegend naturnahe Kulturlandschaft, in welche sich die Tourismuseinrichtungen weitgehend landschaftsverträglich einfügen. Die Strukturen der almwirtschaftlich geprägten Landschaft sind hier, vor allem im Bereich der Walleralm, noch erhalten geblieben, was zur Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet geführt hat.

Mit der Begründung einer „Modernisierung“ des Skigebietes sind nun u.a. der Neubau der Waldkopfbahn und eine massive Erweiterung des Beschneiungssystems geplant. Vorgesehen ist dazu auch die Errichtung eines großen Speichersees im Bereich der Walleralm (Wasserfläche 15.000 qm), die Erweiterung der bestehenden Beschneiung von 20 auf insgesamt 71 Hektar (17 Kilometer Schneileitungsnetz, Endausbau 250 Schneekanonen), eine Wasserentnahme aus dem Auerbach sowie entsprechende Pistenveränderungen und Erdbewegungen. Die Maßnahmen sind mit zentralen Verbotstatbeständen der bestehenden Landschaftsschutzgebiete nicht zu vereinbaren und angesichts der massiven Eingriffe in die Natur ist auch von erheblichen Verlusten geschützter Biotopflächen und lokaltypischer Arten auszugehen.

Die geplanten Maßnahmen, insbesondere die groß dimensionierte Betonwanne des „Beschneiungsteiches“ mit hohem Damm mitten in der Landschaft, würden in ihrer Intensität und ihrem Gesamtumfang eine Zerstörung dieser naturschutzrechtlich geschützten Landschaft mit sich bringen und sowohl Landschaftsstruktur und -ökologie als auch das Landschaftsbild dauerhaft schädigen. Die ausschließlich dem Skitourismus im Winter dienenden Maßnahmen in dem für Wanderer attraktiven Gebiet, würden gleichzeitig die Basis für den Tourismus in den übrigen drei Jahreszeiten - Frühjahr, Sommer, Herbst - erheblich beeinträchtigen.

Zudem ist der enorme und damit nicht zeitgemäße Energie- und Wasserverbrauch zu kritisieren. Das geplante Beschneiungskonzept in der relativ niedrigen Höhenstufe des Skigebiets am Sudelfeld (860 bis 1500 m ü. NN) ist in Zeiten fortschreitender Klimaerwärmung kurzsichtig und nicht vertretbar. Es ist unverständlich, dass die Folgen des Klimawandels, der nicht zuletzt mit dem ständig steigenden Energieverbrauch in Zusammenhang steht, mit vermehrtem Energieeinsatz durch die Beschneiungsanlagen 'bekämpft' werden sollen und die naturschutzrechtlich geschützte Landschaft des Sudelfelds kurzzeitigen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel geopfert werden soll. Insgesamt widerspricht das Vorhaben diametral allen Grundsätzen für eine nachhaltige Entwicklung des Alpenraums und damit auch den Vorgaben der Alpenkonvention. Dies gilt insbesondere für die Festlegungen zur Durchführung der Alpenkonvention im Protokoll Tourismus (z.B. Artikel 6) sowie im Protokoll Naturschutz und Landschaftspflege (z.B. Artikel 11).

Aus den genannten Gründen sind die für den geplanten Ausbau des Beschneiungssystems am Sudelfeld beantragten staatlichen Fördermittel abzulehnen. Es ist nicht vertretbar, Steuergelder für kurzsichtige, nicht zukunftsfähige Maßnahmen zu verschwenden, die zugleich einen wertvollen Natur- und Landschaftsraum dauerhaft beeinträchtigen und die Entwicklung alternativer Tourismuskonzepte behindern. Zudem widerspricht eine Förderung nach dem Seilbahnförderprogramm („Richtlinie zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten“, vom 06.03.2009) auch den dort festgelegten Vorgaben, da es sich beim Sudelfeld nicht um ein „kleines“ Skigebiet handelt.

Angesichts der Tatsache, dass im Mangfallgebirge das Sudelfeldgebiet das letzte noch nicht völlig mit technischen Tourismuseinrichtungen, insbesondere künstlicher Beschneiung verbaute Gebiet ist, muss die Erhaltung der verbliebenen Almlandschaft am Sudelfeld vorrangig gesichert werden.

Für Rückfragen:

Kurt Schmid
BN Regionalreferent
Tel.: 089-548298-88

Hanspeter Mair
DAV Geschäftsbereichleiter
Hütten, Naturschutz, Raumordnung
Tel.: 089-14003-71

Anlage: Daten zur Beschneiung Sudelfeld


Anlagen werden auf Anfrage zugesendet:
Stellungnahmen des BN, DAV und VzSB zum Verfahren „Beschneiung Sudelfeld“
Schreiben an die Regierung von Oberbayern (vom 15.03.2012) zur Abgrenzung der Landschaftsschutzgebiete