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BESSER FÜR GARMISCH UND BAYERN: NEIN ZUM OLYMPIASPEKTAKEL BEIM BÜRGERENTSCHEID AM 10. NOVEMBER

Umweltverbände warnen vor Fehlinvestitionen, Knebelverträgen und Naturzerstörung

05.11.2013

Am kommenden Sonntag können die Bürgerinnen und Bürger in München, Garmisch-Partenkirchen sowie in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden darüber abstimmen, ob eine Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022 erfolgen soll oder nicht. Auch dieser zweite Versuch wird von den in den „NOlympia-Bündnissen“  zusammengeschlossenen Organisationen und weiteren im Alpenraum aktiven Verbänden entschieden abgelehnt. Eine wesentliche Verbesserung des ersten Bewerbungskonzepts für „München 2018“ ist nicht erkennbar. Ein Megaevent, wie Olympische Winterspiele, kann schon allein wegen seiner Dimensionen nicht „nachhaltig“ oder „grün“ sein, wie es die Olympialobby für „München 2022“ wieder propagiert. Und in Zeiten der fortschreitenden Klimaerwärmung schon gar nicht.


Immense Eingriffe in die Natur und die Landschaft des Alpenraums wären unvermeidbar und unüberschaubare soziale und finanzielle Risiken vorprogrammiert. „Wir werden uns auch nicht als grünes Mäntelchen für kosmetische Verbesserungen dieses Massenevents missbrauchen lassen, sondern als Gesamtbündnis dagegen kämpfen“, betonte Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. „Olympische Spiele als größte und immer noch größere Wintersportveranstaltung der Welt sind für die bayerischen Alpenorte nicht tragbar und einfach einige Nummern zu groß.“


Der Bund Naturschutz (BN), der Verein zum Schutz der Bergwelt (VzSB), der Landesverband Bayern der NaturFreunde Deutschlands, die Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF) und Mountain Wilderness Deutschland appellieren daher an die Bevölkerung der betroffenen Kommunen, am 10. November für eine echte nachhaltige Entwicklung zu stimmen und „NEIN“ zu sagen zu Größenwahn, Schuldenbergen, IOC-Knebelverträgen und Heimatzerstörung.


Das Geschäftsmodell Olympischer Spiele ist vollständig auf Kommerzialisierung, Gigantismus und Intransparenz ausgelegt. Trotzdem hatte jeder Bewerber der vergangenen Jahre mit „grünen Olympischen Spielen“ geworben - auch für München 2022 wird dieses falsche und irreführende Argument wieder verwendet und sogar von „nachhaltigst“ gesprochen.  Aber wer glaubt schon daran, dass dies angesichts der erforderlichen Baumaßnahmen und sonstigen Eingriffe zur Durchführung einer 17-tägigen Massenveranstaltung mit 100 Sportarten in 13 Sportstätten, mit 5.800 Athleten und Offiziellen, mit 10.000 bis 15.000 Medienvertretern, mit 20.000 Helfern und 19.000 Sicherheitskräften, möglich sein könnte? „Hundert Sportarten, das sind mindestens zehn Weltmeisterschaften, die gleichzeitig stattfinden, und ein Großteil davon in unserem kleinteiligen und höchst empfindlichen Alpenraum“, sagte Christoph Himmighoffen, 2. Vorsitzender des VzSB. „Die Bewerber für München versprechen zwar jetzt eine neue Bescheidenheit und kuschelige Spiele. Dem steht aber die olympische Kernsportart entgegen, die viel wichtiger ist als die 100 Sportdisziplinen. Und die heißt Geldverdienen, neue Märkte erschließen und die ist auf Wachstum angelegt und erlaubt nun mal kein Schrumpfen.“

Einseitige und undurchsichtige Informationen

Aufs Schärfste kritisieren die Verbände, dass die Bewerbung bisher völlig einseitig und ohne Offenlegung der aktuellen Grundlagen, wie Host-City-Vertrag und sonstige Vereinbarungen mit dem IOC, erfolgte. Auch mit den Wahlunterlagen wurden nur einseitige oberflächliche Schönrednereien verschickt und keinerlei Gegenargumente. Diese Intransparenz widerspricht jedem demokratischen Verfahren und führt den neuen „Ethik-Code“ der Olympiabewerbung, in dem viel von Fair Play die Rede ist, ad absurdum. Keine Verträge, keine nachvollziehbaren Planungen, kein endgültiges Finanzierungskonzept - die Bürgerentscheide werden somit zur Abstimmung über die Katze im Sack. Angesichts der finanziellen Ungleichgewichte und der Materialschlacht im Vorfeld der Bürgerentscheide, für die von den Bewerbern rund drei Millionen ausgegeben wurden und damit etwa 100-mal so viel, wie den Gegnern zur Verfügung stand, ist es ein Kampf von David gegen Goliath. Aber es besteht auch die Hoffnung, dass dem vermeintlich Schwächeren die Sympathien gehören. Und wenn in nur einem der Austragungsorte die Mehrheit mit „NEIN“ stimmt, ist die Bewerbung für „München 2022“ gestoppt.  

Ausrichterregionen bekommen nicht was brauchen, sondern was sie nicht brauchen

Nach dem neuen Konzept sollen die Biathlon- und Langlaufwettbewerbe nicht beim Gut Schwaiganger (Ohlstadt) im Werdenfelser Land, sondern im Chiemgau bei Ruhpolding stattfinden. Für München 2018 hieß es noch, dass eine derartige „Flickenteppich-Bewerbung“ beim IOC keine Chance hätte. Zudem würden mehr Verkehr auf längeren Wegen, mehr Flächenverbrauch und mehr nicht nachhaltige Eingriffe in Natur und Landschaft entstehen. Warum das jetzt nicht mehr gelten soll, bleibt ein Geheimnis.
In Garmisch-Partenkirchen soll das „Snow-Cluster“ bleiben, also die meisten Schneewettbewerbe. Im Bewerbungskonzept 2022 hat sich aber nicht so viel geändert, wie die Olympialobbyisten glauben machen möchten. Es fehlen Aussagen zu den Parkplätzen, Erschließungsstraßen oder der Finanzierung der Bewerbung, andere sind wachsweich, wie die zu den Gesamtfinanzen. Manche erwecken bewusst einen falschen Eindruck, wie die Behauptung, die Kandahar erfüllt die „aktuellen FIS-Anforderungen“  für die Austragung Olympischer Winterspiele. 2022 ist die Kandahar (2009 bis 2022) 13 Jahre alt. Wer soll glauben, dass diese und andere WM-Pisten von 2011 (wie Hornabfahrt, Drehabfahrt, Gudiberg) in elf Jahren noch olympischen Anforderungen genügen? Olympische Winterspiele sind die größte Wintersportveranstaltung der Welt. Schneesicherheit muss um jeden Preis garantiert werden. Es ist davon auszugehen, dass dafür weitere großflächige Aus- und Umbauten von Skipisten und Stadien notwendig werden - von der Kunstschneebeschaffung im Klimawandel ganz zu schweigen. Axel Doering, der BN-Kreisvorsitzende von Garmisch-Partenkirchen und Mitbegründer des Bündnisses „NOlympia“, erklärt: „Garmisch hat eine große Sprungschanze, deren Baukosten sich fast verdoppelt haben und die Kosten für Olympische Spiele sind mindestens so unbeherrschbar wie beim neuen Berliner Flughafen. Diesen Risiken dürfen wir unsere Heimatorte im sensiblen Alpenraum mit seiner grandiosen Natur nicht aussetzen. Wer das verhindern will, muss am 10. November mit Nein stimmen!“

Dr. Wolfgang Zängl von der GöF weist darauf hin, dass nicht nur im Alpenraum, sondern auch in  München massive negative Folgen zu erwarten wären. Als Beispiel hierfür nennt er den Etikettenschwindel im Münchner Olympiapark:  Die Planer von München 2022 behaupten, dass der Olympiapark „erweitert“ würde durch das Gelände der Bundeswehr an der Dachauerstraße. Tatsache ist jedoch, dass dieser frei zugängliche Park mit uraltem Baumbestand durch das Olympische Dorf komplett zerstört und etwa 2.000 Bäume, davon 1.275 schützenswerte, gefällt werden müssten. 17 Hochhäuser entstünden, die nach den Spielen nicht den Münchner Mietmarkt entlasten, sondern wegen Verschuldung der Stadt als Eigentumswohnungen verkauft werden müssten - wie bei Vancouver 2010 geschehen.

Der Landesverband Bayern der NaturFreunde Deutschlands schließt sich diesen Bewertungen an, obwohl er ein Verband ist, zu dessen Vereinszielen nicht nur Natur- und Umweltschutz, sondern auch die Förderung von Sport und Tourismus gehören. In diesem Spannungsfeld ist für die NaturFreunde entscheidend, dass im Zeichen der Klimaerwärmung Olympische Winterspiele in den bayerischen Alpen den Grundsätzen von Nachhaltigkeit und sanftem Tourismus widersprechen, denen sie sich in hohem Maße verpflichtet fühlen. Außerdem spielen für die NaturFreunde von ihrem Selbstverständnis her auch die sozialen Belange eine große Rolle. Sie kritisieren daher besonders, dass für ein Megaereignis, das im Kern nur 17 Tage dauert, erhebliche finanzielle Mittel gebunden werden, die für soziale Aufgaben fehlen, und dass die Mieten und allgemeinen Lebenshaltungskosten steigen werden. Das belastet vor allem schwächere Mitbürger schwer. Dem Profit von wenigen steht ein Schuldenberg der Ausrichterorte gegenüber, den sie noch Jahre später mit Steuergeldern abzahlen. „Die Alpen sind viel zu wertvoll für solche kommerziellen Showveranstaltungen“, so MichaelMüller, der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands. Und die Fachbereichsleiterin Natur- und Umweltschutz des Landesverbandes Bayern ChristineEben ergänzt: „Dabei sind die viel gepriesenen hohen Ideale von Olympischen Spielen längst auf der Strecke geblieben.“

Mountain Wilderness Deutschland lehnt die Olympischen Winterspiele in Bayern ab, da es ein Unding ist, in Bayern in dieser geringen Höhenlage und im Zeichen des Klimawandels die alpinen und nordischen  Wettbewerbe durchzuführen, wobei von vornherein (!) künstliche Beschneiungen eingeplant sind. Mountain Wilderness ist gegen Kunstschneeerzeugung – wegen der meist notwendigen Bergwaldrodungen zum Anlegen von Speicherteichen und des hohen Energie- und Wasserverbrauchs für die Schnee-Erzeugung, aber auch deswegen, weil hier die Natur für die (Sport-)Nutzungen des Menschen „umgebaut“ wird. Weitere Eingriffe in den ohnehin schon stark strapazierten Naturraum vor allem um Garmisch-Partenkirchen sollten aber nicht mehr erfolgen. Durch unser Leitbild und die darin verankerten Schutzvorstellungen für die Alpen und Wildnisgebiete sagt Mountain Wilderness Nein zu Olympia 2022.

Für Rückfragen:

Richard Mergner, BN Landesbeauftragter, Tel. 0171-6394370
Axel Doering, 1. Vorsitzender BN Kreisgruppe GAP, Tel. 08821-3117
Christoph Himmighoffen, 2. Vorsitzender VzSB, Tel. 0171-5632000
Dr. Wolfgang Zängl, GöF, 089-3598586

Weitere Informationen s. Anlagen:

Flyer und Faltblatt NOlympia
„FÜR GARMISCH-PARTENKIRCHEN GEGEN OLYMPIA 2022“