Bioprodukte - Qualität auf hohem Niveau sichern
Qualitätsvorteile für Rindfleisch und Milchprodukte bei geschlossenen Betriebskreisläufen - Schutz bäuerlicher Betriebe durch agrarpolitische Vorschläge von EU-Kommissar Fischler
Der Nitrofenskandal hat gezeigt, dass im Biobereich ein sehr gutes Qualitätssicherungssystemen besteht, das als vorbildhaft im gesamten Bereich der Nahrungsmittelproduktion gelten kann. Um Risiken der Verunreinigung mit Schadstoffen auch künftig so gering wie möglich zu halten, fordert der BN den Ausbau von Rückstandskontrollen bei Zukauffuttermitteln in Bezug auf gentechnisch veränderte Bestandteile. Die Kosten für die Rückstandsanalytik auf genmanipulierte Bestandteile sollen nach Auffassung des BN jedoch die Firmen zahlen, die das Inverkehrbringen genveränderter Pflanzen und Mikroorganismen beantragen. "Es kann nicht sein, dass Erzeuger, Verarbeiter und Verbraucher, die weiterhin in Naturkreisläufen erzeugte Lebensmittel herstellen und genießen wollen, durch die Einführung neuer Risikotechnologien massiv in ihren Wahlmöglichkeiten behindert werden, und noch zusätzlich die Mehrkosten für Kontrollsysteme und Analysen tragen sollen", so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern. "Das Verursacherprinzip würde hier wiederum auf den Kopf gestellt werden, wie dies auch schon im Bereich der Atomindustrie der Fall ist," so Weiger weiter.
Die Umstellung auf biologischen Landbau ist vor allem für kleine und mittlere bäuerliche Betriebe eine Chance, ihre Existenz mittelfristig zu sichern. Der BN begrüßt daher die neuen Reformvorschläge von EU-Agrarkommissar Franz Fischler zur Halbzeitbilanz der Agenda 2000. "Fischlers Vorschläge leiten den seit Jahrzehnten überfälligen Richtungswechsel in der Agrarpolitik zu Gunsten einer klein- und mittelbäuerlichen Agrarstruktur in Europa ein", betonte Weiger. "Die Vorschläge bieten nicht nur eine Perspektive, um die weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum zu stoppen, sondern bieten auch eine wichtige Perspektive für die Umwelt. Von daher ist es unverständlich, dass diese Vorschläge von Seiten der konservativen Partei abgelehnt werden", so Weiger weiter.
Hohe Qualitätsstandards im Bioanbau
Auch der Skandal um nitrofenbelastete Futtermittel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bereich der Biolebensmittel das beste Qualitätssicherungs- und Zertifizierungssystem im gesamten Lebensmittelbereich aufweist. Während im ökologischen Landbau selbst keine chemisch-synthetischen Pestizide zum Einsatz kommen, sind in der konventionellen Landwirtschaft EU-weit Pestizidrückstände an der Tagesordnung. Bei 35 % aller pflanzlichen Lebensmittel, die im Rahmen eines EU-Monitoringprogrammes untersucht wurden, wurden Pestizidrückstände gefunden, bei 4,5 % aller Proben fand man Überschreitungen der zulässigen nationalen bzw. EU-Grenzwerte. Rechtliche Grundlage für die Biolandwirtschaft ist die EU-Verordnung über den ökologischen Landbau, die detaillierte Regelungen über den ökologischen Pflanzenbau, die ökologische Tierhaltung sowie die Verarbeitung von Ökoerzeugnissen und deren Kennzeichnung enthält und die Kontrolle auf einem hohen Qualitätsniveau festschreibt. So untersagt die EU-Ökoverordnung beispielsweise den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdüngern, leicht löslichen Phosphatdüngern, gentechnisch veränderten Organismen oder das Verfüttern von Antibiotika und Leistungsförderern in der Tierhaltung. Die Vorschriften im Bereich Tierhaltung umfassen einen hohen Platzbedarf für die Tiere, Bewegungsfreiheit sowie Auslaufmöglichkeiten auch im Freien. Die Richtlinien der deutschen Bioanbauverbände haben zum Teil noch darüber hinaus gehende höhere Qualitätsstandards, so zum Beispiel im Bezug auf den Betrieb als geschlossene Einheit und der weitgehenden Beschränkung des Futter- und Düngerzukaufs. Die Ernährung der Tiere auf betriebseigener Futtergrundlage funktioniert am leichtesten bei Wiederkäuern wie Rindern, Schafen oder Ziegen, bei denen im Regelfall nur Mineralfutter zugekauft werden muss, im Bereich der Schweine- und Geflügelmast werden auch im Biobetrieb häufig wegen der höheren Ansprüche hochwertige Eiweißfuttermittel wie zum Beispiel Kartoffeleiweiß oder Milchprodukte eingesetzt. Bislang sind im Bereich der Rinderhaltung maximal 10 %, bei der Schweinefütterung maximal 15 % und bei der Geflügelfütterung maximal 20 % Zukauf aus einer begrenzten Positivliste erlaubt.
Trotzdem fordert der Bund Naturschutz eine stufenweise Einschränkung des Zukaufs von Futtermitteln für ökologisch wirtschaftende Betriebe in den Richtlinien der Bioverbände wie auch in der EU-Verordnung. Als längerfristiges Ziel hält der BN den Aufbau regionaler Ökomarken, wie sie über den TAGWERK-Förderverein und die TAGWERK-Genossenschaft vorbildlich in den vergangen Jahren aufgebaut wurden, für notwendig. Mit einem Anteil von über 90 % an regional erzeugten und verarbeiteten Bioprodukten hält TAGWERK eine Spitzenstellung in Deutschland bei Öko-Regional-Marken. Das von Nitrofen betroffene Putenfleisch war in den TAGWERKläden klar als Biozukaufware gekennzeichnet und wurde sofort aus dem Sortiment genommen.
Bessere Qualität bei Milch und Fleisch durch geschlossene Betriebskreisläufe und Weidegang
Neuere Forschungsergebnisse am Institut für Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere in Dummerstorf bei Rostock sowie aus den USA zeigen, dass die Futterzusammensetzung für Nutztiere in einem direkten Zusammenhang mit der gesundheitlichen Qualität des erzeugten Fleisches und der Milch steht. Die Untersuchungen beziehen sich auf das Fettsäuremuster in Fleisch, Milch und Eiern, insbesondere auf den Anteil von Omega-3-Fettsäuren, denen ein hoher ernährungsphysiologischer Wert beigemessen wird. Bei überwiegender Fütterung mit Gräsern, dass heißt Wiesenschnitt, Grassilage oder Heu fällt der Anteil an Omega-3-Fettsäuren deutlich höher aus als bei Tieren, die einen hohen Anteil an Mais, Weizen oder Gerste verfüttert bekamen. Fleisch von Rindern, die auf Weidebasis gemästet wurden, hat im Gegensatz zu Fleisch von intensiv gemästeten Tieren einen geringeren Gesamtfettgehalt sowie einen geringeren Anteil an gesättigten Fettsäuren, die gesundheitlich eher nachteilig bewertet werden. Qualitätsunterschiede waren auch bei Eiern von Hühnern zu finden, die regelmäßig frisches Weidegras zugeführt bekamen.
Der BN fordert, dass Forschungen zu Fettsäurezusammensetzung auch an der bayerischen Landesanstalt durchgeführt werden, um die Ergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern und den USA zu untermauern.
Gentechnik und drohende Folgekosten
Als Umweltverband, der den Einsatz der Gentechnik im Bereich der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion grundsätzlich ablehnt, sieht der BN die schleichenden Einführung von gentechnisch veränderten Organismen und damit den mittelfristigen Abschied von der proklamierten Wahlfreiheit der Konsumenten als große Gefahr und unzumutbare weitere Belastung für Erzeuger und Verbraucher, die weiterhin auf Gentechnikfreiheit setzen wollen.
Schwellenwerte, Kennzeichnung und Kontrolle verursachen neue Kosten. Nach einer Studie der EU können z.B. bis zu 9% Mehrkosten bei Mais und Kartoffeln, bis zu 41 % bei Raps entstehen, um Gentechnikfreiheit, soweit überhaupt möglich, zu sichern.
Der BN fordert daher eindeutige Haftungsregelung und eine Kostenübernahme für Kontroll- und Analysensysteme für gentechnikfreie Qualitätssicherungssysteme durch die Firmen, die das Inverkehrbringen beantragen. Auch für Kontaminations-Schäden müssen die Verursacher aufkommen, wobei die Beweislast bei den Herstellern von Gen-Saatgut liegen soll.
Für Rückfragen:
Marion Ruppaner
Referentin für Landwirtschaft
Tel. 0911/81 87 8-20
Fax 0911/86 95 68
Anlage 1
Stopp der Gentechnik - Wichtige Teilerfolge des BN bei der 1. Lesung im EU-Parlament erzielt
Am 3. Juli hat das Europaparlament in erster Lesung über den Vorschlag einer Verordnung zur Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung genetisch veränderter Organismen (GVO) und daraus hergestellter Produkte sowie den Vorschlag zur Kennzeichnung von genetisch veränderten Lebens- und Futtermitteln abgestimmt. Wesentliche Forderungen des BN, wie die Einführung eines Rückverfolgbarkeitssystems von GVO und damit die Kennzeichnung aller Produkte, die auf irgendeiner Stufe des Herstellungsprozesses mit Gentechnik in Berührung kamen, wurden erfüllt.
Bei der Frage der Schwellenwerte für Kontaminationen für in der EU nicht zugelassene GVO hat sich das EU-Parlament, wie auch vom BN gefordert, für die Beibehaltung der bisherigen Rechtspraxis, die Beibehaltung einer -Toleranz, ausgesprochen.
Bei bereits zugelassenen gentechnisch veränderten Produkten entschied sich das EU-Parlament für den Schwellenwert von 0,5%, einer Verschärfung gegenüber dem Kommissionsvorschlag, der 1 % duldbare Verunreinigung vorsah. Der BN fordert dahingegen weiterhin 0,1 % als Grenzwert bei zugelassenen GVO was der derzeitigen Nachweisgrenze entspricht. Der Grenzwert muss zusätzlich nach Auffassung des BN dem jeweiligen Stand des technischen Fortschritts angepasst werden.
Völlig unverständlich für den BN ist, dass die Kennzeichnung von Produkten von Tieren (Fleisch, Milch, Eier), die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden, vom EU-Parlament mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde. Hier bleibt die für Verbraucher erforderliche Transparenz völlig außen vor.
Anlage 2
Agrarpolitische Vorschläge von EU-Kommissar Fischler zur Halbzeitbewertung der gemeinsamen Agrarpolitik
Wesentliche Elemente des vorgestellten Reformkonzeptes sind:
* Umbau des komplizierten flächenbezogenen Prämiensystems zu Gunsten betrieblicher Ausgleichszahlungen
* Umwidmung eines Teils der Prämien in die Förderung des ländlichen Raums, insbesondere auch für Agrarumweltprogramme (Modulation)
* Einführung einer Obergrenze von 300.000 € für Prämienzahlungen pro Betrieb mit Aufstockungsmöglichkeiten von 5.000 € für die beiden ersten Arbeitskräfte und 3.000 € für alle weiteren Vollzeitarbeitskräfte.
Mit diesen Vorschlägen liegt Fischler ganz auf der Linie des vom BN und anderen Umweltverbänden und kritischen Bauernorganisationen vorgeschlagenen Reformmodells.
Der BN hat in seinem agrarpolitischen Positionspapier eine Vereinfachung des EU-Prämiensystems und eine verstärkte Ausrichtung der Zahlungen an die Arbeitskräfte im Betrieb gefordert. Dadurch würden vor allem kleine und mittlere bäuerliche Betriebe, wie sie in Bayern den Hauptanteil ausmachen, bevorzugt.
Der BN hält den außerlandwirtschaftlichen Vergleichslohn für einen guten Maßstab, um die Zahlungen pro Arbeitskraft zu begrenzen. Pro Arbeitskraft soll nach Auffassung des BN die Hälfte dieses Vergleichslohns als Obergrenze gelten. Damit könnten die unterschiedlichen Lohn- und Preisniveaus in den EU-Mitglieds- und Beitrittsstaaten angemessen berücksichtigt werden.
Der BN hält auch die Einbeziehung von Grünland- und Kleegrasfutterflächen in die Prämienberechnung für unabdingbar.