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Tiere und Pflanzen

Breites Bündnis protestiert für gentechnikfreie Landwirtschaft und Natur

03.03.2006

Protestaktion
in Minister Seehofers Heimat Ingolstadt

Kein Kniefall vor den Gewinninteressen internationaler Konzerne wie Monsanto und Co

1000 Landwirte, Verbraucher und Umweltschützer haben mit über 80 Traktoren in der Heimat von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer gegen die weiterhin drohende Aufweichung der Verursacherhaftung im Gentechnikgesetz protestiert und besseren Schutz vor den Risiken der Genmanipulation gefordert. "Die konventionelle wie die ökologische Landwirtschaft will sich unsere gentechnikfreien Märkte nicht ruinieren lassen", so Arthur Stein, stellvertretender Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern. Den Mitarbeitern im Heimat-Wahlkreisbüro von Seehofer wurde ein Forderungskatalog zur Sicherung der bayerischen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ohne Genmanipulation überreicht.

Auf europäischer Ebene soll sich Seehofer nach Auffassung des "Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft" für ein weiteres Moratorium sowie für ein demokratisches Selbstbestimmungsrecht zur Sicherung gentechnikfreien Anbaus einzusetzen. "Die Landwirtschaft in Bayern kann nur mit Qualitätslebensmitteln ohne Genmanipulation auf den Weltmärkten bestehen", so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz. Begrüßt wurde von den anwesenden Demonstranten insbesondere die Eröffnungsrede von Ingolstadts Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann, der den Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2004 vorstellte, dass auf Eigentumsflächen der Stadt Ingolstadt die Anwendung gentechnisch veränderten Saatgutes untersagt ist.

Eine Novellierung der Haftungsregelung im deutschen Gentechnikgesetz zugunsten eines Haftungsfonds, der die Verursacher aus der Pflicht nimmt, und im Falle eines Schadensfalles, der die Haftungssumme übersteigt, dann den Steuerzahler zur Kasse bittet, lehnt das Bündnis entschieden ab.

Saatgutkonzern Monsanto mit rücksichtslosen Methoden

Der Gentech-Konzern Monsanto hatte am gestrigen Donnerstag den von 100 deutschen Landwirten angekündigten Anbau von Genmais auf 1 800 Hektar als Erfolg vermeldet. Das Unternehmen verschweigt hierbei, dass dieser Zahl eine Gesamtanbaufläche von 1,6 Millionen Hektar konventionellem Mais gegenüber steht. Die 100 Gentech-Landwirte haben 370 000 Berufskollegen, die keine Gentechnik auf ihren Feldern einsetzen. Unter diesen befinden sich 23 000 Landwirte, die in 85 gentechnikfreien Regionen 730 000 Hektar garantiert gentechnikfrei bewirtschaften. In Bayern sind lediglich 10 Hektar Genmaisanbau geplant, davon ca. 4 Hektar auf staatlichen Flächen.
Monsanto behauptet zudem, eine Koexistenz von Gentech- und konventionellem bzw. biologisch produziertem Mais sei möglich. Dabei macht der Saatguthersteller konventionell wirtschaftenden Landwirten, die in der Nachbarschaft von Genmais-Feldern Mais anbauen, folgendes Angebot: Das Unternehmen kauft die Ernte ohne Tests auf Gentech-Verunreinigung zum Marktpreis auf. Dies bedeutet eine Entlastung für Gentech-Landwirte, da sie für ökonomische Schäden ihrer Nachbarn nicht haften müssen. Wenn Monsanto tatsächlich auf das Konzept der Koexistenz vertrauen würde, wäre eine solche Entlastung für Gentech-Landwirte unnötig. "Monsanto beschwört seine schöne neue Gentechnikwelt. Das hat nichts mit der Realität auf deutschen Äckern zu tun. Anscheinend will die Firmenleitung in den USA von ihrer deutschen Dependance endlich Geschäftserfolge sehen. Diese gibt es jedoch nicht. In Deutschland will die überwältigende Mehrheit der Landwirte keine Gentechnik auf ihren Feldern", so Hubert Weiger, der auch agrarpolitischer Sprecher des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) ist.

Das Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft fordert:

von EU-Parlament und EU-Kommission:
 ein gesetzlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht der europäischen Staaten für ein Verbot des Anbaus von genmanipulierten Pflanzen und der Sicherung der gentechnikfreien Regionen,
 die Wiederherstellung eines Moratoriums für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU,
 die Kennzeichnungspflicht für Milch, Fleisch, Eier etc. von Tieren, die mit genmanipuliertem Futter ernährt wurden,
 das Reinheitsgebot für Saatgut - mit der Festlegung der Nachweisgrenze als einzig akzeptablem Wert,

von Bundeslandwirtschaftminister Horst Seehofer:
 Sicherung der gentechnikfreien Produktion, Wahlfreiheit und Transparenz im deutschen Gentechnikgesetz
 die vollständige Haftungs- und Risikoübernahme durch Gentechnikkonzerne und Gentechnikbauern,
 Beibehaltung des Zugangs zum Anbauregister, damit die Informationsrechte der Öffentlichkeit gesichert werden.
 den Schutz sensibler Gebiete im Gentechnikgesetz,
 Rücknahme der Sortenzulassungen für gentechnisch veränderten Mais

von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber
 Einsatz für Bayern als gentechnikfreie Region
 Kein Versuchsanbau mit genmanipulierten Pflanzen auf bayerischen Staatsgütern
 Keine Steuergelder für Pro-Agro-Gentechnik-Kampagnen in bayerischen Schulen, Universitäten und der Öffentlichkeit


Forderungen des
"Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft"
an Bundeslandwirtschafsminister Horst Seehofer

Gentechnikfrei genießen - auch morgen noch

Wahlfreiheit für Verbraucher und Landwirtschaft sichern
Verursacherprinzip im Gentechnikgesetz nicht zugunsten eines Haftungsfonds kippen

Sehr geehrter Herr Bundesminister,
wir bitten Sie nachdrücklich, die demokratischen Rechte von uns Verbrauchern und Landwirten ernst zu nehmen, und für eine verlässliche Wahlfreiheit für gentechnikfreie Lebensmittel, Futtermittel, Nachwachsende Rohstoffe und Saatgut zu sorgen.

Jetzt ist es entscheidend, dass die Weichenstellungen auf europäischer Ebene zu Gunsten des Selbstbestimmungsrechtes der Mitgliedsstaaten zur Sicherung gentechnikfreier Regionen gestellt werden.
Auf Bundesebene muss an der Zielsetzung der Sicherung der gentechnikfreien Produktion festgehalten werden und es darf keinesfalls zu einer Verschlechterung u.a. der Haftungsregelung im Gentechnikgesetz kommen. Eine Fondslösung halten wir für falsch. Hier würde vom Verursacherprinzip Abstand genommen, und bei nicht gedeckten Schäden die Gemeinschaft der Steuerzahler in die Pflicht genommen, anstatt die Profiteure der neuen Risikotechnologie zur Verantwortung zu ziehen.

Auch für die Zukunft aller bayerischen Bauern und Imker und insbesondere der gesamten "ökologischen" Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ist Ihr Einsatz für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Landschaft von entscheidender Bedeutung. Wir bitten Sie deshalb nachdrücklich dafür zu sorgen, dass staatliche Forschung im Freiland die Existenz vieler konventioneller Vertragserzeuger für gentechnikfreie Lebensmittel nicht ruiniert und die großen Lebensmittelhersteller ihre Ware nicht in Zukunft außerhalb unseres Landes beziehen.

Besonders fordern wir:

 ein gesetzlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht der europäischen Staaten für ein Verbot des Anbaus von genmanipulierten Pflanzen und der Sicherung der gentechnikfreien Regionen,
 die Wiederherstellung eines Moratoriums für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU,
 die Kennzeichnungspflicht für Milch, Fleisch, Eier etc. von Tieren, die mit genmanipuliertem Futter ernährt wurden,
 das Reinheitsgebot für Saatgut - mit der Festlegung der Nachweisgrenze als einzig akzeptablem Wert,
 den Schutz sensibler Gebiete im Gentechnikgesetz,
 die vollständige Haftungs- und Risikoübernahme durch Gentechnikkonzerne und Gentechnikbauern,
 keine Änderung des Zugangs zum Anbauregister, damit die Informationsrechte der Öffentlichkeit gesichert werden.

Wir hoffen, dass Sie als in der bayerischen Bevölkerung verankerter und sehr geachteter Bundesminister bereit sind, die Interessen Ihrer Wählerinnen und Wähler zu berücksichtigen, die gerade auch in Bayern mehrheitlich die Gentechnik im Bereich Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ablehnen.

Gerade neuere Forschungsergebnisse haben wieder gezeigt, welch unvorhersehbare, die Gesundheit gefährdende Wirkung die gentechnische Veränderung von Nahrungspflanzen haben kann.

Wir bitten Sie deshalb eindringlich, wegen Ihrer besonderen Verantwortung für den Verbraucher- und Umweltschutz und für die bäuerliche Landwirtschaft, die gerade in Bayern eine entscheidende Rolle spielt, sich für die dauerhafte Sicherung der gentechnikfreien Produktion und für gesunde Lebensmittel ohne Gentechnik einzusetzen.

Sie befinden sich dabei im Einklang mit den deutschen Verbrauchern und der großen Mehrheit der Landwirte, die die Agrogentechnik ablehnen, wie an der Vielzahl der gentechnikfreien Regionen in Bayern und Deutschland sowie in anderen EU-Staaten abzulesen ist.


Mit freundlichen Grüßen

gez.
Anton Daxenbichler,
Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau
gez.
Prof. Dr. Hubert Weiger, Bund Naturschutz, Landesvorsitzender