Bund Naturschutz-Aktion "Bayerns Schönheit bewahren"
Bayern ist mit einem täglichen Verlust von rund 40 Fußballfeldern trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern beim Flächenverbrauch und verliert zunehmend vor allem durch die Ausweisung von neuen Gewerbegebieten sein Gesicht. Statt nachhaltiger Entwicklung wird mit Subventionen aus dem Wirtschaftsministerium und gegen gesetzliche Ziele des Bundes und des Landes eine schleichende Zerstörung von Heimatlandschaften gefördert und zugelassen.
Der Bund Naturschutz legt mit einem 100-seitigen Schwarzbuch, mit bislang unveröffentlichten Luftbildern aus allen Regierungsbezirken Bayerns, eine exemplarische Dokumentation und Analyse dieser Fehlentwicklung vor. 21 Negativbeispiele aus allen bayerischen Regierungsbezirken von der Gemeinde Adelsdorf in Mittelfranken bis zur Stadt Rosenheim in Oberbayern belegen die vielfach gesetzeswidrige Ausweisung von Gewerbegebieten im Außenbereich der Siedlungen, in Talräumen, Überschwemmungsgebieten, gerodeten Wäldern oder auf wertvollen landwirtschaftlichen Flächen. Dem werden Positivbeispiele für eine flächenschonende Siedlungsentwicklung durch intelligentes Flächenrecycling und gemeinsame Gewerbegebietsnutzung ohne kommunale Konkurrenz gegenübergestellt.
Der Bund Naturschutz fordert von der Politik auf Landes und Bundesebene ebenso wie von Städten und Gemeinden eine deutliche Umkehr bei der Wohngebietsausweisung und der Gewerbeflächenpolitik. Ziel muss sein, dass ab 2010 keine neuen Flächen bebaut werden oder in dem Maß des Neubaus an anderer Stelle versiegelte Flächen renaturiert werden. Dies erfordert Vorrang für Flächenrecycling, Nachverdichtung und Umnutzung, Maßnahmen gegen die kommunale Konkurrenz bei Gewerbegebietsausweisungen und ein Ende des Straßenneubaus. Das "Schwarzbuch Gewerbegebiete Bayern" soll Öffentlichkeit und Entscheidungsträger sensibilisieren und Lösungen für einen verantwortlicheren Umgang mit den begrenzten Gütern Landschaft und Boden aufzeigen.
Die aktuelle Planung eines 240 ha großen Gewerbegebietes am Autobahnkreuz bei Feuchtwangen muss sofort gestoppt werden. Es wäre das größte Flächenfraß-Projekt Bayerns neben den umstrittenen Gewerbegebietsplänen im Bereich des Münchner Flughafens.
Trotz bereits leerstehender Gewerbeflächen in der Größenordnung von 230 ha und Planungen weiterer im Umfang von ca. 220 ha an Autobahnausfahrten wollen sieben Kommunen in West-Mittelfranken ein gigantisches Gewerbegebiet an den Autobahnen Nürnberg "Heilbronn und Würzburg " Ulm ausweisen. Die sog. Kommunale Allianz "Inter-Franken" aus den Kommunen Feuchtwangen, Schnelldorf, Wörnitz, Dombühl, Schillingsfürst, Wettringen und Diebach hätten dann fast 700 ha leerstehende (und erschlossene) Gewerbeflächen inmitten einer ländlich strukturierten Gegend und weitab von städtischer Infrastruktur geschaffen. Zum Vergleich: Die Altstadt Nürnberg umfasst ca. 160 ha.
Heute werden in Bayern täglich 28,4 ha Land verbraucht. Der Freistaat hat sich damit an die Spitze der alten Bundesländer gesetzt und wird nur noch von Sachsen und Sachsen-Anhalt übertroffen. Die zwischen 1993 und 2001 verbrauchte freie Landschaft, entspricht mit 81.398 ha mehr als dem Zehnfachen des größten bayerischen Sees, des Chiemsees. Die bayerische Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich damit auf derzeit 10,4 % der Gesamtfläche Bayerns erhöht. Einen großen Anteil daran hat die Ausweisung neuer Gewerbegebiete. Mit der kürzlich beschlossenen Änderung des bayerischen Landesentwicklungsprogramms und einer Schwächung der Regionalplanung wird trotz leer stehender Gewerbeflächen die Ansiedlung von neuen Einkaufszentren und "factory outlets" auf "der grünen Wiese" zu Lasten der Innenstädte und Dorfkerne nochmals erleichtertet.
Das Bodenschutzprogramm der Bayerischen Staatsregierung von 1991 sollte die Inanspruchnahme freier Flächen durch den Einsatz des überfachlichen Instrumentariums von Raumordnung und Landesplanung verringern.
Ein Blick in die Landschaft zeigt, dass noch keine Trendwende zum Besseren in Sicht ist. Landauf, landab das gleiche Bild: Gewerbegebiete schießen aus dem Boden wie Pilze. Oftmals sogar dort, wo selbst Naturschützer die Landschaft einigermaßen in Sicherheit wähnten. Gerade die neuen Gewerbegebiete und ihre Erschließung durch Autobahnen bis hin zu Gemeindestraßen haben einen ganz erheblichen Anteil am wieder angestiegenen Flächenverbrauch.
Für eine nachhaltig umweltverträgliche Siedlungsentwicklung legt der Bund Naturschutz im Schwarzbuch einen umfangreichen Forderungskatalog vor. Wichtigste Punkte daraus sind:
- Verpflichtung zur Ausarbeitung von Flächenkatastern für Recyclingpotentiale - vor der Aufstellung von Bauleitplänen in allen Städten und Gemeinden,
- Genehmigung von Flächennutzungsplänen durch die Bezirksregierungen; von Bebauungsplänen durch die Landratsämter unter fachlicher Aufsicht der Regierung,
- Keine Subventionierung von Gewerbegebietsausweisungen und Flächen verschwendendem Bauen, Bundesratsinitiative für Einführung einer Versiegelungsabgabe,
- Entwicklung neuer Nutzungskonzepte für leer stehende Bausubstanz in städtischen und ländlichen Regionen,
- Neuregelung der Gewerbesteuer mit kommunalem Interessensausgleich.