Bund Naturschutz fordert Aussetzen des Verfahrens zum Wasserkraftwerk im Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald und Ausbau der Windenergienutzung
Der BN-Landesvorstand besuchte heute im Rahmen seiner Vorstandsbereisung die BN-Kreisgruppen Augsburg und Aichach-Friedberg. Im Mittelpunkt standen Fragen um den Ausbau erneuerbarer Energien. Während die Landesvorstandsmitglieder die Planungen für ein erstes Windrad im Landkreis Augsburg vorbehaltlich einer artenschutzfachlichen Untersuchung begrüßten, forderte der BN-Landesvorsitzende, Prof. Dr. Hubert Weiger, am Vortag des ersten Verfahrenstermins zum geplanten E.ON Wasserkraftwerk im Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald: „Das Verfahren muss solange ausgesetzt werden, bis Studien zu den Renaturierungsmöglichkeiten des Lechs fertig gestellt sind.“
Des Weiteren besichtigten die Landesvorstandsmitglieder die Trassenführungen der geplanten B2 Umfahrung Kissing, ein geplantes Gewerbegebiet an der B300 zwischen Dasing und Aichach und ein Biberbiotop in Pöttmes.
Ausbau der Windenergie statt Ausbau der Wasserkraft
Am 3. November 2010 findet als erster offizieller Termin mit den Umweltverbänden zum E.ON Antrag „Wasserkraftwerk in Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald“ ein Scoping-Termin statt, bei dem Inhalt und Umfang der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgestellt und festgelegt werden sollen. Auf welcher Datengrundlage die UVP erstellt werden soll, ist dem BN allerdings schleierhaft, da erst Ende 2011 ein Gutachten des Wasserwirtschaftsamt Donauwörth zu den Sohlstabilisierungs- und Renaturierungsmöglichkeiten fertig wird. Außerdem wurde der FFH-Managementplan noch nicht erstellt, der die notwendigen Umsetzungsschritte zum Erreichen der Flora-Fauna-Habitat-Ziele detailliert definiert. „Das von Stadt, Naturschutzverbänden und Behörden angestrebte Ziel ist die Renaturierung des Lechs im Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald, wie es den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – WRRL – entspricht. Solange dazu keine Umsetzungspläne existieren, dürfen keine weiteren Verfahrensschritte unternommen werden, die eine weitere Verschlechterung Schritte des jetzigen ökologisch unbefriedigenden Zustandes mittels eines Wasserkraftwerkes erfolgen“, so Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender und Sprecher des BUND-Arbeitskreises Wasser.
Neue Wasserkraftwerke können keinen relevanten Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien leisten, da bereits 91% des bayerischen Wasserkraftpotenzials genutzt sind und die letzten 9% weitgehend in ökologisch hochsensiblen Gebieten liegen. Dagegen hat die Windkraft auch in Bayern noch großes Potenzial. „Um die Ziele einer klimaschonenden Energieversorgung zu erreichen sind in Bayern mittelfristig 1500 Windräder nötig und möglich“, so Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN. Die Kreisgruppen der Planungsregion Augsburg (Stadt und Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries) haben deshalb in Ihrer Augsburger Windenergie-Erklärung vom Frühjahr 2010 das Ziel von 85 Windrädern für diese Region aufgestellt. Dazu ist eine Überarbeitung des Regionalplanes notwendig, bei der mehr Windkraft-Vorranggebiete ausgewiesen werden und auf artenschutzfachliche Belange besser Rücksicht genommen wird. Bisher sind in dieser Region erst 2 Windräder in Glött und Wittesheim in Betrieb. „Der Bund Naturschutz begrüßt die Planungen eines Landwirtes und eines Elektrotechnikers in Langenreichen bei Meitingen das erste Windrad im Landkreis Augsburg zu errichten. Ob der Standort definitiv geeignet ist, muss allerdings erst eine artenschutzfachliche Prüfung ergeben“, so Paul Reisbacher, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Augsburg.
Stopp für weiteren Flächenverbrauch in Kissing und Dasing/Aichach
Der BN kritisiert zwei Projektplanungen im Landkreis Aichach-Friedberg, die einen weiteren unnötigen Flächenverbrauch bedeuten würden. Die B2 Umfahrung Kissing würde je nach Planungsvariante entweder die streng geschützten Lechheiden massiv beeinträchtigen oder die Lärmbelastung aus der Ortsdurchfahrt Kissing in Wohngebiete v.a. in St. Afra verlagern. „Wir halten Lärmschutzmaßnahmen an der bestehenden Ortsdurchfahrt deshalb für die ökonomisch und ökologisch sinnvollste Maßnahme, um die Verkehrsbelastungen für die Anwohner zu reduzieren“, so Helmut Schenke, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Aichach-Friedberg. Im Gegensatz zu den Straßenplanungen die mindestens noch 10 Jahre auf Ihre Realisierung warten lassen, sind Lärmschutzmaßnahmen kurzfristig umsetzbar. Der Flächenverbrauch für die Straßen-Planungen liegt bei mindestens 7ha. Durch die Planungen sind verschiedenste Schutzgebiete direkt durch Überbauung als auch indirekt durch Zerschneidung gefährdet. Der 15-Minuten Takt der Bahn zwischen Augsburg und Mering stellt eine äußerst attraktive Alternative zur Straße dar, der durch den Straßenbau wieder gefährdet wird.
Auf der Grünen Wiese an der B300 zwischen Dasing und Aichach planen die beiden Kommunen ein interkommunales Gewerbegebiet auf rund 26 ha bestem Ackerland ohne konkreten Bedarf. Dabei stehen im Landkreis Aichach-Friedberg laut dem bayerischen Gewerbeflächenauskunftspotal sisby noch rund 66 ha Bauland kurzfristig zur Bebauung zur Verfügung, für welche die Kommunen noch Investoren suchen. Das Anbindungsgebot des bayerischen Landesentwicklungsprogramms von Gewerbeflächen an bestehende Siedlungsflächen wird bei den Planungen verletzt. Die Planungen sind daher nicht genehmigungsfähig.
Der Flächenverbrauch im Landkreis Aichach-Friedberg ist weiterhin ungebremst hoch und lag in den letzten 9 Jahren über dem bayerischen Durchschnitt. Allein zwischen 2000 und 2009 wurden im Landkreis knapp 700ha Freifläche neu in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgenutzt. „Das Projekt ist aus Gründen des Boden- Hochwasser- und Klimaschutzes nicht vertretbar. Zudem zerstört es das Landschaftsbild“, so Stefan Kreppold, stellvertretender Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Aichach-Friedberg und Biolandwirt auch Aichach-Wilpersberg.
Der Biber lässt die Artenvielfalt explodieren
In Pöttmes fühlt sich der Biber wohl. Fünf Biberreviere zählt die Gemeinde. Wo der Biber haust explodiert geradezu die Artenvielfalt. Amphibien, Libellen, Fische und seltene Pflanzen fühlen sich hier wohl. Aber auch die Wohlfahrtsfunktionen für die Menschen sind enorm. „Biberlebensräume sind der beste ökologische Hochwasserschutz und auch weniger anfällig gegen Trockenzeiten – beides Ereignisse, die mit dem Klimawandel zunehmen werden. Deshalb muss dem Biber auch sein Platz zugestanden werden“, betont der BN-Vorsitzende Prof. Dr. Weiger angesichts der Bedenken, die es gegenüber zwei Biberrevieren in Pöttmes am Schorner Röstgraben und am Schindergraben gibt. Der BN versucht durch sein Bibermanagement Konflikte zu lösen. Am Schorner Röstgraben engagiert sich die BN-Kreisgruppe als Vermittler. „Es ist erforderlich, dass Landwirte Tauschangebote für gleichwertige oder auch bessere Flächen akzeptieren, die Ihnen von Gemeinde, Naturschutzbehörde, Donaumooszweckverband oder Kirche angeboten werden, wenn sie in zumutbarer Entfernung vom Hof liegen“, kommentiert Helmut Schenke, BN-Kreisvorsitzender die noch nicht abschließend geglückten Konfliktlösungsbemühungen . Ein erster Tausch für eine Teilfläche von ca.1 ha erfolgte aber bereits durch Vermittlung seitens des BN. In diesem sensiblen Bereich besitzt der Bund Naturschutz auch eigene Flächen und würde weitere Flächen aufkaufen, die mit Wiesennutzung ökologisch wertvoll entwickelt werden könnten, während die derzeit teilweise Ackernutzung auf anmoorigem Boden je nach Wetterlage so oder so mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Für Rückfragen:
Thomas Frey, BN-Regionalreferent für Schwaben Tel.: 089/548298-64 oder 0160-95501313 thomas.frey@bund-naturschutz.de
Helmut Schenke, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Aichach-Friedberg, Tel: 08253-363,
mail@bn-aic.de
Paul Reisbacher, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Augsburg, Tel: 0821-431595, BN_KG_Augsburg@augustakom.net