Bund Naturschutz fordert Konsequenzen aus dramatischen Ergebnissen jüngster Klimawandelstudien für Bayern
Angesichts erschreckender Ergebnisse neuer Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels in Bayern fordert der Bund Naturschutz eine Klima- und Hochwasserschutzverträglichkeitsprüfung für Gesetze, Programme, Pläne und Projekte. Vom Bund über den Freistaat Bayern bis zu den Kommunen sind Konsequenzen für alle Planungs- und Genehmigungsverfahren zu ziehen, um weitere volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe wie nach der Flutkatastrophe des Sommers zu vermeiden und um den Ausstoß von klimaverändernden Gasen zu verringern. Der Bund Naturschutz appelliert an die bayerische Staatsregierung, die klaren Aussagen von Umweltminister Werner Schnappauf beim Klimasymposium der Universität Bayreuth Anfang November angesichts des prognostizierten Rückgangs der Schneesicherheit und der Zunahme von problematischen Ozonkonzentrationen in Mittelgebirgen und den Alpen in politisches Handeln umzusetzen.
Bayern noch kein Vorbild beim Klimaschutz
Der Bund Naturschutz kritisiert, dass im Gegensatz zur Abnahme des Kohlendioxidausstoßes in Deutschland zwischen den Jahren 1990 und 1999 um etwa 15 Prozent gerade in Bayern mit dem zusätzlichen Ausstoß von 3,9 Millionen Tonnen in diesem Zeitraum eine Zunahme von vier Prozent zu verzeichnen ist. Damit ist Bayern weit von einer effektiven Klimaschutzpolitik und der Umsetzung der eigenen ambitionierten und vom Bund Naturschutz unterstützen Ziele entfernt.
Die Darstellung Bayerns als "Spitzenreiter" beim statistischen Kohledioxidausstoß pro Einwohner von sieben Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr im Vergleich der Bundesländer erklärt sich mit dem geringen Anteil an Schwerindustrie und der massiven Abhängigkeit Bayerns vom keineswegs klimaunschädlichem Atomstrom.
Die von der Universität Bayreuth bei einem Klimasymposium am 4. November vorgestellten Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels durch den Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um ein Prozent pro Jahr mit der Folge, dass Mittelgebirgsregionen wie das Fichtelgebirge in 50 bis 100 Jahren "keinen Winter mehr haben" und
aufgrund der zunehmenden Ozonbelastungen ihren Status als Kur- und Fremdenverkehrsregionen verlieren könnten, erfordern wirksame Gegenmaßnahmen.
Vordringlicher Handlungsbedarf im Energie- und Verkehrsbereich
Auf Landesebene ist derzeit kaum erkennbar, dass ressortübergreifend konsequenter Klimaschutz betrieben werden soll. Deutlich wird dies vor allem im Verkehrs- und Energie bereich. Neben der Ablehnung einer ökologischen Steuerreform, die nachweislich einen Beitrag zum Rückgang der Verkehrsleistung im Autoverkehr geleistet hat, setzt Bayern weiterhin auf den Neu- und Ausbau des Straßennetzes statt einer konsequenten Förderung der Bahn und des
öffentlichen Verkehrs. Allein für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hat die Staatsregierung 360 Straßenprojekte für 12,5 Milliarden Euro darunter den sechs- und achtstreifigen Ausbau des Autobahnnetzes und neue Autobahnen beispielsweise durch das Fichtelgebirge vorgeschlagen. Demgegenüber hat der für den Schienenbereich verantwortliche Wirtschaftsminister Otto Wiesheu nur 14 Schienenprojekte vorgeschlagen und blockiert zudem die Reaktivierung von Schienenstrecken und neue Stadt-Umland-Bahnen in Ballungsräumen
zugunsten von überflüssigen Prestigeprojekten wie dem Transrapid oder der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt. Das derzeit im Landtag diskutierte Landesentwicklungsprogramm, welches unter dem Schlagwort der "Nachhaltigen Entwicklung" fortgeschrieben werden soll. Enthält keine verbindlichen Zielwerte für die Absenkung der Kohlendioxidemissionen im Verkehrsbereich, der einen Anteil von 20 Prozent an am Ausstoß klimaverändernder
Gase in Bayern ausmacht.
Der Bund Naturschutz fordert daher eine klimaschutzverträgliche Mobilitätspolitik in Bayern.
Im Energiebereich werden von der bayerischen Staatsregierung die gesetzgeberische Rahmenbedingung zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes, wie z.B. das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und das Erneuerbare Energien Gesetz kritisiert und nicht mit eigenen Programmen unterstützt. Ebenso existiert keine ausreichende eigene Förderung
erneuerbarer Energien. Gerade als Agrarland muss Bayern nach Ansicht des Bund Naturschutz die Bioenergien, wie Holz- und Biogas engagierter als bisher ausbauen. Statt einer Anweisung des Freistaates öffentliche Gebäude für Mobilfunkantennen zur Verfügung zu stellen, sollten die Dachflächen für Sonnenstromanlagen genutzt werden.
Vorbeugender Klima- und Hochwasserschutz im Siedlungsbereich
Der Bund Naturschutz begrüßt die im Landesentwicklungsprogramm vorgesehene Pflicht zur Ausweisung von Hochwasserschutzflächen in den Regionalplänen, was einer langjährigen Forderung des Verbandes entspricht. Bayern ist jedoch bundesweit Spitzenreiter beim Flächenverbrauch. Täglich werden rund 50 Fussballfelder für Infrastruktur- und Siedlungszwecke beansprucht. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Baumaßnahmen wird in den
Talauen durchgeführt und führt damit zum Verlust von Hochwasserrückhaltegebieten. Der Bund Naturschutz fordert daher die Überprüfung aller kommunaler Flächennutzungspläne auf ihre Verträglichkeit mit dem Hochwasser- und Klimaschutz sowie den Stopp geplanter Flusskanalisierungen wie am Main und Straßenbauprojekten in Talauen.
Prof. Hubert Weiger
1.Vorsitzender
Richard Mergner
Landesbeauftragter