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Bund Naturschutz und Verein zum Schutz der Bergwelt kritisieren das „Umweltkonzept München 2018“:

Das „Konzept“ ist nur Design und viel heiße Luft

09.11.2009

„Nachhaltige und klimaneutrale Winterspiele“ so lautet die Zielsetzung der Olympia-Bewerbung „München + 2“. Ein zentraler Baustein hierfür wurde Anfang Oktober von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH vorgestellt: Das Eckpunktepapier zum „Umweltkonzept München 2018“. Es enthält drei Kernbereiche: Integrales Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement, 18 Umwelt-Leitprojekte und Bildung für Nachhaltigkeit.

"Diese Eckpunkte können unsere Zweifel an einer Natur schonenden,  nachhaltigen und klimaneutralen Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2018 nicht entkräften. Im Gegenteil: wir können weder ein wirkliches Konzept noch eine Verbindlichkeit erkennen.“ so der BN-Landesvorsitzende Hubert Weiger. Prof. Dr. Michael Suda, erster Vorsitzender des Vereins zum Schutz der Bergwelt ergänzt: „Das ist kein Konzept, sondern Design. Der Verein zum Schutz der Bergwelt hat nun beschlossen, sich - wie auch der BN und Mountain Wilderness - aus der Fachkommission Umwelt der Olympia-Bewerbung zurückzuziehen.“

Bereits im Mai hatte der BN seine Gründe für die Ablehnung der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele „München +2“ bekannt gegeben.
Schöne Worte, wenig Inhalte, keine Verbindlichkeit – so die Kurzbewertung der Verbände.

Kernbereich 1: Integrales Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement
Durch integrales Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement sollen „Umwelt- und Naturschutzbelange bei allen Planungen und Vorhaben der olympischen Spiele berücksichtigt“ werden. „Unverbindlicher geht es wohl nicht.“ so der BN. Abgesehen davon, dass eine solche allgemeine Berücksichtigung sowieso bereits genügend Gesetze vorgeben, haben solche Aussagen in der konkreten Realität schnell keinerlei Wert mehr. „Das wissen wir aus der Realität der Ski-WM-Bewerbung 2011 Garmisch-Partenkirchen und aus den Erfahrungen von Olympia-Bewerbungen Salzburgs und weltweit bereits jetzt.“ Sogar bestehende Genehmigungsbescheide können durch die massiven Einwirkungsmöglichkeiten des IOC zur Makulatur werden

Kernbereich 2: 18-Umweltleitprojekte
Das gilt im Grundsatz auch für viele der 18 Umwelt-Leitprojekte. „Viele dieser 18 Leitprojekte sind vor allem heiße Luft“ kritisiert Axel Doering, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen und Sprecher des BN Arbeitskreises Alpen. „Es enthält Punkte, deren Realisierung die Bewerbungsgesellschaft überhaupt nicht sicherstellen kann: Beispielsweise entscheidet über die Realisierung eines Biosphärenreservates die Bevölkerung und die IUCN, oder über eine „Grüne Flotte München“ wohl ausschließlich der Sponsor.“ Die Abgrenzung des Biosphärenreservats ist zudem so gewählt, dass es weitgehend im bereits geschützten hochalpinen Raum liegen würde.

Auch die Leitprojekte zur angeblichen Klimaneutralität wie der Bau der Olympischen Dörfer als Plusenergiehäuser oder die energetische Sanierung der Hotels und der olympischen Sportstätten von 1972 zur Reduktion der CO2-Emissionen um 30-40% können der BN nicht überzeugen: „Was dort aufgeführt wird, sollte angesichts der staatlichen Klimaschutzziele und den nötigen drastischen Energieeinspar-Maßnahmen 2018 sowieso Standard sein.“ Auch die angebliche Klimakompensation der internationalen Verkehre, die weltweit erfolgen soll, wird vom BN angezweifelt: „Unabhängig davon, dass wir zum Klimaschutz dringend den Flugverkehr reduzieren statt kompensieren müssten, bleibt auch die Finanzierung dieser Projekte völlig offen,  da sie offenbar über einen Fonds der Ausrichter der Spiele und deren Partner finanziert werden sollen – und wenn die kein Geld dafür übrig haben?“  Wie es weiterhin konkret erreicht werden soll, dass für eine „Überkompensation unvermeidbarer CO2-Emissionen“ eine Stiftung „zusätzliche Emissionsminderungen“ fördert, bleibt völlig im unklaren und offenbar von der Akquise von Spenden abhängig. Der Begriff Überkompensation ändert zudem nichts an der Tatsache, dass die zu kompensierenden CO2-Emissionen durch die Olympischen Spiele überhaupt erst entstehen und damit keineswegs „überkompensiert“ werden können. „Dass alle Emissionen der Spiele kompensiert werden könnten, ist aus unserer Sicht völlig unrealistisch.“ so der BN.

Ebenso das Projekt „Kreislaufwirtschaft München 2018“: „Soll es etwa ein Fortschritt sein, wenn das bayerische Abfallwirtschaftsgesetz eingehalten wird?“ so Doering.

Am Ziel „Zuschauermobiliät – Vorfahrt für den öffentlichen Verkehr, Erhöhung des Anteils der mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisenden Zuschauer auf über 50%“ hat der BN massive Zweifel: „Warum werden dann Straßenbauten im Ausmaß von mehr als 500.000.000 € geplant?“

Einige Punkte hält der BN sogar für kontraproduktiv, z.B. das Projekt „Ökologische Sportregion bayerische Alpen“. „Es ist bezeichnend für die Denkweise der Olympia-Befürworter, dass sie die Alpen vorrangig als Kulisse für Sport sehen. Doering dazu: „Hier spürt man bereits die zusätzlichen neuen Erschließungen.“ Für eine wirklich nachhaltige Tourismusentwicklung wäre dieses Image nach Ansicht des BN fatal. Der BN zitiert renommierte Tourismusforscher wie Prof. Dr. Bausch von der Hochschule München, der die großen Chancen des Alpenraumes nicht im Sport, sondern in der Erholungs- und Gesundheitsregion Alpen sieht. Die Überbetonung des Sport-Images geht voll an den zentralen Wünschen der Urlauber nach Erholung, Ruhe und Gesundheit vorbei.
Ebenso kritisiert der BN daher das Projekt „Schnee bewegt – Projekte zur Förderung von (Schnee)Sportaktivitäten von Kindern, Jugendlichen und Familien“ – „absolut kontraproduktiv und ignorant in Zeiten des Klimawandels.“ so der BN.

Völlig fehlen alle Bezüge zur Alpenkonvention,

Geradezu katastrophal sind die Beschlussvorschläge die in den betroffenen Gemeinde- und Stadträten in den nächsten Tagen zur Verabschiedung anstehen. München und die Gemeinden geben damit einen Blankoscheck an das IOC, welcher die rechtliche Verbindlichkeit der Umweltvorschläge weiter entwertet.

Bezeichnend ist zudem, dass die Alpenkonvention, ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag, in diesem Papier überhaupt nicht erwähnt wird, obwohl BN und der Umweltdachverband CIPRA die Einbeziehung bereits in einem sehr frühen Stadium angemahnt haben. Das beleuchtet die Ernsthaftigkeit auf Vorschläge der Umweltverbände in der Bewerbung einzugehen.

Nach Ansicht des BN müsste ein Eckpunktepapier zum Umweltkonzept völlig andere Inhalte haben. „Hier müsste aufgezählt werden, wie die Eingriffe in Natur und Landschaft vermieden oder ausgeglichen werden, wie viele Speicherseen und Schneekanonen mit welchem Energieaufwand eingesetzt werden, welche Auswirkungen die massiven Infrastrukturmaßnahmen auf Mensch, Umwelt aber auch Landwirtschaft haben und vieles mehr. Davon ist jedoch keine Rede“, so Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München und Landesvorstandsmitglied. „Hier in München trägt die Stadt eine immense Mitverantwortung für all das, was in den Alpen für die Spiele passiert bzw. zerstört wird, kümmert sich jedoch überhaupt nicht darum und geht nicht auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort ein. Deshalb wird der BN ein Rats- oder Bürgerbegehren in allen betroffenen Kommunen unterstützen. Denn das ganze Konzept ist wie dieses Eckpunktepapier vage und vor allem intransparent, eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung, wofür Unmengen von Steuergeldern eingesetzt werden müssen und welche Folgen dies haben wird, geschieht nicht.“

Fazit:

Entgegen den Behauptungen könnten die Skiwettkämpfe also weder ökologisch noch nachhaltig durchgeführt werden. Das „Umweltkonzept“ wird nicht verhindern, dass der sensible Alpenraum ohne große Rücksicht auf Ökologie und Nachhaltigkeit zur Sportkulisse umfunktioniert würde, sollte „München +2“ den Zuschlag für eine vorwiegend kommerziellen Interessen dienende Veranstaltung erhalten.  

Für Rückfragen:

BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen, Vorsitzender Axel Doering
BN-Kreisgruppe München, Vorsitzender und Landesvorstandsmitglied Christian Hierneis
BN-Fachabteilung München, Leiterin, Dr. Christine Margraf, Tel.: 089-54829889