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Bund Naturschutz zieht „enttäuschende 100-Tages-Umweltbilanz“ der neuen bayerischen Staatsregierung

Seehofer und Söder setzen keine neuen Akzente für ein zukunftsfähiges Bayern

03.02.2009

Als „enttäuschend, rückwärtsgewandt und mutlos“ bewertet der Bund Naturschutz die Umweltbilanz der neuen bayerischen Staatsregierung nach ihren ersten hundert Tagen im Amt. „Die Wirtschaftskrise ist nicht nur eine gewaltige Herausforderung sondern auch eine Chance, Klimaschutz und Arbeitsplatzsicherung durch verstärkten Natur- und Umweltschutz miteinander zu verknüpfen. Unter Ministerpräsident Horst Seehofer und Umweltminister Markus Söder fehlt aber der erforderliche Neuanfang für Bayern“, so BN-Landesvorsitzender Hubert Weiger. 

 

Statt der vom Bund Naturschutz erhofften innovativen, ökologischen Wirtschafts- und Umweltpolitik würden CSU und FDP in ihrem aktuellen Regierungshandeln kurzfristigen Konzern- und Lobbyinteressen Vorrang vor dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und Zukunft sichernder Arbeitsplätze geben. Belege hierfür seien ihr Einsatz für die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, die Subventionierung der verfehlten Modellpolitik der bayerischen Autoindustrie sowie die Blockade eines von allen übrigen Bundesländern unterstützten Umweltgesetzbuches. Das Festhalten an den falschen Weichenstellungen verschärfe dagegen die Krise. „Nur beim Streit um den Ausbau der frei fließenden Donau sehen wir einen Silberstreif am Horizont, nachdem Umweltminister Söder auch aufgrund der Position der FDP von der bisherigen „Betonlinie“ abgerückt ist“, so Weiger. Der größte bayerische Natur- und Umweltverband werde daher sein Engagement an den umweltpolitischen Brennpunkten Bayerns gerade vor den Europawahlen verstärken. Der Einsatz für ein gentechnikfreies Bayern, für konkrete Klimaschutzaktionen und der Widerstand gegen unsinnige Prestigeprojekte vom Flughafen- bis zum Autobahnbau stünden dabei im Vordergrund.

 

Im Koalitionsvertrag hätten sich CSU und FDP zur Erhaltung einer „gesunden Umwelt als wichtigem Teil der hohen Lebensqualität Bayerns“ und zu einer am „Prinzip der Nachhaltigkeit“ orientierten Politik verpflichtet. In der Praxis sei davon bis auf Ausnahmen im Bereich der Umweltbildung und Bemühungen zum Erhalt der Artenvielfalt durch eine eigene Biodiversitätsstrategie bislang wenig zu spüren. Für Fehlinvestitionen sollen Milliarden Euro ausgegeben werden, für die Sanierung von Mooren, die kostenlos vor Hochwasser schützen gebe es nur wenige Millionen. „Der Bund Naturschutz hat der Staatregierung wie den Regierungsfraktionen konkrete Vorschläge für eine moderne Umweltpolitik vorgelegt, die bisher kaum Eingang in das Regierungshandeln gefunden haben“, so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner.

 

 

BN zieht 100 Tages-Umweltbilanz in fünf Politikbereichen

 

Energie- und Klimaschutzpolitik

Das Festhalten an der Atomenergie und die Unterstützung des Baus von neuen Kohlekraftwerken im Nachbarland Hessen (Staudinger) konterkariert die Bemühungen mit einer Energieeffizienzrevolution und dem umweltgerechten Ausbau der erneuerbaren Energien die beschlossenen Klimaschutzziele zu erreichen. Trotz guter Ansätze bei der energetischen Gebäudesanierung gibt es kein ehrgeiziges Energiesparprogramm der Staatregierung. Stattdessen unterstützt die bayerische Landesbank mit Billigstkrediten den Bau eines Atomkraftwerkes in Finnland. Die klimaschädlichen Wirkungen der bayerischen Verkehrspolitik zur Förderung des Straßen- und Flugverkehrs werden schlichtweg geleugnet.

 

Gentechnikfreiheit

Entgegen der Ankündigungen in seiner Zeit als Bundeslandwirtschaftminister gibt es von Ministerpräsident Horst Seehofer keine konkreten Aktivitäten, um Bayern im Jahr 2009 zur gentechnikfreien Region zu machen. Die Anmeldung von 69 Hektar Genmais in Unterfranken hat bislang zu keinerlei öffentlichem Aktivitäten von Umweltminister Markus Söder oder Landwirtschaftminister Hartmut Brunner geführt. Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat bisher trotz massiven Bürgerprotestes keine Position zum Schutz von Verbrauchern und Bauern vor der Genmanipulation bezogen.

 

Naturschutzrecht

Mit der Blockade des Umweltgesetzbuches, das die Zersplitterung des bundesdeutschen Umweltrechtes beseitigen und einen Umweltdumping-Wettbewerb der Bundesländer verhindern sollte, haben Seehofer und Söder die Missachtung der Umwelt- und  Bürgerrechte auf die Spitze getrieben. Wie am Beispiel der Autobahnplanung A 94 im Isental zu sehen, sind betroffene Bauern und Heimatliebhaber schon jetzt nahezu schutzlos gegenüber Eingriffsplanungen. Schon jetzt kann die bayerische Naturschutzverwaltung wegen Personalmangels die bestehenden Gesetze nicht vollziehen. Schon geplante zusätzliche Stellen an den Landratsämtern wurden aufgrund des Landesbankdesasters wieder gestrichen.

 

Agrarpolitik

„Milchbauern brauchen Nebenjobs“, so die Aussage von Landwirtschaftminister Brunner bei einer Regionalkonferenz vor zwei Monaten in Passau. Die Zusagen von Ministerpräsident Seehofer, sich bei seinen Länderkollegen und in Brüssel für einen besseren Milchpreis und eine Mengensteuerung einzusetzen, waren wirkungslos. Die Chancen für eine EU-Agrarreform, die bäuerliche Familienbetriebe stärken und Subventionen für die Agrarindustrie eindämmen sollte, wurden von Seehofer aus Rücksicht auf die Interessen von Großbetrieben und Agrobusiness nicht genutzt. Neue Initiativen für den ökologischen Landbau stehen trotz großer Nachfrage der Verbraucher immer noch aus.

 

Flächenschutz, Verkehrspolitik und Schutz der Donau

Die neue bayerische Staatsregierung hat den Flächenverbrauch laut Minister Söder als „zentrales Umweltproblem“ erkannt. Geht es jedoch um neue Straßenbauprojekte wie z.B. die Nordanbindung des Nürnberger Flughafens durch den Reichswald, über 1000 Hektar Flächenverbrauch für die Erweiterung des Flughafens München oder 150 Hektar für einen geplanten Freizeitpark im Dennenloher Forst bei Ansbach werden diese Projekte massiv von der Staatskanzlei unterstützt. Einziger Lichtblick ist bislang der Verzicht auf die geplante Fichtelgebirgsautobahn. Ein vorsichtiges Abrücken von der geplanten Kanalisierung der Donau ist bislang nur bei Wirtschaftsminister Martin Zeil und Umweltminister Markus Söder zu erkennen. Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich hierzu noch nicht positioniert. 

 

Für Rückfragen:

BN-Landesbeauftragter Richard Mergner, 0911-8187825 oder 0171-6394370