Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz zieht „Grüne Bilanz“ 2010 für Oberbayern und stellt Brennpunkte für 2011 vor

Das zurückliegende Jahr 2010 bilanziert der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) für den Regierungsbezirk als sehr zwiespältig:

„Auf der einen Seite stellen wir gerade in Oberbayern ein zunehmendes Bürger-Engagement für Heimat und Natur sowie einen zunehmenden Bürger-Widerstand gegen die Großangriffe auf Oberbayerns reiche Natur fest. Andererseits aber werden gerade in der Wachstumsregion Oberbayern der Schutz der Natur und intelligente Lösungen in politischen und behördlichen Entscheidungen noch viel zu oft auf dem Altar des Wachstumsglaubens geopfert.“ bilanziert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN.

14.01.2011

Symptomatisch für den BN ist die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts für den Bau der A94 zwischen Pastetten und Dorfen im Isental: „Eine Sauerei, aber juristisch einwandfrei.“ zitiert der BN Gerhart Polt. Das Gericht habe die Trasse zwar als vertretbar bezeichnet, die Staatsregierung könne aber immer noch mit einer besseren Alternative die Zerstörung des Isentals stoppen. Der BN wird daher im Jahr 2011 verstärkt auf politischer Ebene für eine intelligente Flächennutzung und Mobilitätsformen werben und sich gegen weitere Betonorgien in Bayern wie den geplanten Bau der 3. Start- und Landebahn am Münchner Flughafen wehren.

Zu den
Großangriffen auf Oberbayerns Natur und Heimat zählt der BN folgende Planungen:

  • A94 im Isental:
    2010:  Abweisung der Klage des BN und anderer gegen den Abschnitt „Pastetten-Dorfen“ im Isental durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
    2011: Ungebrochener Widerstand in der Bevölkerung, Einfordern einer politischen Entscheidung für die „Alternativtrasse Haag“ auf der B12.
  • 3. Start- und Landebahn am Flughafen München:
    2010: ergänzendes Planfeststellungsverfahren, wieder 24.808 Einwendungen, Regierung von Oberbayern erklärt Verzicht auf weitere Erörterungstermine
    2011: falls der Planfeststellungsbeschluss von der Regierung von Oberbayern erlassen wird und die 3. Bahn genehmigt werden würde: Klage des BN und zahlreicher weiterer Kommunen und Privatpersonen. Politische Aktionen.
  • Ausbau der A8 östlich von Rosenheim bis zur Landesgrenze:
    2010: BN übergibt Verkehrsminister Ramsauer Unterschriften und fordert statt des Maximalausbaus mit 6 Fahrstreifen und 2 Standspuren die in einem BN-Gutachten aufgezeigte maßvolle Lösung nur mit Standspuren, Tempolimit und optimalem Lärmschutz (4+2). Abschluss des Planungsdialoges auf Landkreisebene Ende November, eine gleichwertige Diskussion war aufgrund der Zusammensetzung der Arbeitsgruppen jedoch nicht möglich.
    2011: Weiterhin Forderung nach einer detaillierten Untersuchung der Auswirkungen und Kosten einer 4+2-Variante.
  • Ausbau der Garmischer Skigebiete für die SkiWM 2011 und die weiteren Ausbau-Planungen für die Olympia-Bewerbung 2018:
    2010: immer breitere Kreise unterstützen den Widerstand gegen die Bewerbung, viele Landwirte wollen ihre Flächen nicht zur Verfügung stellen, der BN kritisiert das Umweltkonzept als nichtssagenden Papiertiger.
    2011: BN wird die Defizite der Bewebungsunterlagen im Detail öffentlichen machen und den öffentlichen Widerstand stärken.
  • zahlreiche Ortumgehungen mitten durch naturbelassene Freiräume und Naherholungsgebiete (z.B. Südwesttangente und Nordostumgehung Schrobenhausen durch das Paartal, Ortsumfahrung Wessling (2011: Gerichtsverfahren), Westumfahrung Freising durch das Freisinger Moos (2011: Problematik der Finanzierung), B388-Umfahrung Erding, Westumfahrung Burghausen B20, Ortsumfahrung Grafing, Südwestumfahrung Olching) oder verfehlte Planungen im ÖPNV (z.B. 2. Stammstrecke München: 2011: Durchführung der Erörterungstermine)
  • zahlreiche Gewerbegebietsplanungen oder andere geplante Naturverluste. Nicht einmal Grünzüge (z.B. Planung Gewerbegebiet in Langenpreising an der Autobahnausfahrt, Lkr. ED) oder Landschaftsschutzgebiete (z.B. Planung eines riesigen, X-förmigen Event- und Einkaufscenters „Aventura Kiefersfelden“ im südlichen Inntal im Bereich des Autobahnanschlusses Kiefersfelden in der freien Landschaft, oder Verkleinerung eines LSG für die Planung Gewerbegebiet Kreuzstraße bei Gmund/ MB bzw. für die Planung eines Gewerbegebietes Dietersheim bei Eching/FS) sind dabei tabu. Sogar in europäischen Schutzgebieten Natura 2000 soll großflächig gebaut werden (z.B. BMW-Fahrerzentrum mit weiteren Einrichtungen im FFH-Gebiet ehemaliger Flughafen Maisach). Für wenige Tage dauernde Sportevents soll wertvolle Kulturlandschaft geopfert werden (Ausbau des Golfplatzes Gut Rohrenfeld für den RyderCup 2018). Für die Intensivierung der Nutzung sollen weitere Almen mit Wegen weiter erschlossen werden (z.B. geplante Verlängerung Moosenalmweg, Lkr. TÖL).


Der BN kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Ende Dezember vom Ministerrat beschlossene Zulassung von Supermärkten mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m² auch in allen nichtzentralen Gemeinden im ländlichen Raum. Bisher waren solche Ausnahmen auf 800 m² begrenzt. Mit dieser Aufweichung sind massive Folgeschäden vorprogrammiert, wie steigender Flächenverbrauch an den Ortsrändern, zunehmender Autoverkehr, Gefährdung kleinerer Einzelhandelsgeschäfte und die Verödung der Ortskerne. „Wir haben gegen diese Lockerung der Verwaltungspraxis aufs Schärfste protestiert und die Korrektur des Beschlusses gefordert“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN.


Zu den Erfolgen des Jahres 2010 zählt der BN in Oberbayern beispielsweise:

  • Ein vorläufiger politischer Verzicht auf die A99 Süd im Süden von München durch Bannwälder und das Isar- und Würmtal
  • Ablehnung des Gewerbegebietes Karlsfeld (Lkr. DAH) im einem regionalen Grünzug durch einen Bürgerentscheid.
  • Ablehnung einer geplanten Therme mit Erholungszentrum bei Eching und Unterschließheim (Lkrs. FS, M) durch einen Bürgerentscheid.
  • Eine weitere Bebauung im Ingolstädter Grüngürtel wurde durch einen Bürgerentscheid gestoppt.
  • Fortschritt der Salzach-Renaturierung, für die sich der BN und sie Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach seit Jahrzehnten eingesetzt haben
  • Fortschritte bei der Renaturierung der Ammer: Ein großer Erfolg der „Ammer-Allianz“ ist der fischdurchgängige Umbau einer ersten Rampe statt der geplanten Errichtung eines Wasserkraftwerkes.
  • Die vorerst nur auf 2 Jahre befristete Verlängerung für den Betrieb des Leitzach-Pumpspeicherwerkes, Gründung einer „Mangfall-Allianz“.
  • sowie natürlich die zahlreichen erfolgreichen Natur- und Artenschutzprojekte, Aktionen für eine nachhaltige Energieversorgung und Gentechnikfreiheit oder die vielfältigen Bildungsveranstaltungen der oberbayerischen BN-Gruppen


Entsprechend zwiespältig ist auch die Bilanz des BN zum Internationalen Jahr der Biodiversität 2010: In Oberbayern wurden zwar einige Biodiversitäts-Projekte gestartet, darunter auch einige mit Beteiligung des BN, so z.B. das Biodiversitätsprojekt „Bernrieder Park“ oder zahlreiche Flächenankäufe und Renaturierungen in Mooren. „Doch solange weiterhin unverändert in großem Maßstab Naturzerstörung genehmigt und legalisiert wird, muss jede Biodiversitätsstrategie zum Scheitern verurteilt sein.“ bilanziert Dr. Christine Margraf, BN-Artenschutzreferentin Südbayern.


Die UNO hat nun 2011-2020 zur Dekade der Biodiversität erklärt. Der BN wird daher weiterhin auf allen Ebenen Möglichkeiten für einen tatsächlichen Schutz aufzeigen und einfordern. Viele BN-Gruppen haben 2010 mit öffentlichen Veranstaltungen, Broschüren, Exkursionen oder Ausstellungen auf den Wert und die Gefährdung der Biodiversität vor der Haustür hingewiesen. Beispielsweise hat die BN-Ortsgruppe Oberhaching die Broschüre „Biodiversität in Oberhaching“ oder die BN-Ökostation Wartaweil die Ausstellung über Nachtfalter „Vielfalt im Dunkeln“ erstellt. Die BN-Kreisgruppe Altötting hat ein hervorragendes internet-Angebot mit zahlreichen Ausflügen zu Natur und Kultur im Landkreis aufgebaut. Sehr erfolgreich war 2010 auch der Beitrag des BN zur Landesgartenschau in Rosenheim. Am BN-Pavillon an der Mangfall wurde zu den Themen „Lebensraum Auwald“ und „Biber“ ein umfangreiches umweltpädagogisches Programm mit direkter Naturerfahrung angeboten, das bei den Besuchern große  Resonanz fand. Ein Publikumsmagnet waren auch die zwei Biber im artgerechten Freigehege.
„Es ist hinreichend über nötige Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität bekannt – nötig ist der politische Wille für entsprechende Maßnahmen und Anreize und die Umsetzung auf allen politischen Ebenen.“ so der BN.

Der BN kritisiert auch „vertane Chancen“ in der Naturschutzpolitik:

  • Novellierung Bayerisches Naturschutzgesetz (wird in Kürze wohl endgültig verabschiedet werden): der geplante Verzicht auf das im Bundesgesetz vorgesehene Verbot des Grünlandumbruchs in Überschwemmungsgebieten und anderen sensiblen Gebieten ist ein Kniefall vor dem Bauernverband.
  • Novellierung Bayerisches Wassergesetz (2010 abgeschlossen): der Verzicht auf die im Bundesgesetz vorgegebene verbindliche Festlegung von Gewässerrandstreifen lässt die weitere Eutrophierung von Gewässern und Trinkwasser zu, Chancen für den Biotopverbund gerade im gewässerreichen Oberbayern werden vertan.
  • Hochwasserschutz: nach wie vor wird gerade in Oberbayern stark auf technische Hochwasserschutz-Maßnahmen gesetzt: z.B. wurde 2010 ein Deich an der Isar nördlich München nicht wie ursprünglich geplant zurückverlegt, sondern saniert, es wurde das Planfeststellungsverfahren für den Polder Riedensheim eingeleitet statt ein Gesamtkonzept für den natürlichen Wasserrückhalt an der Donau durch Deichrückverlegungen zu erstellen.


Gestärkt ins Jahr 2011:

Die Mitgliederzahl des BN ist in Oberbayern im vergangenen Jahr von 58.197 Mitgliedern auf  58.966 Mitglieder gestiegen. Der BN mit seinen 20 Kreisgruppen und 174 Ortsgruppen Oberbayerns geht gestärkt ins Jahr 2011 und wird weiterhin mit breiten Allianzen und vielfältigen Ideen zum Erhalt der Lebensqualität in Oberbayern beitragen.

Für 2011 wird der BN daher weiter auf breite Bündnisse zum Schutz der Natur setzen: „Immer mehr Bürger erkennen, dass Naturschutz nicht nur die Heimat und Lebensqualität bewahrt, sondern gleichzeitig auch Geld spart und Menschen- und Klimaschutz ist.“ so Mergner. „Natur ist wahrer Reichtum – das gilt gerade für Oberbayern.“


Für Rückfragen:

Dr. Christine Margraf, Leiterin Fachabteilung München, 089/548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de

Kurt Schmid, Regionalreferent, 089/548298-88, kurt.schmid@bund-naturschutz.de