Carl Wenglein - ein Naturschutzpionier in Franken
Der in Nürnberg geborene, später in Schwabach tätige Nadelfabrikant Carl Wenglein war Begründer des Weltbundes der Natur- und Vogelfreunde und hat mit seiner Sammlung den Grundstein für die in Europa einzigartige Vogeleiersammlung gelegt, die jetzt im Schwabacher Stadtmuseum zu besichtigen ist und demnächst durch andere Abteilungen erweitert werden wird.
Mit dem von ihm geschaffenen und im Eigentum des Bundes Naturschutz befindlichen „Wengleinpark“ in Eschenbach besteht noch heute eine Einrichtung, die über Jahrzehnte Ausflugs- und Wanderziel v.a. der Nürnberger Bevölkerung war und noch heute vom Bund Naturschutz für umweltpädagogische Zwecke genutzt wird. Das mittelfränkische Naturschutzzentrum des Bundes Naturschutz in Hersbruck trägt deshalb auch den Namen „Naturschutzzentrum Wengleinpark“.
Der Initiative der Kreisgruppe Schwabach und der finanziellen Förderung insbesondere durch den Bezirk Mittelfranken ist es zu verdanken, dass in den letzten drei Jahren ein Forschungsprojekt zur Naturschutzgeschichte in Deutschland unter dem Titel „Carl Wenglein und der Naturschutz in Deutschland in den Jahren 1920 - 1935“ durchgeführt werden konnte.
Drei Jahre lang hat sich der Naturwissenschaftler Dr. Johannes Mehl bemüht, das verstreute Erbe Carl Wengleins im Stadtmuseum Schwabach zusammenzuführen, zu sichten, auszuwerten und der Öffentlichkeit zu erschließen. Dazu wurden Unmengen alter Unterlagen und Quellen aus dem Wengleinschen Bestand, aber auch Akten aus Archiven und Privatbesitz ausgewertet.
Die Untersuchungen erfolgten in enger Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Schwabach, dem Stadtarchiv Schwabach, dem Staatsarchiv Nürnberg und zahlreicher anderer öffentlicher und privater Stellen. Auch Schwabacher Schulen wurden in das Projekt erfolgreich mit einbezogen. So wurden Oberstufenschüler bei Facharbeiten z.B. zur Vegetationsentwicklung in der Vogelschutzanalage Schwabach betreut.
Eine Arbeitsgruppe an der Wirtschaftsschule Schwabach erstellte eine preisgekrönte interaktive CD, in der Wengleins Leben und Werk von verschiedenen Seiten behandelt und illustriert wurde. Eine wichtige Grundlage für die Untersuchungen bildete die Inventarisierung der zusammengetragenen Quellen und Bestände im Stadtmuseum.
Die wichtigsten Ergebnisse der Forschungsarbeit, die für die Geschichte des Naturschutzes in Deutschland und darüber hinaus Bedeutung haben, wurden in einem von der Kreisgruppe Schwabach herausgegebenen Buch („Carl Wenglein, der Weltbund und Schwabach als Zentrum des Naturschutzes - Ein Beitrag zur Geschichte des Naturschutzes 1920-1935“) publiziert.
Neben dem enormen Einsatz durch die BN-Kreisgruppe Schwabach erfuhr das Projekt breite Unterstützung, auch finanzieller Art. Der Bezirk Mittelfranken förderte das Projekt mit Geldern der Mittelfranken-Stiftung „Natur-Kultur-Struktur“ über drei Jahre in Höhe. Weitere Zuschüsse gaben die Stadt Schwabach, die Kreissparkasse Roth-Schwabach, die Hermann-Gutmann-Stiftung Weißenburg, der Lions-Club Schwabach, der Geschichts- und Heimatverein Schwabach sowie der private Förderer Prof. Reinhold Schmitz-Scherzer, Schweiz. Der Bund Naturschutz bedankt sich dafür herzlich.
Der Schwabacher Industrielle Carl Wenglein (1882 - 1935) setzte in den Zwanziger und Dreißiger Jahren einen Großteil seines durch die Nadelproduktion erworbenen Vermögens erfolgreich für bahnbrechende Naturschutzprojekte ein, die bis zum heutigen Tag nachwirken.
Neben der Einrichtung von Naturschutzanlagen, von denen der Wengleinpark in Eschenbach bei Hersbruck sowie die Vogelschutzanlage in Schwabach noch erhalten sind und weiter vom Bund Naturschutz gepflegt werden, legte er ein erstes naturkundliches Museum in Schwabach an, dessen Bestand zur Keimzelle des heutigen Stadtmuseums Schwabach wurde.
Wegweisend waren die Aktionen des von Wenglein gegründeten Weltbunds der Natur- und Vogelfreunde, besonders in dem aus heutiger Sicht modernen Bestreben, eine einheitliche Naturschutzgesetzgebung für alle Länder Europas, ja der ganzen Welt zu schaffen. In diesem Sinne verhandelte der Weltbund sogar auf politisch brisanter Ebene, z.B. mit Mussolini in Italien.
Auf dem Gebiet des praktischen Naturschutzes leistete Wenglein bedeutende Beiträge besonders zum Vogelschutz. Mit der Errichtung von Naturschutzparks und dem geplanten Netz flächendeckender geschützter Rückzugsräume nach dem heute Trittstein-Konzept setzte Wenglein bereits bahnbrechende Ideen für den Naturschutz um, die heute unter dem Titel Natura 2000 im Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU wiederbelebt und umgesetzt werden.
Die Rolle Wengleins für die Entwicklung der Stadt Schwabach als einem bedeutenden Zentrum praktischen Naturschutzes ist unbestritten.
Unter www.carl-wenglein.de wurden soeben die Ergebnisse des Projektes „Carl Wenglein und der Naturschutz in Deutschland in den Jahren 1920 - 1935“, und die Aktivitäten verschiedener Arbeitsgruppen veröffentlicht.
Im Stadtmusuem Schwabach kann die umfassende Vogeleiersammlung Wengleins noch heute besichtigt werden. Zukünftig soll eine Neuaufstellung des ehemaligen Wengleinschen Naturmuseums als Museum im Museum umgesetzt werden.
Das ehemalige „Carl-Wenglein-Naturschutzgelände“ in Eschenbach wurde 1966 vom Bund Naturschutz mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen und Spenden erworben und wird von der Ortsgruppe Hersbrucker Land betreut und gepflegt. Seit der Gründung des Naturschutzzentrums Wengleinpark im Jahre 1987 erfüllt es wieder seinen ursprünglichen Zweck als Naturerfahrungsgelände. Mit finanzieller Unterstützung des Bezirks Mittelfranken wurde 1996 über den Park eine Broschüre „Natur erleben – natur verstehen“ herausgegeben. Im Rahmen des Wenglein-Projektes entstand ein virtueller Rundgang durch den Park, der in das Internet gestellt wurde. Im umweltpädagogischen Programm des Bundes Naturschutz in der Städteachse werden auch 2003 wieder Schulführungen und Exkursionen durch das Naturschutzzentrum Wengleinpark, Hersbruck, angeboten, die sich in der Vergangenheit großer Beliebtheit erfreuten.
Dem Bund Naturschutz und der Stadt Schwabach wird die Pflege des reichen Erbes Wengleins auch weiterhin Verpflichtung sein.
Der 90. Geburtstag des Bundes Naturschutz wird am 26. Juni mit einer Lindenpflanzung und am 28. Juni 2003 im Künstlerhaus am Lenbachplatz in München feierlich begangen.
Literatur:
Johannes Mehl (2001): Carl Wenglein, der Weltbund und Schwabach als Zentrum des Naturschutzes. Ein Beitrag zur Geschichte des Naturschutzes 1920-1935.- Hrsg.: Bund Naturschutz, Kreisgruppe Schwabach, 136 S., kt., illustr., 6,- €