Fischlers Agrarreformvorschläge: Chance für bäuerliche Betriebe nutzen
eine überfällige Kurskorrektur der bisherigen umwelt-, verbraucher- und bauernfeindlichen EU-Agrarpolitik durchzusetzen.
Allerdings sieht der Bund Naturschutz noch erheblichen Nachbesserungsbedarf, insbesondere um kleinbäuerliche Betriebe und die Grünlandwirtschaft besser zu stellen. Der BN fordert den Bayerischen Bauernverband auf, diese Position mit zu unterstützen, statt sich einseitig auf die Seite der bisherigen Profiteure dieser Agrarpolitik, der Großbetriebe, vor allem in Ostdeutschland, und der großen Ackerbaubetriebe zu stellen.
Der Bayerische Bauernverband (BBV) hat bislang nur kritisch und ablehnend auf die Agrarreformvorschläge von EU-Agrarkommissar Fischler reagiert und will glauben machen, sie seien für die Gefährdung der bäuerlichen Existenzen verantwortlich. Der BN hält diese Argumentation für mehr als fadenscheinig, da die bisherige agrarpolitische Weichenstellung zum massiven Strukturwandel und der Aufgabe bäuerlicher Betriebe geführt haben. Die Reformvorschläge Fischlers bieten nach Auffassung des BN eher Anlass zur Hoffnung, den Strukturwandel zu verlangsamen und kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben eine längerfristige Perspektive zu geben. Der BN erhofft sich dadurch auch positive Auswirkungen auf die Umwelt.
Fischlers Reformpläne - wo liegen die Chancen - was ist zu verbessern
1. Obergrenzen für die Prämienzahlungen und Umschichtungen der Marktausgleichszahlungen zu Gunsten von Umwelt- und Regionalförderung (Modulation)
Fischler schlägt vor, einen jährlich um 3% steigenden Betrag der Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe (bis zum Maximum 20% im Jahr 2010) für die sog. 2. Säule der EU-Agrarförderung, die Förderung der ländlichen Entwicklung, umzuwidmen. Ausgenommen davon sollen ein Freibetrag von 5.000 Euro für die ersten beiden Vollzeitarbeitskräfte eines Betriebes und 3.000 Euro für alle weiteren Vollzeitarbeitskräfte sein.
Eine Obergrenze von 300.000 Euro pro Betrieb, zu der die Freibeträge noch hinzugerechnet werden sollen, soll eingeführt werden.
Der Bund Naturschutz begrüßt die Einführung einer Obergrenze, da Großbetriebe kostengünstiger produzieren können.
Auch in der Umwidmung von Direktzahlungen sieht der BN den richtigen Ansatz: Mit diesen Geldern können weitere Umweltprogramme für die Landwirte finanziert werden, beziehungsweise gezielt Vermarktungs- und Verarbeitungsstrukturen für Erzeugnisse aus besonders artgerechter Tierhaltung aufgebaut werden, was zu einer längerfristigen Einkommenssicherung führen könnte.
Der BN fordert, dass die umgewidmeten Gelder in den Regionen bleiben und nicht auf einen europäischen Verschiebebahnhof geleitet werden.
Auch setzt sich der BN für höhere Freigrenzen pro Arbeitskraft ein, um kleinbäuerliche Betrieb besserzustellen.
2. Bindung der Zahlungen an besondere Leistungen im Bereich Umwelt und Tierschutz (cross compliance)
Fischler schlägt vor, die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe künftig an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Umweltschutz, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit zu binden. Wer die Vorschriften nicht einhält, muss mit Abzügen rechnen.
Der BN begrüßt diese Weichenstellung, da hierdurch einem wichtigen gesellschaftliche Anliegen Rechnung getragen wird und gleichzeitig die EU Agrarunterstützung im Rahmen der WTO Verhandlungen über Umweltstandards gesichert werden kann. Der Bund Naturschutz fordert schon seit Jahren ökologische Mindeststandards für die landwirtschaftliche Produktion, wie z.B. eine flächengebundene Tierhaltung, verbesserte Tierhaltungsvorschriften vor allem in den Bereichen der Geflügel- und Schweinemast sowie den Ausschluss von Genmanipulationen an Pflanze und Tieren.
3. Entkoppelung der bisherigen Direktzahlungen von der Produktionsmenge
Statt einzelner Flächen- und Tierprämien, die bisher in Abhängigkeit von der Fläche für einzelne Kulturarten, wie z.B. Getreide oder Ölfrüchte und pro Tier für bestimmte Tierarten, z.B. Bullen vergeben wurden, sollen die Zahlungen insgesamt auf die gesamte Nutzfläche eines Betriebes umgelegt werden.
Der BN hat diese neue Weichenstellung seit langem gefordert, um zu einer Entbürokratisierung der EU Agrarpolitik zu kommen, die Förderung nicht mehr alleine an der Größe der Betriebe auszurichten und umweltverträgliche Kulturen wie Grünland und Kleegrasanbau besser zu stellen. Der BN hat auch vorgeschlagen die Flächen von Hecken, Ackerrainen, Bäumen und weitere naturnahen Flächen am landwirtschaftlichen Betrieb in die Förderung einzubeziehen.
Fischlers Vorschläge müssen in diesem Bereich noch entscheidend nachgebessert werden. Fischler möchte nämlich die bisherigen Zahlungen an Betriebe in einem Referenzzeitraum als Grundlage für die Neuverteilung der Gelder nehmen. Damit würden jedoch die bisherigen Ungerechtigkeiten fortgeschrieben werden. Für Grünlandbetriebe muss es in jedem Fall Nachbesserungen geben.
Insgesamt sieht der Bund Naturschutz in den Vorschlägen der EU-Kommission einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der Sozial-, Umwelt- und Bauernverträglichkeit der europäischen Agrarpolitik und zur dauerhaften Sicherung von Direktzahlungen an die Landwirtschaft, auch im Rahmen des Welthandelsabkommens.
gez.
Hubert Weiger
1. Vorsitzender
Marion Ruppaner
BN-Agrarreferentin
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