Freiheit für Freilandgeflügel
Das von Minister Seehofer jetzt geplante Verbot der Freilandhaltung von Geflügel bis zum 15.August wird zu erhebliche Einbußen und Problemen für die Freilandhühnerhaltung in Deutschland führen. Denn für Eier aus Bodenhaltung erhalten die Hühnerhalter ca 1,5 Cent pro Ei weniger als für Freilandeier. Die Aufstallpflicht entspricht nicht den Bedürfnissen der Hühner, die nur im Freiland ihre artgerechten Verhaltensweisen optimal ausleben können "Seehofer darf sich nicht den Interessen der industriellen Käfighalter beugen, die von den Marktverlusten der artgerecht wirtschaftenden Freilandgeflügelhalter profitieren würden", so Hubert Weiger, BN Landesvorsitzender, der das sofortige Ende der Stallpflicht fordert.
Der BN hält die Expertise des Friedrich Löfflers Institiuts für nicht stichhaltig genug, um die Übertragung des Vogelgrippevirus von Wildvögeln auf Freilandgeflügel zu belegen. Stattdessen müssten endlich auch die Wege der Übertragung der Vogelgrippe über Geflügelkot- und Gülletransporte sowie über Handelswege für Geflüglel besser untersucht werden. Denn die Ausbreitungsmuster der Vogelgrippe in Russland und Afrika folgen nicht etwa den Vogelzugrouten, sondern den Handelsrouten.
Der Schutz der Tiere und Menschen vor Ansteckung ist das oberste Ziel auch des Bundes Naturschutz. Doch gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen ist die Freilandhaltung keinesfalls ein größeres Risiko. Zum Beispiel waren auf dem einzigen bisher betroffenen Nutzgeflügelhof in Sachsen die Tiere in einem geschlossenen Stall betroffen. Die Gänse desselben Betriebs, die aufgrund einer Ausnahmegenehmigung draußen liefen, waren nicht infiziert. Weitere 60 Betriebe in Sachsen halten mit Ausnahmegeniemigungen ihr Geflügel im Freien. Keiner dieser Tierbestände ist infiziert. Sondern es traf in Sachsen eine Tiergruppe in den angeblich so sicheren Ställen.
Statt eine generelle Stallpflicht bis 15. August zu verhängen, und Ausnahmeregelungen mit viel bürokratischem Aufwand zuzulassen, fordert der BN das sofortige Aussetzen der Stallpflicht, mit der Möglichkeit, regional begrenzte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, falls neue Fälle der Vogelgrippe auftreten.
Keine neuen Exportbeihilfen
Ohne die potentiellen Übertragungswege Geflügelkot und Transporte wissenschaftlich auf ihre Risiken zu überprüfen, will die EU nun auch noch als Hilfe für die europäische Geflügelwirtschaft die Exportbeihilfen für Geflügelfleisch aufstocken. So hat die EU Kommission jetzt 200 Millionen Sonderholfen bereit gestellt. Zur Gewährung dieser Sonderbeihilfen bedarf es nicht einmal mehr eines Tierseuchenausbruches in Nutztierbeständen. Schwerwiegende Marktstörungen würden künftig zur Ergreifung von Stützungsmaßnahmen ausreichen.
Dies kommt den industriellen Geflügelhaltern sehr entgegen, da der europäische Markt mit einem Selbstversorgungsgrad von 102 Prozent längst übersättigt ist. Die wachstumsorientierte Fleischindustrie sucht deshalb nach neuen Absatzmärkten. Schließlich sind die mit EU-Geldern errichteten Riesenschlachthöfe meist nur zu zwei Dritteln ausgelastet. Neue Absatzmärkte werden gerade im Zuge der Vogelgrippe geschaffen: Sowohl hierzulande als auch in den Ländern Asiens und in afrikanischen Ländern wird die Kleinstgeflügelhaltung zur Versorgung der Familie und Nachbarschaft stigmatisiert Schuld zu sein an der Übertragung der Vogelgrippe. In den betroffenen Regionen sind bereits ganze Landstriche ohne (private) Geflügelhaltung. In diese Lücke springen nun gefördert durch Exportsubventionen die europäischen Fleischkonzerne und bringen die kleineren Geflügelerzeuger in neue Abhängigkeiten.
Der Bund Naturschutz fordert deshalb von der Bundesregierung, aber auch von der EU-Kommission und der FAO außer den bisher verfolgten Übertragungswegen auch den Handel und besonders die internationalen Transporte von Zuchttieren, Bruteiern, Küken und Geflügelfleisch in die Risiko- Untersuchungen einzubeziehen, und die Beschlüsse über zusätzlichen Exportbeihilfen
Wieder zurückzunehmen.