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Fürther Wasser in Fürther Hand!

Privatisierungswelle beim Abwasser droht
Bündnis gegründet

28.01.2005

Die Gelsenwasser AG, ein Konzern der Wasser-, Abwasser- und Energiewirtschaft, bereitet derzeit die Teilprivatisierung der Fürther Abwasserentsorgung vor. Ihre Sprecherin Gunda Röstel bezeichnete kürzlich die geplante Übernahme von 49% der Fürther Stadtentwässerung als "Türöffner", um in Bayern mit der Privatisierung der Abwasserentsorgung voranzukommen. In diesem Zusammenhang steht möglicherweise auch eine geplante höhere Beteiligung des Energieriesen eon an den Fürther Stadtwerken (infra).

Nachdem sich bayerische Kommunen gegen eine Privatisierung ihrer kommunalen Aufgaben bislang erfolgreich stemmten, würde nun eine neue Runde in Fürth eröffnet, die bayernweite Bedeutung erlangen könnte.

Der Bund Naturschutz sieht in der geplanten Privatisierung eine Gefahr für die Allgemeinheit und die Abkehr von nachhaltig umweltgerechter Entwicklung. Zukünftig würde der "shareholder value" darüber bestimmen, welche Investitionen in z.B. umweltfreundlichere Abwasserverfahren möglich wären. Betriebswirtschaftlich kurzfristige Sichtweise würde eine auf Generationen angelegte, nachhaltige Abwasserentsorgung zunehmend ablösen. Die Zeche zahlen letztendlich die BürgerInnen mit ihren Gebühren - zu Gunsten des Konzernerlöses.

Am Mittwoch, dem 25. Januar trafen sich Vertreter Fürther Organisationen, um die Grundlage für ein breites Bündnis zu legen. Ziel dieses Bündnisses ist es, die Privatisierung der Stadtentwässerung, und die Veräußerung weiterer Anteile der infra zu verhindern. Bündnispartner sind attac, Bund Naturschutz, Müll und Umwelt, UFF (unabhängige Frauen Fürth) und ver.di.

Dafür gab es mehrere Anlässe:
Am 29. September vergangenen Jahres präsentierten Dr. Partheimüller, Geschäftsführer der infra Fürth GmbH, und Gunda Röstel, Managerin bei der Gelsenwasser AG, ihre Vorstellungen über eine Teilprivatisierung der Stadtentwässerung im Stadtrat. Geplant ist die Gründung einer "Abwasser Fürth GmbH", an der die Gelsenwasser AG mit 49 % in einem langfristigen Vertrag (20 - 30 Jahre) beteiligt werden soll. Die infra Fürth GmbH soll einen 51 % Anteil erhalten.

Vor kurzem wurde bekannt, dass zur Zeit Gespräche mit dem Ziel laufen, die bisherige Beteiligung der E.ON an der Fürther infra (19,9 %) aufzustocken. Dies würde bedeuten, dass der Einfluss Privater auf die infra steigt.

Überregionale Bedeutung

Bei der Vorstellung der Pläne für Fürth wurde von Frau Röstel offen erklärt, dass Gelsenwasser den Einstieg in die Fürther Stadtentwässerung auch als Sprungbrett in den bayerischen Abwassermarkt betrachtet, wo es bisher noch keine Stadt gibt, die das hier angestrebte Betreibermodell gewählt hat.

Die derzeitige Situation in Fürth

Die Stadtentwässerung wird bisher durch das Tiefbauamt der Stadt Fürth - Leiter ist Baureferent Joachim Krauße - betrieben.

Die E.ON ist bei den Aktivitäten der infra nur im profitablen Bereich "Versorgung" beteiligt (Strom, Gas, Wasser), nicht aber zum Beispiel am zuschussbedürftigen ÖPNV und Bäderbetrieb. Dies bedeutet, dass Gewinne aus dem Versorgungsbereich zu einem nicht unerheblichen Teil an die E.ON gehen und nicht mehr zur Deckung von Defiziten des ÖPNV zur Verfügung stehen.

Cross-Border-Leasing verhindert

Die finanzielle Situation der Stadt hatte bereits in der Vergangenheit zu
Überlegungen geführt, die Stadtentwässerung im Rahmen eines Cross-Border-Leasings zu Geld zu machen. Skepsis bei einigen Stadträten und der Widerstand von Umweltverbänden und auch von der Bayerischen Staatsregierung haben diesen Deal jedoch verhindert.

Zwei Modelle für die Stadtentwässerung

Betreibermodell: Die Stadtentwässerung wird aus dem Tiefbauamt ausgegliedert. Von einer eigens zu gründenden "Abwasser Fürth GmbH" gehen 51% an die infra, 49% erhält die Gelsenwasser.

(Behauptete) Vorteile: die Verringerung der städtischen Schulden, Stärkung des Querverbunds und Sicherung von kommunalen Aufgaben wie ÖPNV, Referenz für den Abwassermarkt Bayern und Wettbewerbsvorsprung vor zukünftigen kommunalen Wettbewerbern.

Zwar wird behauptet, dass die städtischen Interessen durch die 51 %ige Beteiligung der infra gewahrt bleiben, diese Behauptung ist jedoch sehr in Frage zu stellen. Selbst ohne Aufstockung der E.ON-Beteiligung an der infra schwindet der städt. Einfluss, da der Anteil der Gelsenwasser weit über die Sperrminorität hinausgeht. Zudem hat die Abwasser GmbH während der langen Vertragslaufzeit keine Konkurrenz zu fürchten, sie erhält ein Monopol.

Verschwiegen wurde, dass die Stadt nach Ablauf des Vertrags die Stadtentwässerung zurückkaufen müsste, wenn dieser sensible Bereich der Daseinsvorsorge nicht weiter privaten Interessen ausgeliefert bleiben soll. Die Abwasser GmbH hätte jedoch dann - wegen der vertraglich vorgeschriebenen Investitionen - beträchtlich an Wert gewonnen. Es ist unrealistisch zu glauben, dass die Stadt bis dahin über das nötige Kapital verfügt, um die Vermögenswerte zurückzukaufen,

Kommunalmodell: Dieses Modell vertritt der Baureferent Joachim Krauße.
Die Stadtentwässerung bleibt - umgewandelt zu einem Eigenbetrieb oder zu einem Kommunalunternehmen - zu 100 % im Eigentum der Stadt Fürth. Schulden und Vermögen werden auf das Kommunalmodell übertragen, dadurch ist ein Haushaltsausgleich für 2005 und evtl. für weitere Haushaltsjahre gesichert. Die Gebühren bleiben weiterhin transparent. Die Höhe der Gebühren werden auch zukünftig nachvollziehbar bleiben. Gewinnstreben, wie bei einer Privatisierung ist nicht möglich. Der bisherige hohe Standard der Stadtentwässerung wird nicht privaten Interessen untergeordnet. Qualifizierte Arbeitsplätze im öffentlichen Betrieb bleiben erhalten.

Fazit

Über die Gebühren werden von den Bürgerinnen und Bürgern die Gewinne des privaten Betreibers mitfinanziert und das für einen Monopolbetrieb.

Erfahrungen in anderen Städten haben gezeigt, dass die Privatisierung sensibler Bereiche der Daseinsvorsorge nicht selten zu einer drastischen Verschlechterung und Verteuerung der Dienstleistungen geführt hat.

Weiteres Vorgehen

Gespräche mit den politischen Entscheidungsträgern mit dem Ziel, ein Kommunalmodell zu erhalten und die Aufstockung des privaten Anteils an der infra zu verhindern.

Die Bürgerinnen und Bürger durch Veranstaltungen und Informationen wach zu rütteln.