Grundsatz "Wald vor Wild" gefährdet!
Der Grundsatz "Wald vor Wild" ist in Bayern nach Meinung der neu gegründeten Interessensgemeinschaft "Wald, Wild und Naturschutz" massiv gefährdet. Verschiedene Verbände und Organisationen von Waldbauern, Waldnutzern und Naturschützern haben mit der Interessensgemeinschaft "Wald, Wild und Naturschutz" ein bayernweites Bündnis für den Wald geschmiedet, um den egoistischen Interessen der Hobbyjäger entgegenzutreten. Aktuelle Entwicklungen belegen, dass die Jagdlobby auf verschiedenen Wegen versucht, den bewährten Grundsatz "Wald vor Wild" von Herrn Ministerpräsident Edmund Stoiber auszuhebeln. Die zentrale Forderung der Interessensgemeinschaft lautet deshalb, dass nur soviel Wild vorhanden sein darf wie Wald und Natur vertragen.
In der Regierungserklärung vom 29.10.1998 betonte Ministerpräsident Edmund Stoiber: "Unser Ziel ist es, nach dem Grundsatz "Wald vor Wild" im Zuge der Waldverjüngung arten- und strukturreiche Wälder mit standortsgemäßen Baumarten aufzubauen". Leider mehren sich seit einiger Zeit die Angriffe auf Waldbesitzer, Forstbeamte und Jäger, die im Sinne dieser Regierungserklärung die Jagd ausüben. Es wird sogar versucht, jagdliche Interessen über die Rechte der Waldbesitzer zu stellen.
So ist es der Jagdlobby unter Führung des Präsidenten des Landesjagdverbandes und CSU-Landtagsabgeordneten Jürgen Vocke mit Hilfe des ressortfremden Wirtschaftsministers Otto Wiesheu gelungen, weitgehenden Einfluss auf die Waldbewirtschaftung und Jagdausübung im Staatswald der Freisinger Isarauen zu nehmen. Dahinter steckt nur ein Ziel: hohe Wildbestände für das private Jagdvergnügen zu züchten! Dieser Vorgang kommt einer Bankrotterklärung gültigen Rechts gleich und geht auf Kosten der vielfältigen Gemeinwohlfunktionen des Waldes. "Da dieser Fall vom Bayerischen Landesjagdverband als richtungsweisend für ganz Bayern betrachtet wird, befürchten die Mitglieder der Interessensgemeinschaft "Wald, Wild und Naturschutz" ein Übergreifen derartiger gesetzeswidriger Zustände auf andere Waldgebiete", so Josef Steiner, 1. Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Oberbayern. Damit seien auch private Wälder und landwirtschaftliche Nutzflächen betroffen.
Aus Sorge um die Entwicklung des Waldes in Bayern fordert die Interessensgemeinschaft die konsequente Einhaltung folgender Grundsätze:
* Wald vor Wild: Aufbau von gemischten Wäldern ohne Schutzmaßnahmen.
* Eigentum vor Jagdlobby: Rechte des einzelnen Waldbesitzers haben Vorrang vor jagdlichen Interessen.
* Souveränität des Waldbesitzers: über die Bewirtschaftung seines Waldes entscheidet im Rahmen der Gesetze allein der Eigentümer.
* Souveränität des Jägers: über die Anwendung der gesetzlich zugelassenen Jagdarten und -methoden entscheidet in seinem Revier allein der Jagdausübungsberechtigte.
* Abschusshöhe nach Verbissbelastung: das Forstliche Vegetationsgutachten bleibt wesentliche Grundlage für die Abschussfestsetzung.
All diesen Grundsätzen widerspricht das sogenannte "Freisinger Protokoll" in dem auf massiven Druck der Jagdlobby der Grundsatz Wald vor Wild und die gesetzlich verbriefte Souveränität des Staatlichen Forstamtes als Wald- und Eigenjagdbesitzer massiv verletzt wird. "Wir können es uns als Waldbesitzer nicht bieten lassen, dass uns hier von Hobbyjägern die grundgesetzlich zugesicherte Freiheit des Eigentums so massiv eingeschränkt wird", so Michael Lechner, 1. Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Holzkirchen. Waldverträgliche Wildbestände seien die entscheidende Vorraussetzung für naturnahe Wälder.
Dies wurde am Beispiel der Wälder in der Jagdgenossenschaft Hausham im Landkreis Miesbach gezeigt, die im Rahmen der Pressefahrt besucht wurden. Die Waldbesitzer üben die Jagd in ihren Wäldern selbst aus und leisten Vorbildliches in Waldbau und Jagd. "Nachdem hier früher eine geregelte Waldwirtschaft nicht möglich war, weil ein betuchter Jagdpächter zu hohe Wildbestände züchtete, nahmen wir Waldbesitzer das jagdliche Ruder selbst in die Hand", so der Waldbauer Josef Holzer, Vorstandsmitglied der Jagdgenossenschaft. Seitdem haben sich die Verhältnisse gebessert, und alle Baumarten des Bergmischwaldes, vor allem die Tannen und die Buchen, können hier wieder ohne Zaunschutz aufwachsen. "Diese erfolgreiche Art der Jagdausübung ist auch aus Sicht des Naturschutzes sehr zu begrüßen, weil wir dadurch zu naturnäheren und artenreicheren Wäldern kommen", so Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent des Bundes Naturschutz. So ist es auch eine wichtige Forderung der Interessensgemeinschaft "Wald, Wild und Naturschutz", dass das "Freisinger Protokoll" mit all seinen rechtswidrigen und einschränkenden "Ergebnissen" sofort wieder außer Kraft gesetzt wird, um weiteren Schaden abzuwenden.
Für Rückfragen:
Josef Steiner
Forstwirtschaftliche Vereinigung Oberbayern
1. Vorsitzender, Tel.: 0170/9216853
Dr. Ralf Straußberger
Bund Naturschutz in Bayern
Waldreferent, Tel.: 0911/81878-22
Erläuterung:
Die Interessensgemeinschaft "Wald, Wild und Naturschutz" in Bayern ist ein Zusammenschluss von:
* Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft - Landesgruppe Bayern
* Bayerischer Städtetag - Forstausschuss
* Bund Deutscher Forstleute - Landesverband Bayern
* Bund Naturschutz in Bayern e.V.
* Forstwirtschaftliche Vereinigung Oberbayern
* Ökologischer Jagdverein Bayern
* Verband der Höheren Verwaltungsbeamten in Bayern e.V.
* Verband Weihenstephaner Forst-Ingenieure
Geschäftsführung:
c/o Bund Naturschutz
Landesfachgeschäftsstelle
Bauernfeindstraße 23
90471 Nürnberg
Tel. 0911/81 87 8-0
Fax 0911/86 95 68