Hochwasserschutz auf die lange Bank geschoben
Der Bund Naturschutz fordert Minister Wiesheu auf, das seit Monaten beantragte Raumordnungsverfahren zum Donauausbau ohne Staustufen nicht länger zu verschleppen und unverzüglich mit dem Ausbau des Hochwasserschutzes zu beginnen.
An der Donau zwischen Straubing und Vilshofen muss der Schutz vor Hochwasser dringend verbessert werden. Zur Zeit sind nur wenige größere Ortschaften ausreichend gegen ein Jahrhundert-Hochwasser gesichert, schon durch ein 20jährliches Ereignis würden große bebaute Flächen überflutet. Mit dem Bau der Staustufen bei Geisling und Straubing hat sich die Hochwassergefahr für die Donauanwohner unterhalb Straubings verschärft, wie der Bayerische Umweltminister Werner Schnappauf in einem Schreiben an den Präsidenten des Bayerischen Landtags bestätigt. "Dies alles ist seit vielen Jahren bekannt, trotzdem lässt die dringend nötige Verbesserung des Hochwasserschutzes auf sich warten. Die Sicherheit der Menschen der Ort wird den Interessen der Staulobby in Staatsregierung und Schifffahrtsbehörden geopfert.", so Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN).
Im August vergangenen Jahres schien es für den Hochwasserschutz der Anwohner voran zu gehen. Zwischen Bayern und Bund wurde vereinbart, das Hochwasserschutzkonzept für die Donau zwischen Straubing und Vilshofen an der Ausbauvariante A (Ausbau ohne Staustufen) zu orientieren und zügig umzusetzen, da dieses Konzept den umfassendsten Schutz für die Donauanlieger gewährleisten würde. Nachdem Bayern jetzt ein paralleles Raumordnungsverfahren für mehrere Staustufenvarianten durchführen will, dient der Hochwasserschutz zum Vorwand, das Raumordnungsverfahren für die Variante A weiter zu verschleppen - neue Unterlagen zu den Varianten und deren modifizierten Hochwasserschutzkonzepten sollen erstellt werden. Nach neuesten Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium werden die vollständigen Unterlagen, die im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd durch die Rhein-Main-Donau Aktiengesellschaft (RMD) ausgearbeitet werden, voraussichtlich erst Ende dieses Jahres vorliegen. Ab diesem Zeitpunkt wird das öffentliche Verfahren ein weiteres halbes Jahr in Anspruch nehmen. Erst dann könnte die dringend notwendige Verbesserung des Hochwasserschutzes im Planfeststellungsverfahren konkretisiert und wahrscheinlich erst 2006/2007 in Angriff genommen werden. "Auf Kosten der Steuerzahler und zu Lasten des raschen Hochwasserschutzes verlangt Staatsminister Wiesheu Raumordnungsverfahren auch für Staustufen-varianten. Mehr Verfahren brauchen mehr Zeit - Zeit, in der das Risiko, von einem Jahrhundert-hochwasser heimgesucht zu werden für die Bürger an der Donau immer größer wird", beklagt Dieter Scherf, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Deggendorf. Das Interesse und der Einfluss der Betonlobby machen sich auch im Regionalen Planungsverband bemerkbar. So hält der regionale Planungsausschuss die im Regionalplan anstehende Festlegung von Vorranggebieten für den Hochwasserschutz an der Donau für nicht möglich, so lange die Frage des Donauausbaus offen gehalten und das Raumordnungsverfahren für die beschlossene Ausbauvariante blockiert wird.
Dass nach vier Jahren vertieften Untersuchungen und zwei Jahre nach der Entscheidung des Bundestages die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren für die Ausbauvariante mit den geringsten Eingriffen in den Naturhaushalt (Variante A) immer noch nicht vollständig sind, lässt sich erklären: Zum Einen braucht die RMD für die Unterlagen der beantragten Variante A länger, weil gleichzeitig Unterlagen für zwei Staustufenvarianten bereitgestellt werden müssen. Zum Anderen hat die RMD größtes Eigeninteresse am Staustufenbau: Sie verdient nicht nur um so mehr, je mehr geplant, projektiert und gebaut wird, sie zieht auch den größten Gewinn aus der Staustufenkanalisierung, hat die zum e.on-Konzern gehörende Bayerische Wasserkraft AG doch das Recht, die Staustufen für die Stromgewinnung zu nutzen. Für die wirtschaftlichen Eigeninteressen der RMD mit ihrer starken Lobby in der Bayerischen Staatsregierung und in den zuständigen Bundesbehörden werden Kommunen und Bürger an der Donau erheblichen wirtschaftliche Risiken ausgesetzt.
Der Bund Naturschutz fordert die Bayerische Staatsregierung eindringlich auf, die Bundestagsentscheidung zum sanften Donauausbau endlich zu akzeptieren, die trickreichen Spielchen der Betonlobbyisten des Bayerischen Wirtschaftsministeriums nicht länger zu akzeptieren. Das Raumordnungsverfahren für den Donauausbau gemäß Variante A muss unverzüglich durchgeführt und zu Ende gebracht werden. "Selbst wenn sich Wiesheu durchsetzen würde, werden seine Staustufen vor dem europäischen Gerichtshof scheitern. Wir wären dann nach über einem Jahrzehnt unnötiger Untersuchungen wieder ganz am Anfang der Diskussion", so Weiger. Der Bund Naturschutz appelliert zudem an den Bayerischen Umweltminister Schnappauf, sich nicht an der Nase herum führen zu lassen, er muss sich im Kabinett gegen den Wirtschaftsminister Wiesheu durchsetzen und seiner Verantwortung für einen ausreichenden und zuverlässigen Hochwasserschutz an der Donau gerecht werden.