HOCHWASSERSCHUTZKONZEPT DER BUNDESREGIERUNG: BN FORDERT VORRANG FÜR NATÜRLICHEN HOCHWASSERSCHUTZ STATT KONZENTRATION AUF POLDER
München/ Berlin: Das heute von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vorgestellte Hochwasserschutzkonzept ist für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) der erste Schritt einer neuen Flusspolitik. „Effektiver Hochwasserschutz erfordert die Wiederherstellung und Sicherung der ökologischen Funktion von Bächen und Flüssen. Schlüsselaufgaben sind auch die Ausweisung neuer Überschwemmungsflächen und der Auenschutz. Das Hochwasserschutzkonzept der Bundesregierung war überfällig“, sagte der BUND- und BN-Vorsitzende Hubert Weiger. „Leider floss das Geld zur Hochwasservorsorge bisher vor allem in technische Maßnahmen wie Deichverstärkungen und -erhöhungen, den Bau von Rückhaltebecken und Uferbefestigungen. Dies kann ökologische Hochwasserschutzmaßnahmen wie zum Beispiel das Rückverlegen von Deichen nicht ersetzen“, so Weiger.
„Gerade für den ökologischen Hochwasserschutz in Bayern vergibt das Programm zentrale Chancen“ kritisiert Weiger insbesondere die bayerische Hochwasserschutzpolitik. „Für das Donaueinzugsgebiet sind zwar einige wichtige Deichrückverlegungen genannt, aber gerade bei der Donau liegt der Schwerpunkt auf technischem Hochwasserschutz durch Polder. Für die gesamte Donau oberhalb von Straubing werden nur Polder geplant, keine Deichrückverlegungen.“ Hintergrund ist das bayerische Hochwasserschutzprogramm 2020+, das der BN als zu einseitig und unzureichend kritisiert (siehe Anlage). In ganz Bayern sind seit 2001 erst 60 km Deichrückverlegungen erfolgt. Der BN sieht auch an der Donau in den nicht gestauten Bereichen noch erhebliche Potentiale für Deichrückverlegungen an der Donau. „Gerade Passau braucht Deichrückverlegungen“. Denn Hochwasser in Passau entsteht durch die Überlagerung des Inn-Hochwassers mit der Donau-Hochwasserwelle, die durch Begradigung und flussnahe Deiche in den letzten Jahrzehnten stark beschleunigt wurde. „Hochwasserschutz für Passau heißt also Verzögerung der Donau-Hochwasserwelle. Das erreichen nur Deichrückverlegungen, nicht aber Polder.“
Neue Auenflächen verbesserten nicht nur den Hochwasserschutz und den Wasserhaushalt in den Flusseinzugsgebieten. Sie dienten auch dem Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Profitieren würden auch der Tourismus und die Fischerei.
In den zurückliegenden 20 Jahren seien bundesweit jedoch erst ein Prozent der früheren Flussauen renaturiert worden, kritisierte Weiger. „Bundesregierung und Elbanrainer-Länder müssen endlich koordiniert handeln. Natur- und Hochwasserschutz ergänzen sich optimal, wenn möglichst viele neue Überschwemmungs- und Rückhalteflächen gesucht und ausgewiesen werden. Das bisher Geschehene reicht bei weitem nicht aus“, sagte der BUND-Vorsitzende.
Die Möglichkeiten für ökologische Hochwasserschutzmaßnahmen seien an den meisten Flüssen und Bächen in Deutschland bei weitem nicht ausgeschöpft, sagte Weiger. Allein an der Elbe ließen sich durch das Rückverlegen von Deichen an mindestens 15 Standorten rund 35.000 Hektar neuer Überschwemmungsflächen einrichten. „Seit dem Jahrhunderthochwasser von 2002 sind lediglich acht Rückdeichungsprojekte mit einer Fläche von rund 1300 ha begonnen worden. Dazu gehört auch das vom BUND an der Elbe bei Lenzen initiierte Projekt. Heute bietet der rückverlegte Deich dem Fluss 460 Hektar neue Überflutungsfläche. 2013 hat dieses Projekt in der Region eine Überschwemmungskatastrophe verhindert“, so der BUND-Vorsitzende.
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PM_FA_12_15 Anlage_2020plus_BN für Deichrückverlegungen.pdf