Klimawandel gefährdet Toteiskessel und Weiher
„Das regenreiche 2024 war ein gutes Jahr für die Gewässer“ stellt Tobias Mahr erleichtert fest. „Aber die Durststecke davor hat sie geschädigt“. Der Student der HSWT hat im Rahmen des Kleingewässer-Projektes des BUND Naturschutz seine Bachelorarbeit, betreut von Prof. Christoph Moning und Prof. Kristian Förster, geschrieben und dabei 71 Gewässer in den drei Landkreisen Mühldorf, Rosenheim und Traunstein untersucht. Darunter befanden sich zahlreiche Toteiskessel, also durch die Eiszeit entstandene Kleingewässer, aber auch künstlich angelegte Teiche und Weiher. Zu allen Gewässern lagen Daten aus dem Jahr 1988 vor, die damals von Andreas Zahn, Mitarbeiter im Artenschutzreferat des BUND Naturschutz, erfasst worden waren. 2024 wurden die Arbeiten vom Bayerischen Naturschutzfonds aus Mitteln der GlücksSpirale gefördert.
18% der Gewässer wurden zwischenzeitlich beseitigt, obwohl sie gesetzlich streng geschützt sind. Von den Verbliebenen zeigen 24% starke Verlandungstendenzen. Die Wassertiefe hat im Schnitt um rund 60% abgenommen. Ehemalige Dauergewässer trockenen nun immer öfter aus. Ein Drama für viele Tiere, wie etwa die Karausche. Dieser Kleinfisch besiedelt in einer genetisch besonderen Form die Toteiskessel im Untersuchungsgebiet.
Belegen konnte Tobias Mahr die Abnahme der mittleren Wassertiefe trotz der extremen Regenfälle im Frühjahr 2024, da überflutete und absterbende Landpflanzen zeigten, wie niedrig der Wasserstand in den letzten Jahren war. Bereits im August war das Wasser auch schon wieder deutlich zurückgegangen. Zur Austrocknung tragen auch die Bäume und Ufergehölze bei, die an vielen Gewässern stark gewachsen sind und die einen hohen Wasserverbrauch haben. Durch Gehölzwachstum am Ufer hat auch die Beschattung der Gewässerufer stark zugenommen; manche Gewässer sind inzwischen völlig beschattet. Dies schädigt Amphibien wie den seltenen Kleinen Wasserfrosch, der besonnte Ufer liebt. Der Rückgang dieser Art wurde vom BUND Naturschutz bereits 2023 belegt.
Oft war eine Abnahme der von Schwimmblatt- und Unterwasserpflanzen feststellbar. Dichtes Röhricht hat hingegen zugenommen. Beides ist schlecht für Amphibien und Libellen.
Insgesamt sind die Gewässer flacher, beschatteter und stärker zugewachsen als 1988, zum Nachteil für viele Arten. Intakte Kleingewässer spielen aber auch für den Wasserhaushalt eine wichtige Rolle. Sie füllen sich bei Starkregen und puffern so den Wasserabfluss. Zusammen mit den von Bibern angelegten Staubereichen an Bächen bilden sie zudem einen Wasserspeicher in Trockenperioden und somit feuchte Inseln in einer ausgedörrten Landschaft. Der BUND Naturschutz plädiert daher dafür, durch Bibertätigkeit entstandene Gewässer zu dulden und setzt sich für den Erhalt und die Sanierung aller geschädigten Kleingewässer ein. Der Naturschutzverband will die Daten aus der aktuellen Untersuchung den Naturschutzbehörden zur Verfügung stellen, damit vernichtete Gewässer neu angelegt und bei den übrigen Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Arbeiten wie eine Entschlammung oder die Teilentfernung von Gehölzen sind in vielen Fällen angezeigt. Allerdings dürften solche Aktionen für manche Kleingewässer wohl nur eine kurzfristige Entlastung bringen. Dazu Andreas Zahn: „Nur wenn wir es schaffen den Klimawandel aufzuhalten wird es uns gelingen die Vielzahl der Kleingewässer mit ihrer bunten Artenvielfalt zu erhalten“.