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Milchquotenhandel gefährdet bayerische Grünlandstandorte

Verschwinden die Kühe bald von der Weide?

09.05.2007

BN fordert Maßnahmen zur Sicherung der kleinstrukturierten Landwirtschaft – insbesondere Beweidung - in den bayerischen Grünlandregionen

 

Zum 1. Juli 07 wird der Milchquotenhandel anders als bisher nicht mehr auf die einzelnen bayerischen Regierungsbezirke beschränkt sein, sondern der Milchquotenhandel wird bundesweit innerhalb ganz Westdeutschlands und innerhalb Ostdeutschlands möglich sein.  Milchquote droht dann bundesweit von kleineren Strukturen in immer größer werdende Betriebe abzuwandern.

Zum 1. 1. 2015 läuft die Milchquotenregelung in der EU voraussichtlich ganz aus. Als Folge der Weltmarktorientierung der EU ist mit stärkeren Preisschwankungen im gesamten Milchmarkt zu rechnen, möglicherweise auch mit Preissenkungen, die für viele Bauernhöfe, Milchregionen und Molkereien existenzbedrohend werden können.

Der Bund Naturschutz fordert deshalb von der bayerischen Staatsregierung ein Sofortprogramm für den Erhalt der kleineren Betriebsstrukturen sowie  der Weidewirtschaft in den bayerischen Grünlandregionen, um das Landschaftsbild zu erhalten und damit Herzstücke der bayerischen Kulturlandschaft zu sichern.

 

Grünlandregionen sichern

In Bayern ist der Grünlandanteil in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen, seit 1980 von 1,37 Mio. ha um 220.000 ha auf 1,15 Mio. ha. Im Zuge der Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und gefördert durch das Subventionssystem der EU (Silomaisprämie) wurde Grünland für Maisanbau umgebrochen. Hanglagen und Talauen mit Maisanbau zählen zu den

erosionsanfälligsten Standorten.

Doch auch die Grünlandbewirtschaftung ist in den letzten Jahren immer stärker intensiviert worden. Statt blühender bunter Wiesen findet man häufig nur noch grüne Flächen („Grünland“), die mehr als 5 mal geschnitten werden, um eiweißreiches Futter zu erzeugen, wo Kräutern und Blumen aber keine Zeit mehr gelassen wird, um aufzublühen. Die Insektenwelt, die von den Blüten abhängt, ist damit zwangsläufig auch im Rückgang begriffen.

 

Generell ist Grünlandwirtschaft jedoch wesentlich umweltverträglicher als

Ackerbausysteme. Grünland schützt den Boden vor Abschwemmung durch Hochwasser, Erosion durch Starkniederschläge oder Wind. Unter Grünland kann sich der Humusanteil des Bodens erhöhen und damit  als CO 2 Speicher dem Klimaschutz dienen. Außerdem gelangen unter Grünland deutlich weniger Schadstoffe in das Grundwasser als unter Ackerstandorten, was z.B. Nitrat und Pestizide betrifft.

Grünlandregionen prägen entscheidend  das Landschaftsbild und sind in den Alpen- und Mittelgebirgsregionen, wenn Beweidung praktiziert wird, entscheidender Faktor für denTourismus. „Milcherzeugung auf der Basis von Weidehaltung hat durch die besonderen „Farbtupfer“ für den sanften Tourismus eine besondere landeskulturelle Bedeutung.“, so Hans Urbauer, Landwirt und Sprecher des Arbeitskreis Landwirtschaft des Bundes Naturschutz. Weidehaltung bietet gegenüber der intensiven Mehrschnittnutzung auch bessere   Lebensbedingungen für Vögel und Insekten.

 

Milch aus Weidewirtschaft mit gesundheitlichen Vorteilen für die Verbraucher

Die Art der Fütterung hat, wie mehrere Untersuchungen belegen, direkten Einfluss auf den gesundheitlichen Wert  derMilch für die Verbraucher.  Auf Grasbasis  ohne Silomais und ohne Kraftfutter erzeugte Milch hat auf Grund des deutlich höheren  Omega 3-fettsäurenanteils vorbeugende Wirkung  vor  Herz- Kreislauf- Erkrankungen.

 

Molkereistruktur und Arbeitsplätze

In den bayerischen Grünlandregionen in Oberbayern und dem Allgäu hat sich heute die Milcherzeugung konzentriert. Noch existieren dort viele mittelständische Molkereien, die sich mit innovativen Erzeugnissen am Markt behaupten. Weitere Milchverarbeitungsbetriebe haben mit  Spezialangeboten wie Direktvermarktung, Rohmilchkäserei mit Heuwirtschaft oder gentechnikfreie Fütterung erfolgreich eine Marktnische besetzen können. . Wandert die Milchquote in andere Regionen ab, oder geht sie an größere Betriebe, dann sind in der Folge auch diese Molkereien mit ihren Arbeitsplätzen bedroht.

Aus den extensiver bewirtschafteten  Mittelgebirgsregionen ist die Milcherzeugung bereits teilweise abgewandert.

 

Produktionskosten entscheidend

Ob Quote von kleinen Grünlandbetrieben  in Bayern in größere Betriebe auf Grünland oder in Ackerbaustandorte abwandert, wird sich an Hand der  Produktionskosten, der Vermarktungsmöglichkeiten  und der Förderpolitik entscheiden.

In größeren Betrieben sind die Produktionskosten pro Kuh geringer. Zwischen einem 80 Kuhbetrieb und einem 35 Kuh Betrieb liegen heute große Spannen, was die Kosten pro erzeugten Liter Milch betrifft. (zwischen 32 Cent und ca.46 Cent, nach IFCN Dairy research Center, zit. In DLG Mittelungen 5/2007, S.16)

Kleinere Betriebe benötigen lukrative Möglichkeiten der Einkommensdiversifizierung, um  künftig noch mithalten zu können. Sie sind jedoch eine besonders wichtige Säule für den ländlichen Raum und müssen aus gesamtgesellschaftlichen Erwägungen heraus gezielt erhalten werden.

 

BN Forderungen

 

Um die Milch in den bayerischen Grünlandregionen  zu halten  und die bäuerlichen  Betriebe vor dem Zwang des „Wachsens oder Weichens“ zu bewahren, fordert Hubert Weiger, der Landesvorsitzende des BN, von der bayerischen Staatsregierung ein Sofortprogramm  für  den Milchbereich, um die schon ab Juli verstärkt drohenden Entwicklungen aufzuhalten:

 

  1. Milcherzeugung in Grünlandgebieten benötigt im Rahmen der jetzigen Prämiensysteme besondere Unterstützung. Diese ist als  Entgelt für die landeskulturellen Leistungen der Grünlandwirtschaft  zu sehen,  jetzt und verstärkt, wenn es keine  Quote mehr geben sollte. Der BN fordert, dass diese Unterstützung nach Umweltleistung und Betriebsgröße gestaffelt wird.
  2. Im neuen bayerischen Kulturlandschaftsprogramm soll die Beweidungsprämie aufgenommen werden, so wie sie  in Entwürfen in 2006 schon vorgesehen war.
  3. Besonders extensive Grünlandnutzung, der eine erhöhte ökologische  Bedeutung als Lebensraum wertvoller Tier- und Pflanzenarten zukommt, muss  weiterhin über das Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramm gesondert honoriert werden. Vorgesehene Kürzungen durch  die Staatsregierung sind wieder zurückzunehmen.
  4. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium soll ein Modellprojekt bezüglich „Herz-Kreislauf – Gesundheitsmilch“ mit erhöhtem Omega 3-fettsäureanteil auf Basis reiner Grasfütterung starten, um die besondere gesundheitsfördernde Milch bekannt zu machen. Zu entwickeln ist ein Milchgeldabrechnungssystem, in dem der höhere Omega-3-Fettsäureanteil zusätzlich zum Fett- und Eiweißgehalt Eingang finden kann. Mit dieser besonders innovativen Maßnahme könnte Bayern mit der so erzeugten bayerischen Grünlandmilch sein Image aufbessern und sich am Markt in herausgehobener Weise profilieren.
  5. In der staatlichen Beratung und Ausbildung sowie Forschung und Entwicklung müssen  Beweidungssysteme mindestens genauso stark berücksichtigt werden, wie die bislang dominierenden Hochleistungsfütterungsstrategien auf  Mais- und Kraftfutterbasis. Ein besonderer Stellenwert  ist auch der gentechnikfreien Fütterung zu widmen.

 

Für Rückfragen:

 

Dipl. Ing. agr. Hans Urbauer, Biolandwirt, Sprecher des BN Arbeitskreises Landwirtschaft,
Tel. 08628- 634

 

Marion Ruppaner, BN Referentin für Landwirtschaft,
Tel. 0911/81 87 8-20 

 marion.ruppaner@bund-naturschutz.de