Neue Kennzeichnungsregelung für Gen-Food verbessert Transparenz
Ab dem 18. April treten zwei neue Regelungen für gentechnisch erzeugte Lebens- und Futtermittel in Kraft, die Verbrauchern und Bauern bessere Wahlmöglichkeit als bisher bieten. Die Verordnungen verpflichten alle Hersteller , die nach diesem Zeitpunkt hergestellten Lebens- und Futtermittel bei gentechnischer Kontamination über 0,9% Anteil mit einem Hinweis in der Zutatenliste oder auf der Speisekarte zu versehen.
Der BN fordert die Staatsregierung auf, ihre Pläne zur Unterstützung des Anbaus von gentechnisch verändertem Mais fallen zu lassen, da Auskreuzungspotenzial und Risiken des Genmaisanbaus bekannt sind und der Großteil der Verbraucher und Landwirte in Bayern keine Gentechnik auf dem Acker und im Futtertrog wollen. "Ein Erprobungsanbau in Bayern dient nur der rascheren Einführung dieser Risikotechnologie, und nutzt Konzernen, wie Monsanto, nicht aber dem Absatzmärkten der bayerischen Landwirte", so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz(BN). Da die Verbraucher genmanipulierte Lebensmittel im Regal meiden werden, haben auch führende Lebensmittelerzeuger sich für Qualitätssicherungssysteme zur Vermeidung gentechnischer Kontamination ausgesprochen. Dies darf vom bayerischen Landwirtschafts - und Umweltministerium nicht unterlaufen werden.
Was bringen die Neuregelungen?
Vorweg: Allen Lücken der Verordnungen zum Trotz - es sind die besten, die die EU je hatte . Das sehen auch die USA so. Deshalb drohen sie, ihre laufende WTO-Klage zu erweitern. Nicht allein das EU-Moratorium soll ihrer Meinung nach fallen, sondern auch das Rückverfolgbarkeitssystem soll wieder abgeschafft werden.
An die Stelle der Nachweisbarkeit gentechnischer Veränderung im Endprodukt , wie sie bislang die Grundlage der Kennzeichnung in der seit 1997 bis jetzt geltenden Novel food Verordnung war, tritt ein Rückverfolgbarkeitssystem. Es verpflichtet diejenigen, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) für die Lebensmittelerzeugung einsetzen, Ursprung und Verbleib der verwendeten Produkte über den gesamten Verarbeitungsprozess bzw. durch die Vertriebskette hindurch zu dokumentieren und eine Kennzeichnung auch dann vorzunehmen, wenn die GVO im Endprodukt nicht mehr nachweisbar sind.
Wie sieht die Kennzeichnung aus"
Die Kennzeichnung für Gentech-Produkte spielt sich im Kleingedruckten ab und fällt völlig unspektakulär aus: Für ab dem 18. April 2004 hergestellte Produkte findet sich auf der Zutatenliste für Lebens- und Futtermittel in normaler Schriftgröße der Zusatz "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem [Bezeichnung der Zutat] hergestellt". Möglich ist auch, dass diese Information in einer Fußnote erscheint. Für Restaurants und Kantinen ist eine Kennzeichnung auf der Karte bzw. an der Theke oder auf einem Aushang vorgesehen.
Welche Gentech-Produkte sind schon auf dem Markt?
Gentechnisch veränderte Pflanzen: Soja, Mais, Raps, Baumwolle. Sie werden mit Ausnahme von Spanien, wo auf ca. 30 000 Hektar gentechnisch veränderter Mais wächst, nicht in der EU angebaut, sondern aus den USA, Argentinien, Kanada und Brasilien importiert. Vitamine und Zusatzstoffe werden teilweise mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt.
Was ist nach den neuen Regeln kennzeichnungspflichtig"
Alles, was aus GVO hergestellt ist, GVO enthält oder GVO ist, ist kennzeichnungspflichtig.
Aus GVO hergestellt: Cornflakes aus GV-Mais; Brötchen mit GV-Sojamehl (beides schon seit 1997 kennzeichnungspflichtig, da GVO im Endprodukt nachweisbar; d.h. es ist nichts auf dem Markt).
Enthält GVO: es ist kein solches Produkt auf dem Markt; theoretisch das Weizenbier mit GV-Hefe, Joghurt mit GV-Milchsäurebakterien.
Ist GVO: es ist kein solches Produkt auf dem Markt; theoretisch z.B. der GV-Gemüsemais, die GV-Tomate etc.
(Eine Tabelle zur alten und neuen Kennzeichnungsregel für einzelne Produkte finden Sie im download)
Prognose
Am Montag, dem 19. April 2004 werden noch nicht viele gekennzeichnete Waren am Markt sein. Da nichts für eine plötzliche Akzeptanz der VerbraucherInnen für Genfood spricht, hat sich das Gros der Lebensmittelhersteller auf die neuen Regeln eingestellt. Vor allem im kritischen Bereich der pflanzlichen Öle und Fette, aber auch in Bezug auf Maisstärke sind die Firmen auf Lieferanten umgestiegen, die ihnen gentech-freie Ausgangsprodukte garantieren. Hier ist eine Reorganisation der Märkte bereits in vollem Gange, und es gut möglich, dass der Alptraum der Gentech-Industrie wahr wird und die weltweit steigenden Anbauzahlen für Gentech-Pflanzen wieder zurückgehen werden.
Forderungen
Der BN hat gemeinsam mit 30 anderen Verbänden und Organisationen im "Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft" eine Petition in den bayerischen Landtag eingebracht, die strenge konkrete Koexistenzregelungen für die Freisetzung gentechnischer veränderten Pflanzen einfordert.
Der Erprobungsanbau von gentechnisch verändertem Mais muss unterbleiben und darf keine staatliche Schützenhilfe erhalten. "Alle Argumente, den Erprobungsanbau aus praktischen und wissenschaftlichen Aspekten zu benötigen sind lediglich vorgeschobene Gründe. Sie bedeuten den Ausverkauf der regionalen heimischen Landwirtschaft , und dienen nicht den Interessen der bayerischen Landwirte und der Sicherung der gentechnikfreien Qualitätsproduktion im EU- Binnenmarkt", so Hubert Weiger.