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Renaturierung statt Kraftwerksbau am Augsburger Lech

E.ON-Planungen bedrohen bayerische Schutzgebiete

07.06.2010

Der Energiekonzern E.ON hat Ende 2009 eine Potenzialstudie Wasserkraft in Bayern vorgelegt. Darin sind zahlreiche Vorhaben in wertvollen Schutzgebieten aufgeführt. Das Vorhaben am Augsburger Lech liegt in einem nach deutschem Naturschutzrecht maximal geschützten Gebiet. Es ist Naturschutzgebiet und europäisches Flora-Fauna-Habitat-Gebiet. Die Naturschutzverbände befürchten, dass E.ON in Augsburg einen Präzedenzfall schaffen will, um auch die anderen Vorhaben durchsetzen zu können.
Ein Bündnis aus Stadt Augsburg und Naturschutzverbänden fordert die Firma E.ON Wasserkraft GmbH auf, den Antrag auf Genehmigung des Kraftwerkes im Naturschutzgebiet Augsburger Stadtwald zurückzuziehen. Vielmehr appellieren Stadt und Verbände an das bayerische Umweltministerium und die bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung, den Lech auf der letzten längeren freien Fließstrecke in Deutschland so weitgehend wie möglich zu renaturieren und die nötigen Mittel dafür bereit zu stellen.
„Ein renaturierter Lech wäre ein Gewinn für Mensch und Natur“ so der Umweltreferent der Stadt Augsburg Rainer Schaal. Das Projekt Wertach vital oder die Renaturierung der Isar in München haben gezeigt, dass die Aufweitung von Flüssen vielfache Vorteile mit sich bringt. Im internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt müssen wir die Verbesserung dieses großartigen und vielfältigen Lebensraumrestes von 10 km Länge am Augsburger Lech vorantreiben, zumal die Sicherung und Anhebung der Grundwasserstände durch eine Revitalisierung auch elementar für die Trinkwassergewinnung  in der Region Augsburg sei. Die Stadt Augsburg als politische Gemeinde hat sich deshalb auch in einer einstimmig angenommenen Resolution für eine Revitalisierung des Lechs und gegen einen Kraftwerksbau im Naturschutzgebiet ausgesprochen.


„Gerade in einem Naturschutzgebiet haben die Belange des Naturschutzes und der Gewässerökologie Vorrang vor der Erzeugung erneuerbarer Energien“ erklärt SebastianSchönauer, stellv. Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz.
 Der immer wieder geforderte Ausbau der Wasserkraft kann keinen bedeutenden zusätzlichen Beitrag zum Ausbau regenerativer Energiequellen in Bayern mehr leisten, da schon über 90% des Wasserkraftpotentials genutzt werden. Jede weitere Nutzung der noch freien  Kilometer unserer Flüsse würde eine Zerstörung der letzten naturnahen Gewässerlebensräume bedeuten. Die Naturschutzverbände in Bayern fordern dagegen endlich Maßnahmen zur Energieeinsparung anzugehen, dann in erster Linie  den Ausbau der Windenergie, der Sonnenenergie und vor allem Kraft-Wärme-Koppelung für dezentrale Kraftwerke. In diesen Bereichen schlummern noch riesige energetische Potentiale. Auch die Bundesregierung sieht in ihren Klimaschutzzielen  sehen keinen weiteren Ausbau der Wasserkraft mehr vor (siehe Grafik Leitstudie 2008 des Bundesumweltministeriums auf der folgenden Seite).  Steigerungen der Stromerzeugung sind durch technische Modernisierungsmaßnahmen an bestehenden Wasserkraftwerken möglich, die allerdings mit der Verwirklichung der gesetzlich geforderten Durchgängigkeit einhergehen müssen. Laut einer E.ON Studie übersteigt das Modernisierungspotential an bayerischen Kraftwerken mit 144 GWh/a die geplante Stromerzeugung am Augsburger Kraftwerk (28 GWh/a) um das fünffache. Der Bund Naturschutz in Bayern hat in seiner Augsburger - Windkraft - Erklärung erst kürzlich das Ziel von 85 Windrädern für die Planungsregion Augsburg bis 2020 ausgegeben. Die Erträge daraus würden mindestens die fünfzehnfache Strommenge des o.a. Wasserkraftwerkes erzeugen.
 
Der bayerische Lech zwischen dem Forggensee und der Staustufe 23 ist nach dem Totalausbau zu einer dichten Staustufenkette als Fließgewässer zerstört. Ein ähnlich verheerendes Bild bietet sich auch an den anderen bayerischen voralpinen Flüssen. Daher stehen über 90 % der strömungsliebenden Fischarten auf der Roten Liste Bayerns. Wasserkraftwerke haben immer schädliche Auswirkungen auf die im Fluss beheimateten Fische, auch wenn durch den Kraftwerksbau neue Fischwanderhilfen finanziert werden sollten. „Umgehungsgerinne wie von E.ON auch in Augsburg geplant, sind – wie der Name schon deutlich macht - immer nur „Krücken“, die keinesfalls ein natürliches Flussökosystem ausgleichen können“ erläutert Eberhard Roese, Präsident des Landesfischereiverbands Bayern. „Fischwanderhilfen an Kraftwerken ermöglichen in der Regel nur eine eingeschränkte Fischwanderung und auch nur stromaufwärts.“


„Wir brauchen dringend eine Renaturierung des Lechs um die wertvollen Lebensräume im Naturschutzgebiet auch für die Zukunft zu erhalten“ fordert Ludwig Sothmann, Landesvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz. Durch die ständige Eintiefung des Lechs gehen wertvolle wasserabhängige Biotope sukzessive verloren. Ein naturnahes Wasserregime ist wegen der Verbauungen nicht mehr vorhanden. Auf dem gesamten von E.ON genutzen Lechabschnitt zwischen Roßhaupten und Augsburg gingen Kies- und Sandbänke fast vollständig verloren, was zu einem Aussterben aller kiesbankbrütender Vogelarten wie Flussuferläufer, Flussregenpfeifer oder Wasseramsel in diesem Bereich führte. Wir begrüßen daher die angekündigte Studie des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth, welche die Renaturierungsmöglichkeiten in diesem Abschnitt prüfen will. Diese muss allerdings ergebnisoffen durchgeführt werden und darf nicht von den Interessen der Energiekonzerne beeinflusst werden.

Eine Studie zur Renaturierung des Lechs muss nach Ansicht der Lechallianz daher folgende Punkte prüfen:

  • Weitgehenden Anbindung der ehemaligen Lechauen an das Wasserregime des Lechs durch Rückversetzung der Dämme soweit aus Trinkwasserschutzgründen und anderen Restriktionen möglich.
  • Beseitigung der bestehenden 6 Querbauwerke unter Beachtung der Grundwassersituation im NSG Augsburger Stadtwald. Umbau in Raue Rampen.
  • Auflösung der Längsverbauungen und Aufweitung des Flussbettes. Somit hat der Fluss die Möglichkeit durch Seitenerosion fehlenden Kies einzubringen und eine Quervernetzung zur Aue und den Seitengewässern wieder herzustellen. Geschiebe-Umlagerungsstrecken können so entstehen.
  • Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur (z.B. Natürliches Abflussregime, …)

Die Stadt Augsburg und die in der Lechallianz zusammengeschlossenen Verbände sind sich einig, dass ein Wasserkraftwerk, welches per se immer mit dem Aufstau des Flusses und der Unterbrechung des Fluss-Kontinuums verbunden ist, nicht mit einer Renaturierung des Lechs vereinbar ist, da die Fließgewässerdynamik und die Durchgängigkeit grundlegender Bestandteil eines naturnahen Fluss-Aue-Ökosystems ist.

Für Rückfragen:

Ulrich Krafczyk, Sprecher der Lechallianz und Geschäftsführer des Fischereiverbandes Schwaben, Tel: 0821 / 51 56 59, info@lechallianz.de

Thomas Frey, Bund Naturschutz, Regionalreferent für Schwaben
Tel: 089-548298-64 oder 0160-95501313; thomas.frey@bund-naturschutz.de