Rettet das Pegnitztal zwischen Lauf und Hersbruck
Am 28. Juni 2001 wurde von der Regierung von Mittelfranken trotz jahrelanger massiver Proteste der Bevölkerung, der Umweltverbände, der „Bürgerinitiative zum Schutz des Pegnitztales“ aus Henfenfeld und der BI gegen die B 14 neu aus Ottensoos das Planfeststellungsverfahren für eine Bundesstraße B 14 neu durch das Pegnitztal eingeleitet. Zwischen dem 08.04. und dem 11.04.03 werden im Rahmen eines Erörterungstermines die Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger, der Gemeinden und Verbände unter Leitung der Regierung von Mittelfranken behandelt.
Der Bund Naturschutz hat zusammen mit den örtlichen Bürgerinitiativen immer wieder deutlich gemacht, dass diese Straßenbaumaßnahme ein hervorragendes Landschaftsbild zerstört und einen empfindlichen Tier- und Pflanzenlebensraum von europäischer Bedeutung beeinträchtigen würde. Die vorgeschlagene Trasse mitten durch das reizvolle Pegnitztal wird vom Bund Naturschutz und den Bürgerinitiativen strikt abgelehnt. Gemeinsam mit den Gemeinden Henfenfeld und Ottensoos kämpfen sie seit 1977 bislang erfolgreich gegen die Planung.
Diese sieht eine zweispurige Neubaustrecke zur weiträumigen Umfahrung von Reichenschwand vor. Von Lauf kommend soll sie ca. einen Kilometer vor dem Ort von der bisherigen Bundesstraße B 14 Richtung Süden ins Tal abzweigen und dieses auf fünfeinhalb Kilometern Länge diagonal queren. Östlich des bestehenden Abzweiges Henfenfeld soll sie wieder auf die bestehende B 14 treffen. Geplant sind acht Brücken, davon eine bis zu sechs Meter hohe Querung der Pegnitz nordöstlich Ottensoos mit 295 m lichter Weite, bis zu zehn Meter hohe Dämme im Tal und großzügige Anschlußknoten bei Reichenschwand und bei Henfenfeld. Zur Aufschüttung dieser Dämme ist inmitten des Tales Sandabbau (sog. „Seitenentnahme“ auf 4,3 ha) im Bereich des Waldes nordöstlich Ottensoos geplant. Insgesamt sollen für die Trasse fast sechs Hektar Wald gerodet werden. 8,7 ha sollen völlig neu versiegelt werden. Veranschlagt sind Kosten von ca. 20,7 Mio. €.
Nach der offiziellen Umweltverträglichkeitsstudie würden die Dammschüttungen zu einer Verringerung des Retentionsraumes und damit zur Verschärfung des Hochwasserrisikos im Unterlauf beitragen. BN und Bürgerinitiativen sind erstaunt, dass nach den Ankündigungen der Staatsregierung zur Verbesserung des Hochwasserschutzes nach den Jahrhunderthochwässern der letzten Jahre solch eine Planung überhaupt noch vorgelegt werden kann und fordern hier eine sofortige Überprüfung.
Eine Vielzahl schützenswerter Einzelbiotope wurden im landschaftspflegerischen Begleitplan aufgelistet. Durch Isolierung betroffen wäre z.B. der für seine Tiervorkommen bedeutsame
Auanger bei Reichenschwand, der seit mehr als 20 Jahren als Schutzgebiet geplant wird oder das Naturschutzgebiet „Feuchtgebiet und Sandmagerrasen bei Speikern“, besonders zerschnitten würde die Pegnitzaue. Der größte Teil des betroffenen Gebietes steht zu Recht unter Landschaftsschutz.
Der betroffene Landschaftsraum ist Teil des Gesamtlebensraumkomplexes Pegnitzaue, dem eine überregionale naturschutzfachliche Bedeutung zukommt. Der Bund Naturschutz hat deshalb das Pegnitztal bei Hersbruck schon 1999 wegen seiner schützenswerten Lebensräume und der Wiesenbrütervorkommen (z.B. Wachtelkönig, Bekassine, Kiebitz, Weißstorch) als Natura 2000-Gebiet nach der EU-Richtlinie von 1992 (Flora-Fauna-Habitat) vorgeschlagen. Viele BürgerInnen haben diesen Vorschlag im sog. Dialogverfahren ebenfalls eingereicht. Die Staatsregierung hat wegen des geplanten Straßenbaues eine Meldung ausgeschlossen und dabei gegen das EU-Recht verstoßen, das ausschließlich fachliche Kriterien zur Entscheidung, ob ein Gebiet schutzwürdig ist oder nicht, zuläßt. Bund Naturschutz und Bis kritisieren, dass hier trotz Alternativen nicht ausgleichbare Eingriffe in ein europarechtlich zu schützendes Gebiet vorgenommen werden sollen und fordern die Vorlage einer EU-Verträglichkeitsprüfung. Selbst der offizielle landschaftspflegerische Begleitplan bestätigt, daß die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht ausgeglichen werden können.
Seit Anbeginn der Proteste haben die KritikerInnen auf die besonders günstige Situation der Bahnverbindungen hingewiesen: In ganz Deutschland gibt es nur zwei Täler, die sowohl links als auch rechts eine Eisenbahnlinie besitzen, das Rheintal und das Pegnitztal. Hier besteht die Chance, durch Verbesserungen in der Bedienung (S-Bahntakt) und im Wagenmaterial sowie in der Güterverladung nennenswerte Verlagerungen des Verkehrs auf die Schiene zu erreichen und damit die Ortsdurchfahrt von Reichenschwand zu entlasten.
Der Ausbau der B 14 mit der Folge der Beschleunigung verstärkt allerdings den gegenläufigen Trend: Weg von der Bahn, hin zum PKW und LKW. Eine Fehlentwicklung, die nicht nur Landschaft kostet, sondern auch Bemühungen zur Energie-Einsparung und CO2-Minderung – Themen vieler Agenda-Prozesse auch im Nürnberger Land - ad absurdum führt.
Letztlich zahlen die in Ottensoos, Henfenfeld und weiter Richtung Nürnberg an der B 14 wohnenden BürgerInnen die Zeche, sie müssten zusätzlichen Lärm und Abgase ertragen. Hier fordern Bund Naturschutz und BI die Solidarität der Reichenschwander ein, von ihren Maximalforderungen abzurücken und – neben der Ertüchtigung der Bahn - kleinere Lösungen zu akzeptieren.
Die VertreterInnen des BN und der Bürgerinitiative sehen durchaus die Belastungen in Reichenschwand (20.000 KFZ in 24 Std.) und begrüßen Entlastungsmaßnahmen. Sie bemängeln aber, daß die sich aufdrängende Alternative, eine Tunnelung der B 14 im Bereich Reichenschwand (Trassenvariante 5 des Straßenbauamtes) lediglich aus Kostengründen nicht weitergeplant wird und fordern deshalb deren Realisierung. Bis dahin könnten entschleunigende Maßnahmen wie Pförtnerampeln den Verkehrsstrom durch Reichenschwand erträglicher machen.
Gerade in einem Gebiet, das sich als „Gesundheitsregion Hersbruck“ einen Namen machen will, müssen die Naherholungsräume und landschaftlichen Faustpfande wie das Pegnitztal vor Verlärmung und Zerschneidung bewahrt werden. Durch die Neubaumaßnahme würde ein weiterer, langer Abschnitt des Tales unattraktiv werden.
Für das geplante Projekt sollen nicht zuletzt 47 ha landwirtschaftlich genutztes Land beansprucht werden:
Bund Naturschutz und BIs appellieren deshalb an alle Landwirte mit Grundstücken im Pegnitztal westlich Hersbruck, diese weder für die geplante Trasse noch für sog. Ausgleichsmaßnahmen zu verkaufen.