"Rettet die Donau vor den Stau- und Kanal-Lobbyisten"
Mit seiner eindeutigen Positionierung zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen hat der Bayerische Umweltminister Marcel Huber eine breite Diskussion um das umstrittene Bauprojekt ausgelöst. Die in der Monitoring-Gruppe vertretenen Umweltorganisationen, die sich seit Jahren für die Erhaltung der einzigartigen Naturräume an der Donau in Niederbayern einsetzen, begrüßen es nachdrücklich, dass sich der Bayerische Umweltminister angesichts der drohenden ökologischen Folgen gegen den Bau einer Staustufe ausspricht. Die vier Verbände appellieren an Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU-Landtagsfraktion, endlich den Weg für Sofortmaßnahmen im Hochwasserschutz und den sanften, ökologisch optimierten Donauausbau freizumachen. Der Schutz der Donau sei ein zutiefst wertkonservatives Anliegen.
„Diese Positionierung von Umweltminister Huber ist keineswegs verfrüht, wie nun etliche Staustufenlobbyisten behaupten,“ betont Dieter Scherf, Mitglied des BN-Landesvorstands und ein Vertreter des Bundes Naturschutz in der Monitoring-Gruppe. „Die mittlerweile vorliegenden Zwischenergebnisse sprechen eindeutig für den Verzicht auf eine Staustufe aus ökonomischen und ökologischen Gründen. Zu einer anderen Bewertung kann man nur dann kommen, wenn man die Umweltwirkungen der Staustufe ignoriert oder falsch interpretiert. Wir hoffen, dass sich nach der Positionierung des Bayerischen Umweltministers auch die übrige CSU diesen Fakten nicht verschließen wird“, so Scherf weiter.
„Die bereits vorliegenden Untersuchungsergebnisse sind ausreichend und eindeutig – und sprechen für die Variante A.“
„Wir haben zwar noch nicht alle Detailinformationen, aber unsere Experten prüfen kontinuierlich die jeweils vorgelegten Zwischenberichte. Auch im Umweltministerium hat man offensichtlich die bisher vorliegenden Ergebnisse sorgfältig analysiert. Die Daten sind ausreichend und eindeutig - ein Umweltminister, der seine Aufgabe ernst nimmt, kann nicht anders Stellung nehmen, als es Staatsminister Dr. Marcel Huber getan hat“, so Scherf. „Betrachtet man zum Beispiel die Lebensraumflächen, für die von den Gutachtern Beeinträchtigungen prognostiziert werden, dann schneidet die Stauvariante C 2,80 eindeutig schlechter als die Variante A ab. Nach den europäischen Naturschutzrichtlinien darf nach diesem Ergebnis ausschließlich die Variante A weiter verfolgt werden.“
„Nicht Marcel Huber hat sich zu früh auf Variante A festgelegt – verfrüht war die Festlegung von Verkehrsminister Ramsauer und der CSU auf die Variante C 2,80“
Unhaltbar finden die Umweltvertreter in der Monitoring-Gruppe die Kritik an Staatsminister Huber, er habe seine Einstellung zu den Ausbauplänen „verfrüht“, d.h. bevor die Schlussberichte vorliegen, artikuliert. „Die Kritik kommt ausgerechnet von denen, die sich immer wieder und zum Teil schon vor Beginn der laufenden Untersuchungen für einen Ausbau mit Staustufe und Schleusenkanal ausgesprochen haben“, kritisiert Dr. Christian Stierstorfer, der für den LBV an der Monitoring-Gruppe teilnimmt: „Wir hätten uns sehr gewünscht, dass der Leiter der Wasser- und Schifffahrtsdirektion, Herr Aster, auch dem Verkehrsminister Ramsauer und allen anderen, die sich schon vor den Untersuchungen für den Staustufenausbau positioniert haben, sein „verfrüht“ entgegengehalten hätte.“
„Die Kiesbänke und Silberweidenbestände Mühlhamer Schleife könnten kaum naturnäher sein. Hier gibt es kein Aufwertungspotenzial als „Ausgleich“ für den Stau“
Für die verschiedenen erforderlichen Umweltgutachten wurde von der Rhein-Main-Donau GmbH (RMD) eine Arbeitsgemeinschaft von Umweltplanern beauftragt. Deren Leiter, Klaus Müller-Pfannenstiel, hat für die Umweltverbände mit seinen Aussagen die Linie bestätigt, die für die Umweltvertreter in der Monitoring-Gruppe schon länger erkennbar wurde: „Die Auswirkungen einer Staustufenkanalisierung nach Variante C2.80 werden verharmlost und die angeblichen Ausgleichspotenziale übertrieben, um so dem unbedarften Beobachter den Eindruck zu vermitteln, dass sich die Varianten A und C 2,80 in den Folgen für die Natur kaum unterscheiden würden“, kritisiert Scherf.
Johannes Schnell, für den Landesfischereiverband in der Monitoring-Gruppe, ergänzt: „Eine Staustufe ist eine einschneidende Veränderung in die Fischlebensräume, die mit künstlichen Aufstiegshilfen nur wenig abgemildert werden kann. Herr Müller-Pfannenstiel weiß genau, dass der Gewässerlebensraum in der Donau bei Variante C2.80 nicht annähernd erhalten, gesichert oder wiederhergestellt werden kann.“ Auch an der Wirksamkeit der Umgehungsgerinne im Bezug auf den Grundwasserhaushalt hegen die Verbands-Vertreter massive Zweifel. „Der letzte große frei fließende Donauabschnitt in Bayern darf nicht zu einem weiteren Experimentierfeld für die Machbarkeitsträume der RMD-Ingenieure werden. Alle früheren derartigen Planungen, etwa an der Öberauer Schleife oder am Donauwörther Altwasser, haben sich im Vergleich zu den Versprechungen als ökologisches Desaster herausgestellt“, stellt Stierstorfer fest.
Besonders erbost sind die Umweltvertreter in diesem Zusammenhang, dass Müller-Pfannenstiel wider besseres Wissen im Interview die Behauptung aufstellt, mit der Variante C 2,80 sei die Mühlhamer Schleife „renaturierbar“ oder in besonderem Maße aufwertbar. „Wir fragen uns, wie man als Umweltgutachter zu einer solchen Aussage kommt. Die Mühlhamer Schleife, so wie sie heute ist, ist der letzte große, naturnahe Donau-Mäander in Bayern. Die Kiesbänke und Silberweidenbestände könnten kaum naturnäher sein. Hier gibt es kein nennenswertes Aufwertungspotenzial“, erklärt Georg Kestel, Landschaftsarchitekt. Der Deggendorfer Donau-Fachmann bewertet für die Umweltverbände fachlich die Planungen und Untersuchungsergebnisse.
„Dass mit einer Staustufe nennenswert LKW von der Autobahn verschwinden würden, ist Hoffnung und Behauptung und sonst nichts.“
Als Grund für einen Ausbau der Wasserstraße Donau wird von den Befürwortern angegeben, dass nach einem Ausbau mehr Güter auf der Wasserstraße transportiert und eine Entlastung der Straßen erreicht werden könnte. „Ausgerechnet das von allen Vertretern in der Monitoring-Gruppe einhellig geforderte Verkehrskonzept liegt bisher nicht vor. Ein Zwischenbericht nährt stattdessen unsere Befürchtung, dass wesentliche Fragestellungen, wie etwa das Zusammenspiel zwischen Wasserstraße, Schiene und Straße, gar nicht behandelt werden“, argwöhnt Dr. Anton Huber vom Bürgerforum Vilshofen, ebenfalls Mitglied in der Monitoring-Gruppe. „Die bisher bekannten Prognosen zeigen, dass die Varianten nur wenig auseinander liegen. Für eine Erhöhung der prognostizierten Mengen von 10,5 Mio Tonnen pro Jahr ohne Ausbau auf 11 Mio in der Variante A oder auf gut 12 in der Variante C 2,80 werden wir die Zerstörung der Donaulandschaft nicht hinnehmen.“ Auch die angebliche „Unkalkulierbarkeit“ der Donau stößt auf Kritik. „Unzuverlässig ist nicht die Donau zwischen Straubing und Vilshofen, sondern vor allem der RMD-Kanal und die Schleusen an den gestauten Flüssen, die regelmäßig im Winter für mehrere Wochen zufrieren und außerdem jedes Jahr ebenfalls für mehrere Wochen wegen Reparaturen geschlossen werden müssen. Außerdem zeigt eine frühere Studie, dass angesichts der Verkehrsmengen auf der Autobahn nur eine Entlastung um weniger als 1 Prozent erreichbar ist. Dass mit einer Staustufe nennenswert LKW von der Autobahn verschwinden würden, ist Hoffnung und Behauptung und sonst nichts“, so Dr. Huber.
Für Rückfragen:
Dieter Scherf, Landesvorstandsmitglied des Bundes Naturschutz
Fon 08547/7292, Mail dieter.scherf@bund-naturschutz.de
Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz
Fon 0911/81878-25, Mail richard.mergner@bund-naturschutz.de
Anlagen zur Pressemitteilung:
Anlage 1:
Zerstörungswirkung der Kanal- und Stauvariante C2,80
Anlage 2:
Foto Mühlhamer Schleife, ein Herzstück der freifließenden Donau;
Bildautor: Dr. Christian Stierstorfer