Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Schnellere Bahnverbindung München-Berlin statt naturzerstörendes Milliardengrab für ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative Das Bessere Bahnkonzept belegen drastische Beschleunigungsmöglichkeit der Fahrzeit um zwei Stunden und 40 Minuten ohne Neubaustrecke durch den Gottesgarten am Obermain und den Thüringer Wald

25.06.2002

Die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt als Teil der Magistrale München-Berlin ist das teuerste geplante Bahnprojekt Deutschlands. Ohne Konsequenzen aus der Skandalgeschichte um die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt zu ziehen wollen CDU/CSU sowie Teile der SPD an dem geplanten Milliardengrab durch Nordbayern und den Thüringer Wald festhalten anstatt die Alternativen des "Besseren Bahnkonzepts" zu verwirklichen. Die geplante Neubaustrecke ist eine Altlast aus der Zeit nach der Wiedervereinigung. Während in Thüringen einzelne Bauabschnitte verwirklicht sind, ist in Bayern noch kein Spatenstich erfolgt.

Die Kosten für das Gesamtprojekt werden inzwischen nach einer Steigerung um eine Milliarde Euro auf 6,5 Mrd. Euro taxiert. Allein der Abschnitt Ebensfeld-Erfurt würde bei einer Länge von 106 Kilometern mit knapp 40 Kilometer an Tunneln und 9,5 Kilometern an Talbrücken Baukosten von über 25 Millionen Euro je Kilometer verschlingen. Eine Inbetriebnahme wäre nicht vor dem Jahr 2012 möglich. Gerade wegen der horrenden Kosten der "längsten Hochgeschwindigkeitsuntergrundbahn" hatte die Bundesregierung unter SPD-Verkehrsminister Franz Müntefering die Neubaustrecke durch den Gottesgarten am Obermain, das Coburger Land und den Thüringer Wald auf Eis gelegt. Ähnlich wie beim Transrapid wurde, auch auf Druck der bayerischen Staatsregierung, das Projekt von SPD-Verkehrsminister Kurt Bodewig wieder ausgegraben, ohne natur- und Kostensparende Alternativen gründlich zu untersuchen.

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative haben nun in einer neuen Studie die möglichen Fahrtzeiteinsparungen bei einer Modernisierung der bestehenden Strecke über den Thüringer Wald (Nürnberg-Lichtenfels-Saalfed-Halle/Leipzig-Berlin) unter Einbeziehung der Neubaustrecke Ingolstadt-München analysieren lassen. Das "bahnbrechende" Ergebnis:

Eine Fahrtzeitverkürzung zwischen München und Berlin um nahezu zweidreiviertel Stunden von derzeit sechs Stunden 40 Minuten auf fast vier Stunden ist erreichbar. Mit dieser radikalen Reisezeitverkürzung ohne weitere Landschaftszerstörung in Nordbayern und Thüringen ist das Hauptargument der Neubaustreckenbefürworter entkräftet. Die Kosten für notwendige Modernisierungsmaßnahmen liegen unter einer Milliarde Euro. Somit könnten fünfeinhalb Milliarden Euro eingespart oder für den nötigen Ausbau der Bahn in der Fläche verwendet werden.

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative fordern daher unverzüglich den politischen Stop der Neubaustreckenplanung, die Einschaltung des Bundesrechnungshofes sowie die unverzügliche Umsetzung des Beschleunigungskonzeptes für die bestehende Strecke.


Kundenfreundliche Bahn statt Geschenke an Großbauindustrie

Während die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt entgegen dem Koalitionsvertrag durchgesetzt werden soll, fehlen Geld und politischer Wille für die Umsetzung des Besseren Bahnkonzeptes. Doch das abschreckendes Beispiel der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-München bei der von einer unheiligen Allianz von Politik, Banken und Bauindustrie umwelt- und kostensparende Alternativen in den Wind geschlagen wurden, darf sich nicht wiederholen. Allein die geologischen und finanziellen Risiken der mit knapp 40 Tunnelkilometern geplanten längsten U-Bahn Deutschlands durch den Gottesgarten am Obermain, das Coburger Land und den Thüringer Wald, sind Grund genug, sich von diesem Projekt zu Gunsten des Ausbaus zu verabschieden.


Netz 21 Strategie der Bahn AG sieht keinen Bedarf

Auch die Deutsche Bahn AG hat die Nachteile der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt längst intern erkannt. Der Bereich Konzernentwicklung stellte schon 1998 öffentlich fest, dass "die Neubaustrecke keine entscheidende Netzwirkung" besitzt und forderte die Änderung des Bedarfsplans Schiene mit einer Konzentration der Investitionsmittel auf "Maßnahmen mit der größten Netzwirkung". Während Vorstand und Aufsichtsrat der Bahn AG dies als Teil der "Netz 21"-Philosophie beschlossen und in der mittelfristigen Finanzplanung keine Finanzmittel eingestellt haben, wollen Bundesverkehrsminister Bodewig und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber im Wettlauf der Großbauindustrie neue Aufträge sichern und die Bahn AG ein weiteres Mal unter Druck setzen.

Dies steht auch im Widerspruch zu Beschlüssen und Wahlversprechen der Bayern SPD, der Grünen auf Bundes- und Landesebene sowie den Aussagen der früheren SPD-Verkehrsminister, die eine vorurteilsfreie Prüfung der Alternativen zur Weiterführung des Projektes zugesagt hatten. Das Festhalten an der veralteten Planung konterkariert sowohl die Absicht zur Haushaltskonsolidierung wie die Position der Deutschen Bahn AG, knappe Finanzmittel für das Bestandnetz, für Projekte mit der größten Verkehrswirkung und einem guten Kosten-Nutzen Verhältnis zu verwenden. Gleichzeitig würde eine einmalige Natur- und Kulturlandschaft massiv geschädigt.

Die geplante Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin würde zudem weitab von den Ballungsgebieten und Industrieschwerpunkten Ostthüringens und Westsachsens (Gera, Plauen, Zwickau, Chemnitz) verlaufen. Somit ergäbe sich sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr nur eine geringe Erschließungswirkung und ein niedriges Verkehrsaufkommen. Wichtige Industrie- und Bevölkerungspotentiale in Nordbayern und Thüringen, im Saaletal mit den Mittel- und Oberzentren Saalfeld, Rudolstadt und Jena, der ostbayerische Raum, die Städte Bayreuth und Hof sowie der Verdichtungsraum Gera, Zwickau, Plauen, Chemnitz werden nur mit der flächenhaften Modernisierungs- und Ausbaustrategie des "Besseren Bahnkonzeptes" erschlossen. Nur damit können mehr Menschen und Güter auf eine umweltverträgliche Schiene kommen.


Richard Mergner
BN-Landesbeauftragter

Heinz Schielein
Vorsitzender BI Besseres Bahnkonzept