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Skandalöse Hinhaltetaktik und Schwarzer-Peter-Spiel beim Sanften Ausbau der Donau

Ein Jahr nach dem Bundestagsbeschluss noch immer keine Maßnahmen zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen und des Hochwasserschutzes

22.08.2003

Über ein Jahr nach dem Beschluss des Deutschen Bundestags für den Donauausbau ohne Staustufen ist man der Umsetzung den Maßnahmen zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen und des Hochwasserschutzes noch keinen Schritt näher gekommen: Das erforderliche Raumordnungsverfahren lässt nach wie vor auf sich warten! Der Vorsit-zende des Bundes Naturschutz in Bayern e.V., Prof. Dr. Hubert Weiger, nennt diese Situation einen Skandal. In einer gemeinsamen Pressekon-ferenz mit dem Bürgerforum Umwelt e.V. und der Bürgeraktion "Rettet die Donau" e.V. kündigt der Bund Naturschutz verstärkten Druck auf die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung an.

Nach eindringlichen Nachfragen in den zuständigen Behörden müssen die Naturschützer feststellen, dass eine mächtige Kanalbaulobby in der Bayerischen Staatregierung und in der Berliner Ministerialbürokratie nach wie vor versucht, den Regierungsbeschluss zu unterlaufen. In der Hoffnung, doch noch eine Chance für ein milliardenschweres Bauprojekt mit mehreren Staustufen und einem großen Schleusenkanal zu bekommen, wird das Verfahren verschleppt
- zu Lasten der Binnenschifffahrt und auf das Risiko der Donauanrainer.

Die Naturschützer befürchten ein abgekartetes Spiel der Lobbyverbände, der bayerischen Staatsregierung und der planenden Rhein-Main-Donau AG: "Das für diesen Sommer vom Bundesverkehrsminister angekündigte Raumordnungsverfahren soll offensichtlich - mit allen bürokratischen Tricks - solange verzögert werden, bis die vom Land Bayern zusätzlich in Auftrag gegebenen Untersuchungen für die Staustufenvarianten C und D2 fertig gestellt sind", befürchtet Weiger. In einem dann möglichen "vergleichenden Raumordnungsverfahren" könnte die Regierung von Niederbayern die sanfte Variante A ablehnen. Schließlich sei die Regierung von Niederbayern der bayerischen Staatsregierung nachgeordnet und damit nicht frei in ihrer Entscheidung.

Dieter Scherf, der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz Deggendorf, sieht eine zunehmende Verunsicherung auch der Bürger, die bisher den Argumenten für Staustufen zu folgen bereit waren. Das Niedrigwasser dieses Sommers habe offenbart, dass die Fließstrecke zwischen Straubing und Vilshofen eben nicht die entscheidende und nicht die einzige Engstelle im Wasserstraßennetz sei. Wäh-rend andere Flussabschnitte längst unbefahrbar waren, konnten zwischen Strau-bing und Vilshofen die Schiffe fahren - zwar mit weniger Ladung aber ohne Unterbrechung. Darüber hinaus könne niemandem verständlich gemacht werden, warum für den "best untersuchten Flussabschnitt" die Raumordnungsunterlagen für den geringsten Eingriff in Natur und Landschaft die zeitaufwändigsten Zusatzuntersuchungen erfordere.

Georg Kestel, der sich als Landschaftsarchitekt im Auftrag des Bundes Naturschutz intensiv mit den Plänen zum Ausbau der Wasserstraße und des Hochwasserschutzes befasst hat, sieht in der Verzögerungstaktik ein erhebliches Risiko für die Bewohner der Donauniederung. "Das nächste Hochwasser kommt bestimmt, je länger geeignete Maßnahmen auf sich warten lassen, um so größer wird die Gefahr für Hab und Gut, Leib und Leben". Mit großzügigen Renaturierungsmaßnahmen und Deichrückverlegungen könne nicht nur der Hochwasserschutz erheblich verbessert werden. "Wasser, das in den Auen zurückgehalten und dem Grundwasser zugeführt wird, sorgt in Trockenzeiten für mehr Wasser im Fluss" so der Donauexperte. Dass sich Bund und Bayern dazu verständigt haben, mit dem Hochwasserschutz auf Basis der Pläne für die sanfte Ausbauvariante A zu beginnen, begrüßt Weiger ausdrücklich. "Aber die Maßnahmen müssen unverzüglich begonnen und mit der Reaktivierung von Auenflächen in der Donauniederung verbunden werden. Wir werden im Katastrophenfall nicht zögern, die Verantwortlichen an den Pranger zu stellen."

Dr. Anton Huber vom Bürgerforum Umwelt e.V. sieht in der Verzögerung des Raumordnungsverfahrens ein Problem der Bundesregierung, die sich gegen die Lobbyisten in Bayern und in der eigenen Ministerialbürokratie nicht durchsetzt. Bundesregierung und Bundesverkehrsminister laufen Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie nicht dafür sorgen, dass ihre eigenen Beschlüsse tatsächlich und zeitnah umgesetzt werden.

Hubert Stelzl, Vorsitzender der "Bürgeraktion Rettet die Donau" e.V., wird mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit über die Hintergründe des verzögerten Raumordnungsverfahrens aufmerksam machen. "Die Verfahrensunterlagen werden von der Rhein-Main-Donau Aktiengesellschaft erstellt, dem Unternehmen, das aus wirtschaftlichem Eigeninteresse Staustufen bauen will zu Lasten der Steuerzahler und der Landschaft."

Selbst wenn der Bund noch versucht habe, auf dem Verhandlungswege den Freistaat Bayern zugunsten der sanften Ausbauvariante umzustimmen, so sei dies kein Grund, nicht parallel die Planungen für diese Variante zu forcieren " schließlich lasse der Bundestagsbeschluss ohnehin nichts anderes zu. Weiger bezweifelte außerdem, dass dem Land Bayern überhaupt ein Mitspracherecht zu der gewählten Ausbauvariante zustehe. "Die Mitwirkung Bayerns beschränkt sich nach dem Bundeswasserstraßengesetz und den Donauverträgen auf Fragen der Wasserwirtschaft und der Landeskultur. Das betrifft also z.B. die Frage, wie die Hochwasserschutzdeiche angepasst oder negative Folgen für den Grundwasserstand und die Landwirtschaft vermieden werden können."

Prof. Dr. Hubert Weiger: "Wir werden das Intrigenspiel nicht länger hinnehmen
" unsere Geduld ist am Ende. Wir werden die Kräfte in Staats- und Bundesregierung, die eine ehrliche Umsetzung des Beschlusses für den sanften Donauausbau anstreben, wo wir können unterstützen. Die unselige Seilschaft, die hinter den Kulissen im Geschäftsinteresse Einiger Weniger für die Zerstörung des Niederbayerischen Donauraums kämpft, werden wir bloßstellen und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln aus ihrem Einfluss drängen. Jeder weitere Versuch, doch noch zu Staustufen zu kommen, vergeudet Steuergelder, verzögert die Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen und erhöht das Risiko der Donauanrainer. Unsere Forderung ist klar: beginnt jetzt mit dem Raumordnungsverfahren für Variante A."