So geht es weiter mit CETA
CETA ist zu einem einstwilligen Abschluss gekommen und kann in Teilen vorläufig angewandt werden, wenn es – voraussichtlich im Januar – auch eine Mehrheit im europäischen Parlament dafür gibt. Doch in der Hauptsache ist noch alles offen. Unser gemeinsamer Protest war erfolgreich: Die Ratifizierung von CETA muss erst noch in 28 Staaten und insgesamt 40 nationalen und regionalen Parlamenten Europas erfolgen. Die wallonische Regierung hat schon angekündigt, dass sie CETA in der vorliegenden Form mit Schiedsgerichten nicht ratifizieren wird. Ihre kluge Nachverhandlung hat weitere Schwächen des bisherigen Vertragstextes offen gelegt.
Dies ist möglich gewesen, da auch aufgrund unserer Proteste der EU-Handelsministerrat in Bratislava entschied, dass es sich bei CETA um ein gemischtes Abkommen handelt. Das heißt, dass nationale und regionale Parlamente an der Ratifizierung des Abkommens beteiligt werden sollen. Dass dem wallonischen Ministerpräsidenten die Lähmung Europas und eine sture Blockadepolitik vorgeworfen wurde, ist deshalb absurd. Der Handelsministerrat hat ja genau diesen Prozess entschieden und sich das wallonische Parlament – im Gegensatz zum bayerischen Landtag – mit Expertenanhörungen rund 70 Stunden intensiv und transparent mit CETA befasst hatte.
Die Nachbesserungen an dem Abkommen und die hektischen Verhandlungen Ende Oktober zeigt die fehlende Übereinstimmung mit den Forderungen von Millionen von Bürgern in Europa. Die inhaltliche Kritik des wallonischen Parlaments deckt sich in großen Teilen mit unseren Kritikpunkten. Zentrale Themen sind die Schiedsgerichte, der starke Konkurrenzdruck auf Bauern durch preiswertere kanadische landwirtschaftliche Produkte und die Sorge um die kommunale Daseinsvorsorge, zum Beispiel die Wasserversorgung.
Dem Argument, dass solche Beteiligungsprozesse wie bei CETA der Europäischen Union schaden, müssen wir entschieden entgegentreten. Ganz im Gegenteil schaffen diese Beteiligungs- und Diskussionsprozesse eine höhere Identifikation mit Europa. Die Kommission hat sieben Jahre lang geheim verhandelt, das Verhandlungsmandat erst sehr spät veröffentlicht und immer wieder erklärt, dass erst einmal zu Ende verhandelt wird und dann Kritik geäußert werden darf. In dem Moment, in dem einzelne Mitgliedsstaaten Kritik äußerten, wird dem wallonischen Ministerpräsidenten aber sture Blockadepolitik vorgeworfen.
Die EU-Kommission verfolgt eine Freihandelsagenda, die weit über den Abbau von Zöllen etc. hinaus geht. Deshalb darf unsere Kritik an diesen Abkommen auch nicht verstummen. Auch CETA greift tief in die Rechte der Mitgliedsstaaten ein. Entgegen den euphemistischen Verlautbarungen ist kein neuer „Goldstandard“ für tatsächlich faire Handelsabkommen gegenüber Mensch und Umwelt geschaffen worden. Ein ökologisch ausgerichteter und fairer Handel braucht kein CETA. Nötig sind sozial-ökologische Prinzipien und konkrete Anstrengungen für eine Handelspolitik, die das Allgemeinwohl und nicht die Interessen von Industrie und Konzernen in den Mittelpunkt stellt.
Was haben die Wallonier erreicht?
Der CETA-Ratifizierungsprozess kann noch auf der Ebene der Mitgliedstaaten scheitern. Das System der Investorengerichte (ICS) wird nicht zur vorläufigen Anwendung kommen und jede Region kann aus der vorläufigen Anwendung aussteigen. Belgien verlangt vom Europäischen Gerichtshof eine juristische Einschätzung, ob ICS mit den EU-Verträgen vereinbar ist. Im Bereich der Landwirtschaft behält sich Belgien vor, dass im Falle eines „Markt-Ungleichgewichts“ die Sicherheitsklausel angewendet werden darf. Belgien bekräftigt, dass CETA nicht die europäische Gesetzgebung in Bezug auf die Gentechnik beeinflusst. Einzelne Mitgliedsstaaten müssen den Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen einschränken oder verbieten können. Belgien bekräftigt, dass CETA das Vorsorgeprinzip nicht beeinträchtigen darf.
Bisher ist noch nicht eindeutig geklärt, wie rechtsverbindlich all die Anhänge an CETA sind, die in den letzten Wochen noch dazugekommen sind. Dies ist weder für die Punkte des SPD-Parteikonvents noch die belgischen Zusatzerklärungen geklärt. Das Abkommen als solches wurde nicht angetastet. Somit bleibt das Abkommen in seinen Grundzügen das von der kanadischen Vorgängerregierung ausgehandelte neoliberale Abkommen, mit beispielsweise der regulatorischen Kooperation durch die starke Lobbygruppen frühzeitig in Gesetzgebungsprozesse eingreifen könnten.
Wie geht es jetzt mit CETA weiter?
Die Unterschrift unter CETA Ende Oktober war ein rein "symbolischer Akt".
Im Dezember 2016 / Januar 2017 behandelt das EU- Parlament das Abkommen.
Im Frühjahr 2017kommt es eventuell zur vorläufigen Anwendung.
Start des Ratifizierungsverfahrens in allen Mitgliedstaaten.
Wir können CETA noch aufhalten!
Zum einen laufen im Hauptsacheverfahren am Bundesverfassungsgericht noch mehrere Verfassungsklagen. In Bayern ist ein Volksbegehren gegen CETA beantragt.
Die Unterschriften für ein Volksbegehrenhaben wir Mitte Oktober dem bayerischen Innenministerium übergeben. Das Innenministerium hat jetzt sechs Wochen Zeit, darüber zu entscheiden, ob es das Volksbegehren zulässt. Eventuell folgt eine Weitergabe an das Verfassungsgericht, mit drei Monaten Bearbeitungszeit. Dann gibt es eine Ablehnung oder Zulassung.
Mehr zum Volksbegehren: www.volksbegehren-gegen-ceta.de