Staustufenplanung an der Donau verstößt gegen Recht und Grundsätze der Landesplanung
Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) haben gestern ihre detaillierten Stellungnahmen zum Raumordnungsverfahren für den Ausbau der auf 70 km noch freifließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen bei der Regierung von Niederbayern abgegeben. Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN, und Ulrike Lorenz, Beauftragte des Landesvorstandes des LBV, fassen den Inhalt in einem Satz zusammen: „Ein Ausbau der Donau mit Staustufen ist weder fachlich und naturschutzrechtlich genehmigungsfähig. Er würde einen klaren Verstoß gegen bayerisches Naturschutzschutzgesetz, Bundes-Naturschutzgesetz und verschiedene EU-Richtlinien, vor allen die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Wasser-Rahmenrichtlinie darstellen.“ Besonders gerügt haben die Verbände, dass entscheidende Beurteilungsgrundlagen wie die FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wurden.
Der BN hat in seiner Stellungnahme auf 64 Seiten ausführlich die fachlichen und rechtlichen Defizite der Planungsunterlagen aufgezeigt. Dabei wird deutlich , dass eine Staustufenkanalisierung sowohl bei einer (Variante C) als auch bei drei Staustufen (Variant3 D2) zu einer Zerstörung einer einmaligen Landschaft führen würde. In den Raumordnungsunterlagen würde dies zwar zunächst dargestellt, dann aber würden die Eingriffe verschleiert und mit angeblichen Ausgleichsmaßnahmen kaschiert. „Doch in dem Ökosystem Fluss und Aue gibt es keinen Kompromiss. Staustufen schnüren der Aue den Lebensnerv und Herzschlag, nämlich die Dynamik, ab. Die angeblichen Ausgleichsmaßnahmen sind nichts als Wasserspiele.“ so das klare Urteil von BN und LBV.
Die einzige genehmigungsfähige Variante ist nach Ansicht von BN und LBV die Variante A ohne Staustufen, wobei auch diese erst noch nach dem Naturschutzrecht optimiert werden müsste. „Angesichts der klaren Bewertung und des bereits seit 2002 vorliegenden Beschlusses des deutschen Bundestages für Variante A sowie angesichts den Zielen der Raumordnung und des Landesentwicklungsprogrammes ist die Durchführung dieses Raumordnungs-verfahrens mit zwei durch die bayerische Staatsregierung eingebrachten Staustufen-Varianten ein Verstoß gegen diesen Beschuß und reine Geldverschwendung .“ so Dieter Scherf, BN-Kreisvorsitzender in Deggendorf. Dies verhindere auch bislang schon längst mögliche Verbesserungen der Verhältnisse für die Schiffahrt und den Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen. BN und LBV fordern daher auch die Abkopplung des Verfahrens zum Hochwasserschutz von der Prüfung der Maßnahmen für die Schiffahrt. Nötig seien hierfür überregionale Lösungen durch ein ökologisches Hochwasserschutzkonzept Donau.
BN und LBV haben nun die Regierung von Niederbayern und die verantwortlichen Politiker aufgefordert, die Staustufen-Varianten endlich endgültig fallen zu lassen. An die Bundesregierung appellieren BN und LBV, nicht vor der Baulobby einzuknicken. Ein klares Votum gegen die Staustufenkanalisierung haben mittlerweile auch viele Gemeinden entlang des betroffenen Donauabschnittes abgegeben. „Das zeigt, dass die Leute ihre Heimat so erhalten wollen, wie sie ist und dass sie nicht bereit sind, die Donaulandschaft kurzfristigem Gewinnstreben rücksichtsloser Unternehmer zu opfern.“ so Dieter Scherf.
Für Rückfragen:
Richard Mergner
Landesbeauftragter des BN
Tel.: 0911/818780
Ulrike Lorenz
Beauftragte des Landesvorstandes LBV
Tel.: 0821/4397051
Anlage: Zusammenfassung der Stellungnahme des BN
Sie finden die Pressemitteilung, weiter gehende Informationen und die Stellungnahmen auch unter:
www.bund-naturschutz.de
www.bn-deggendorf.de
www.lbv.de
Anlage: Zusammenfassung der Stellungnahme des Bund Naturschutz in Bayern zum Raumordnungsverfahren „Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen“ vom 28.04.2005
Stellungnahme zum Ausbau der Wasserstraße
Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. lehnt den Ausbau der Wasserstraße Donau nach den Raumordnungsvarianten C, C 2,80 und D2 ab, da
1. mit diesen Ausbauvarianten erhebliche, nicht ausgleichbare oder ersetzbare Eingriffe im Sinne des bayerischen Naturschutzgesetzes in den Naturhaushalt verbunden sind,
2. diese Varianten nicht umweltverträglich im Sinne des UVP-Gesetzes sind,
3. diese Varianten die Erhaltungsziele der gemeldeten FFH- und Vogelschutzgebiete an der Donau erheblich gefährden und mit den Schutzbestimmungen der FFH-Richtlinie nicht vereinbar sind,
4. diese Varianten eine Verschlechterung des Zustandes der Donau und der grundwasserabhängigen Landökosysteme sowie europäischer Schutzgebiete in der Donaulandschaft bewirken, die im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie nicht zulässig ist und
5. diese Varianten den Zielen der Bayerischen Verfassung, des Naturschutzgesetzes, des Landesentwicklungsprogramms Bayern und des Regionalplans sowie den sonstigen fachlichen Zielen und Plänen zum Schutz von Natur und Landschaft widersprechen.
Der Bund Naturschutz bewertet die genannten Varianten als nicht genehmigungsfähige Zerstörung des letzten größeren frei fliessenden Abschnittes der bayerischen Donau (abgesehen von der Strecke zwischen Weltenburg und Kelheim) und einer national und international bedeutsamen Auenlandschaft mit den Aue-Lebensräumen des Isarmündungsgebietes, des Naturschutzgebietes Staatshaufen und der Mühlhamer Schleife als Herzstück. Eine Genehmigung dieser Varianten wäre ein klarer Verstoß gegen Bayerisches, Bundes- und europäisches Recht.
Auch die Variante A zum Ausbau der Wasserstraße ist mit erheblichen Eingriffen verbunden und bedarf zur Vereinbarkeit mit dem Schutzregime der FFH-Richtlinie zwingend einer FFH-Verträglichkeitsprüfung. Wenn die erforderlichen Ausnahmetatbestände festgestellt werden, sehen wir in dieser Variante jedoch noch die im Sinne der FFH-Richtlinie verträglichste Alternative mit Möglichkeiten, die Intensität der Eingriffe weiter zu minimieren bzw. die Eingriffswirkungen wenigstens teilweise auszugleichen. Die Ausbauvariante A ist die einzige der Raumordnungsvarianten, die in Anbetracht der oben genannten Gesetze, Richtlinien und sonstiger Ziele zu Natur und Landschaft überhaupt genehmigungsfähig sein kann. Die Variante A kann nach entsprechender FFH-Verträglichkeitsprüfung den äußersten, noch vertretbaren Kompromiss zwischen der Verbesserung der Wasserstraße und den Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes darstellen.
Die Ausbauvariante A muss hierzu jedoch noch in erheblichem Umfang weiter ökologisch optimiert werden. Der Bund Naturschutz ist bereit, für eine ernsthaft betriebene ökologische Optimierung im Rahmen seiner Möglichkeiten fachliche Beratung zu leisten.
Stellungnahme zum Hochwasserschutz
Der Planungsraum zum Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen ist hinsichtlich der Hochwassergefährdung durch bereits abgeschlossene Ausbaumaßnahmen oberhalb von Straubing und durch nachteilige Entwicklungen im Einzugsgebiet bereits vorbelastet.
Die zwischen Straubing und Vilshofen geplanten Maßnahmen bedeuten aufgrund der großflächigen Abtrennung von Retentionsraum durch die Erhöhung von Deichen auf der bestehenden Linie speziell für Hochwasserereignisse über HQ 30 (nach alten Berechnungen, nach neueren Berechnungen ab HQ 15) eine zusätzliche Verschlechterung für den Unterlauf. Hinzu kommt bei den Staustufenvarianten C, C 2,80 und D2 die Beschleunigung der Hochwasserwellen durch den Ausbau, die Verkürzung und die Glättung der Fahrrinne.
Für das vorliegende Hochwasserschutzkonzept fehlt ein nachprüfbarer, detaillierter rechnerischer Nachweis der Hochwasserneutralität innerhalb des Planungsraumes und für die Unterlieger.
In den geplanten Flutpolderflächen drohen im Flutungsfall erhebliche ökologische Schäden. Dies ist in den Umweltverträglichkeitsstudien (UVS) nicht berücksichtigt. Innerhalb der Hochwasserschutzplanung sind bisher zudem die bestehenden umfangreichen Potentiale zur Minimierung von Eingriffen nicht ausgenutzt worden.
Parallel zu den hier vorgelegten Planungen laufen weitere Planungen zum Hochwasserschutz. In der Bearbeitung und in der Diskussion sind Überlegungen zu einem sog. „Vorlandmanagement„ sowie Überlegungen zum Bau von Flutpoldern in der Öberauer Schleife und an der Isarmündung. Eine Integration oder Abstimmung der verschiedenen Einzelkonzepte erfolgte jedoch bisher nicht.
Erhebliche Differenzen in der Flächenaufteilung der vorliegenden Hochwasserschutzkonzepte für die Varianten zum Ausbau der Wasserstraße bestehen allein im Bereich der Mühlhamer Schleife (Durchstichskanal). Bereits derzeit werden Planungen und Maßnahmen aus dem Hochwasserschutzkonzept in einem erheblichen Umfang durchgeführt und sollen weiter fortgeführt werden.
Zum Hochwasserschutz fordern wir deshalb:
1. Für den Hochwasserschutz an der gesamten bayerischen Donau mit ihren Seitenzuflüssen und dem Einzugsgebiet ist ein integriertes Konzept zu erstellen, in dem alle bisherigen Entwicklungen, die Planungsmöglichkeiten zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und deren Wirkungen dargestellt werden.
2. Dieses Gesamtkonzept ist für die Strecke zwischen Straubing und Vilshofen unter Integration aller derzeit aktuellen Planungen weiter zu vertiefen. Zu diesem Konzept ist eine vollständiger und prüfbarer rechnerischer Nachweis vorzulegen. Hierin ist für alle Planungsalternativen (zum Hochwasserschutz) hinsichtlich der Abflüsse, Wasserstände und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Hochwasserspitzen darzulegen, wie sich durch diese Maßnahmen die Hochwassersituation im Planungsgebiet und unterhalb verändert. Die Hochwasserschutzmaßnahmen müssen bezogen auf die Planungsregion, aber auch bezogen auf den Unterlauf, hinsichtlich aller relevanten Parameter und hinsichtlich verschiedener Hochwasserszenarien und -größen hochwasserneutral sein.
3. Zu dem integrierten Hochwasserschutzkonzept muss eine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung, eine Prüfung der FFH-Verträglichkeit, eine Prüfung im Bezug auf die Wasserrahmenrichtlinie und eine landschaftpflegerische Begleitplanung erarbeitet und in einem eigenen Verfahren beurteilt werden. Das Verfahren zur weiteren Planung des Hochwasserschutzes muss zugunsten einer zügigen Fortführung von Hochwasserschutzmaßnahmen vom Verfahren zum Ausbau der Wasserstraße abgetrennt werden. Dies ist angesichts der gleichartigen Flächenaufteilungen auch möglich.
4. Vorrangig sollen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes möglichst naturnahe, in Abhängigkeit vom Abfluss überschwemmte Aueflächen neu geschaffen werden. Im Zuge des Hochwasserschutzes soll ein funktionierender Auen-Biotopverbund entlang der Donau gesichert und wenn möglich ausgeweitet und verbessert werden. Dies bedeutet einen prinzipiellen Vorrang von Deichrückverlegungen vor der Schaffung von Flutpoldern. Die Donau muss als lebendige Achse einer naturnahen, ökologisch funktionsfähigen Aue erhalten bleiben.
5. Soweit aus überwiegenden sonstigen Gründen Flutpolder unabdingbar sind, muss sichergestellt werden, dass auch kleinere Überflutungen (entsprechend der jeweiligen Donauabflüsse) als lebensnotwendige Voraussetzung für eine Anpassung und „Vorbereitung„ der Flächen an größere Flutungen die Polder durchströmen. Das Überflutungsmanagement ist von vornherein auch an naturschutzfachlichen Erfordernissen auszurichten. Eine technisch manipulierbare Steuerung der Überflutungsvorgänge ist aus Gründen der Akzeptanz und aus ökologischen Gründen zu vermeiden.
6. Die Varianten C, C 2,80 und D2 führen vor allem durch die Glättung und Abkürzung des Flusslaufes und durch die mögliche, plötzliche Öffnung der Schleusen bei Überlastungen die Hochwassergefahr für die Unterlieger. Auch aus Gründen des Hochwasserschutzes sind diese Varianten daher abzulehnen.