Wiesen in voller Blütenpracht – Wiesenmeisterschaft in den Ökomodellregionen Neumarkt und Amberg-Sulzbach
Bei der inzwischen dreizehnten Ausgabe des Wettbewerbs, die in diesem Jahr in den Ökomodellregionen Neumarkt und Amberg-Sulzbach stattfindet, hatten sich 47 Landwirte mit ihren Wiesen angemeldet. 33 davon wurden ab Anfang Mai von der Landschaftsplanerin Inge Steidl im Auftrag der Veranstalter begangen und anhand eines Punktesystems bewertet.
Dabei wurde auf jeder Wiese erfasst, welche verschiedenen Arten von Kräutern dort wachsen. Aber nicht nur die Artenvielfalt auf der Wiese, sondern auch der Futterertrag und der kulturlandschaftliche Wert wurden dokumentiert und bewertet. Aus der erreichten Punktezahl wurden die besten fünf Wiesen ermittelt, die nun von der Jury begutachtet wurden.
Jurybegehung
Es ist Aufgabe der Jury, aus den besten fünf Wiesen anhand eines Kriterienkatalogs über die Platzierung zu entscheiden. Die Gewinner werden erst im Rahmen einer Festveranstaltung am 26. September im Kloster Ensdorf bekannt gegeben. In der Jury wirken Expertinnen und Experten aus Naturschutz und Landwirtschaft mit, und zwar: Herr Tobias Maul, Höhere Naturschutzbehörde an der Regierung der Oberpfalz, Herr Harald Gebhardt, Behördenleiter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Amberg-Neumarkt i.d.Opf., Herr Josef Schmid, Landwirt aus dem Landkreis Tirschenreuth und Wiesenmeister 2014, Dr. Sabine Heinz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Frau Inge Steidl, Landschaftsplanerin und Frau Christine Hertrich, Agrarreferentin des BUND Naturschutz in Bayern.
Artenreiche Wiesen wichtig für die Artenvielfalt
Extensiv genutzte Wiesen, also Wiesen die weniger gedüngt und später sowie seltener gemäht werden, gehören zu den artenreichsten Biotoptypen in Bayern. Doch diese wertvollen Wiesen und Weiden sind stark im Rückgang begriffen. Viele landwirtschaftliche Betriebe haben ihre Tierhaltung aufgegeben und können deshalb das Grünland nicht mehr als Futter verwerten. Andererseits sind Betriebe mit Milchviehhaltung aufgrund niedriger Erzeugerpreise für Milch dazu gezwungen, intensiv zu düngen und häufig zu mähen, um ausreichend Futter für die Kühe zu produzieren. So kommen die Wiesenpflanzen dann nicht mehr zum Blühen und die Artenvielfalt geht zurück.
Von den ca. 2.700 in Bayern heimischen Farn- und Blütenpflanzen kommt die Hälfte auf Dauergrünlandflächen vor. 53 Prozent davon sind nach Angaben des bayerischen Umweltministeriums in ihrem Fortbestand bedroht. Von den Wiesenblumen ist wiederum eine Vielzahl von Insekten abhängig wie z.B. Tagfalter. Diese sind eine überdurchschnittlich stark gefährdete Tiergruppe, 59 Prozent von ihnen sind in Bayern bedroht.
Artenreiche Wiesen brauchen gute Förderung
„Eine attraktive Förderung ist wichtig und muss weiter sichergestellt werden, denn die Landwirte verzichten durch die spätere Mahd und die reduzierte Düngung auf Ertrag und müssen mehr Zeit aufwenden, um z.B. steile Hanglagen zu mähen“, sagt Christine Hertrich, Agrarreferentin des BN.
Durch die Ausbildung der Ansprechpartner für die Wildlebensraumberatung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten trägt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft zur verbesserten Beratung der Landwirte bei. „Sie unterstützt Landwirte beispielsweise bei der ergebnisorientierten Grünlandnutzung, die seit diesem Jahr über Ökoregelungen gefördert wird. Dabei sind die Landwirte nicht an strikte Mahdzeitpunkte oder Düngeverbote gebunden, sondern die Artenvielfalt wird über den Nachweis von vier Kennarten direkt honoriert“, erläutert Dr. Sabine Heinz vom Institut für Agrarökologie der LfL.
Für Rückfragen:
Christine Hertrich, Agrarreferentin des BUND Naturschutz in Bayern e.V.,
Tel: 0160/7920267 christine.hertrich@bund-naturschutz.de
Dr. Sabine Heinz, Institut für Agrarökologie,
Tel. 08161/8640-5825 sabine.heinz@lfl.bayern.de
Hintergrund
Überblick über alle begutachteten Betriebe
In den beiden Ökomodellregionen Amberg-Sulzbach und Neumarkt wurden insgesamt 33 Betriebe, darunter nur 2 Vollerwerbsbetriebe, begutachtet. Bei den meisten (16) handelt es sich um Ackermisch- oder reine Grünlandbetriebe ohne eigene Tierhaltung, die auf ihren Wiesen Pferdeheu produzieren. Fünf Betriebe halten Schafe, hauptsächlich zur Zucht. Hinzu kommen vier Rindermastbetriebe, zwei Milchviehhalter, zwei Mutterkuhbetriebe, zwei Pferdezüchter bzw. Pensionsviehhalter und jeweils ein Betrieb mit Rot- bzw. Damwildhaltung. Elf Betriebe wirtschaften ökologisch.
Charakterisierung der fünf Betriebe, die von der Jury am 6. Juni begangen wurden:
1. Konrad Klostermann in Deining-Arzthofen
Betrieb: 19 Hektar reiner Grünlandbetrieb ohne Viehhaltung im Nebenerwerb. Erzeugt und verkauft Pferdeheu.
Wiese: Extensiv genutzte, großflächige (4,4 ha) Fettwiese mit Übergang zu Feuchtwiese „Vordere Leite und Lengenwiese“ im Tal der Weißen Laaber mit integrierten Landschaftselementen (Gehölzen). Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 15.6. bzw. auf einer Teilfläche 1.7. mit herbstlicher Nachweide durch einen Schäfer.
Kennzeichnende Arten: Frauenmantel, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Labkraut, Knöllchen-Steinbrech, Gamander-Ehrenpreis, Wiesen-Platterbse u.a.
2. Franz Geitner, in Wolfersdorf, 92280 Kastl
Betrieb: 35 Hektar Ackermischbetrieb im Nebenerwerb ohne Tierhaltung, davon ca. 5 ha Grünland (Heutrocknung/ Erzeugung von Pferdecobs).
Wiese: Artenreiche Fettwiese „Talwiese“ (3,2 ha) mit Landschaftselementen (Hecke über gesamte Länge, kl. Quellsumpf), seit 20 Jahren ungedüngt. Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 15.Juni sowie Ökoregelung 5 („Artenreiches Grünland“).
Kennzeichnende Arten: Schafgarbe, Wiesen-Pippau, Wiesen-Labkraut, Witwenblume, Knöllchen-Steinbrech, Hornklee, Glockenblumen u.a.
3. Roland Heldrich, Frechetsfels, 92262 Birgland
Betrieb: Mutterkuhbetrieb im Vollerwerb, 53 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 23 ha Grünland. Bioland-Betrieb mit Streuobst/ Agroforst.
Wiese: Artenreiche Fettwiese „Reichenfeld“ mit Übergängen zu Halbtrockenrasen (0, 72 ha). Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 15.6.
Kennzeichnende Arten: Wiesen-Pippau, Wiesen-Labkraut, Witwenblume, Herbst-Löwenzahn, Acker-Vergißmeinnicht, Knöllchen-Steinbrech, Hornklee, Schopfiges Kreuzblümchen u.a.
4. Norbert Uebler, Riglashof, 92275 Hirschbach
Betrieb: Rinderzucht/ Bullenmast (Rasse: Pinzgauer) im Nebenerwerb, 82 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 53 ha Grünland. Mitglied bei Biokreis, Direktvermarktung
Wiese: Artenreiche, großflächige (ca. 8 ha) Fettweide in Terrassenlandschaft mit Hecken und alten Obstbäumen („Steingrube/Eschenfelden“).
Kennzeichnende Arten: Schafgarbe, Wiesen-Labkraut, Witwenblume, Margerite, Fadenklee u.a.
5. Martin Pickel, Großenfalz 92237 Sulzbach-Rosenberg
Betrieb: Ackermischbetrieb ohne Tierhaltung, Pferdeheuerzeugung im Nebenerwerb mit 46,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 22 ha Grünland. EU-Bio-zertifiziert (nur die Wiesen).
Wiese: Artenreiche, großflächige Fettwiese (5 ha) „Bergwiese“ mit Säumen, Lage im Naturschutzgebiet „Wüstung Großenfalz“ (ehemalige Bergbaulandschaft mit aufgegebener Siedlung). Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 1.7. Schonende Wiesenmahd mit Doppelmesserbalken.
Kennzeichnende Arten: Schafgarbe, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Labkraut, Herbst-Löwenzahn, Margerite, Knöllchen-Steinbrech, Fadenklee, Wilder Oregano u.a.
Teilnahme- und Bewertungskriterien:
Teilnehmen konnten landwirtschaftliche Betriebe, die den Aufwuchs ihrer Wiesen und Weiden landwirtschaftlich verwerten, und deren Wiese mindestens einen halben Hektar Fläche umfasst.
Kriterien zur Bewertung der Wiesen:
Artenvielfalt:Es wurde die Gesamtzahl an Wiesenblumen – keine Gräser- erhoben. Das Vorkommen seltener Pflanzen, die einen hohen Gefährdungsgrad aufweisen, wurde zusätzlich honoriert. Außerdem erbrachte die gleichmäßige Verteilung der Arten auf der Wiese einen Zusatzpunkt.
Im „Kulturlandschaftswert“ spiegeln sich landschaftstypische Ausprägungen und Ensembles wieder, die für Identität und Unverwechselbarkeit stehen. Kleinflächige Restbestände artenreicher Wiesen und Weiden haben sich insbesondere an Steilhängen und sonnseitigen Terrassenkanten erhalten.
Landwirtschaftliche Kriterien: Hier wurden der Ertrag und eine gute wirtschaftliche Verwertung des Aufwuchses, z.B. durch Verfütterung an den eigenen Viehbestand oder Verkauf, positiv bewertet.
Das Vorkommen von für Weidetiere gefährlichen Giftpflanzen und lästigen Weideunkräutern (z.B. Ampfer oder Jakobs-Kreuzkraut) führte zu Punktabzügen.
Außerdem wurde mit dem Kriterium „Zukunftsfähigkeit“ eingeschätzt, welche Chancen die Wiese oder Weide hat, auch in den nächsten Jahren in der vorliegenden artenreichen Ausprägung weiter genutzt zu werden.
Weitere Informationen zur Wiesenmeisterschaft:
- www.lfl.bayern.de/Wiesenmeisterschaft
- www.bund-naturschutz.de/themen/landwirtschaft/wiesenmeisterschaft.html