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Mit Herz und Mut für den Nationalpark

Helmut Steininger war 1969 bis 2003 Landesgeschäftsführer des BUND Naturschutz. In dieser Funktion hat er nicht nur wesentlich beigetragen zum Zustandekommen des Nationalparks Bayerischer Wald. Ihm ist es auch zu verdanken, dass der BUND Naturschutz seine heutige professionelle Struktur und ein funktionierendes Management bekam.

Helmut Steininger wurde am 11. Juli 1939 in Hirschbach geboren und starb am 17. Juli 2014. Er war ein großer Kämpfer für die Natur; zu seinem Lebenswerk gehört untrennbar auch der Nationalpark Bayerischer Wald. Als Helmut Steininger am 1. April 1969 seinen Dienst beim BUND Naturschutz antrat und als Mitarbeiter lediglich eine Schreibkraft und eine Buchhalterin vorfand, ahnte keiner, dass der Verband 34 Jahre später 165 000 statt 12 000 Mitglieder haben würde. Die Zahl der Kreisgruppen stieg von sechs auf 77, jene der Ortsgruppen auf 700 und der Kindergruppen auf 300. Über 100 hauptamtliche Mitarbeiter waren beim Landesverband und in den Kreisgruppen tätig, als Helmut Steininger im Jahr 2003 die BN-Geschäftsführung an Peter Rottner übergab.

Hinter diesen nackten Zahlen steckt eine gewaltige Arbeits- und Lebensleistung. Natürlich haben viele daran entscheidende Anteile, aber Helmut Steininger war immer eine der führenden Persönlichkeiten. Durch ihn war es möglich, aus dem Ende der 1960er-Jahre eher angepassten BN einen der größten, schlagkräftigsten und progressivsten Naturschutzverbände Mitteleuropas zu machen.

Helmut Steininger hat dabei sein Herz sprechen lassen, denn Naturschutz ist Herzenssache. Wenn es um die Verschandelung des Landes ging, hat er vielen Menschen Mut gemacht, sich genauso aktiv einzumischen wie er und sich nicht von sogenannten Experten mundtot machen zu lassen. Das Wort von Horst Stern „Mut zur Emotion“ war für ihn nicht eine Aufforderung, sondern Handlungsgrundlage. Helmut Steininger hat damit auch die Geschichte der Naturschutzpolitik in unserem Land zentral beeinflusst und geprägt.

Sternstunde für Steininger

Eine Schrift des BN über den langjährigen BN-Geschäftsführer nennt die Eröffnung des Nationalparks Bayerischer Wald völlig zu Recht eine "Sternstunde" für Steininger. Er hatte in Zusammenarbeit mit Weinzierl als begnadeter Organisator eine im Jahr 1966 beginnende Kampagne für diesen Nationalpark organisiert. 

Erstmals versuchen Naturschützer damit, die Bevölkerung mit Presseberichten, Unterschriftensammlungen und Patenschaftsaktionen für ein Vorhaben zu begeistern. Den örtlichen Landrat Karl Bayer hatten sie schnell auf ihrer Seite. Er erkannte früh, dass der Nationalpark eine große Chance für die Region ist, insbesondere für den Tourismus. Außerdem war die örtliche Presse ganz auf der Seite des großen Naturschutzprojektes. Steininger benutzte hier viele der Aktionsformen und PR-Strategien, mit denen der BUND Naturschutz heute noch so erfolgreich wie im Fall des Nationalparks arbeitet.

Für Helmut Steininger war der Nationalpark ein Herzensanliegen. Und er wusste, dass nicht nur die Natur, sondern auch der BN erheblich von seiner Einrichtung profitieren würde. Durch das große Medieninteresse strahlte das Ereignis in die ganze Republik aus, was dem BUND Naturschutz neues Renommee einbrachte: „Die Eröffnung des Nationalparks Bayerischer Wald war die zweite Sternstunde des BN. Und dann sind wir zum Selbstläufer geworden“, so Steininger.

Tierischer Einsatz

Für den Nationalpark bot der BN außerdem an, ein Schaugehege zur Verfügung zu stellen. Es sollten alle im Bayerischen Wald bereits ausgerotteten, aber auch bedrohte Tierarten zu sehen sein. Die Beschaffung dieser Tiere lief parallel zu den Vorbereitungen für den Nationalpark. Zusammen mit den Planungen für das Europäische Naturschutzjahr stand das kleine BN-Team vor einem gewaltigen Arbeitspensum. 

Zusammen mit dem bereits länger für den BN tätigen Forstwissenschaftler Dr. Artur Steinhauser engagierte sich Steininger fortan mit Herzblut für die Beschaffung der Tiere für den Nationalpark. Die Kosten dafür inklusive geplanter Auswilderungsprojekte schätzte das BN-Team auf 150 000 bis 180 000 Mark. Der BN war dabei hauptsächlich auf Spenden angewiesen, da er als Landesverband wegen fehlender eigener Ressourcen das Projekt nicht finanzieren konnte.

Steininger und Steinhauser tüftelten dafür an einer ganz besonderen Idee, die zur wohl spektakulärsten Sammelaktion in der Geschichte des BN führen sollte. Zusammen mit einem zahmen Bären aus einem Privatzoo sammelten sie in München Spenden für das Tierfreigelände. Nach Steiningers späteren Erinnerungen hätte der Bär den tapferen Naturschützer beinahe gefressen, weil der beruhigende Honig vor der Zeit ausgegangen war. Immerhin hat sich der Aufwand gelohnt: Der BN konnte dem Nationalpark für das große Tierfreigelände zwei Luchse, zwei Braunbären, mehrere Biber, Wildkatzen und Wisentkühe schenken.

Die Ankunft des Bullen Colonius

Eine andere Begebenheit in diesem Zusammenhang erzählte Steininger so: „Der Steinhauser war ein großes Schlitzohr. Ich hab ihn noch vor dem Urlaub gefragt: ‚Gibt’s irgendwas?‘ ‚Nein.‘ Kaum war er in Urlaub, ruft der Frankfurter Zoo an: ‚Herr Steininger, der Fernexpresszug Donaukurier ist grade von Frankfurt nach Wien abgefahren, hinten hängt der Bulle Colonius dran. Den soll einer in Regensburg abholen. 22 Zentner schwer, Risthöhe 2,10.‘ Das werd ich nie vergessen!

Ich ruf den Weinzierl an und sag: ‚Hubert, eine Katastrophe! Da kommt ein Fernschnellzug daher, hint’ hängt der Colonius dran und der Steinhauser ist in Urlaub.‘ ‚Ja‘, hat der Hubert g’sagt, ‚Regensburg, das schaffen wir nicht mehr. Aber nach Neumarkt in der Oberpfalz, da könnten wir hinkommen.‘ ‚Da hält der Zug aber gar nicht, sag ich.‘ Dann habe ich über die Bundesbahnleitstelle eine Sondergenehmigung erreicht, sodass der Donaukurier in Neumarkt hielt. Die haben den Wagen dort abg’hängt und wir den Colonius weiter verladen.“

Nationalpark als Lebensaufgabe

Der Nationalpark Bayerischer Wald blieb für Helmut Steininger bis zuletzt ein Kernanliegen seines großen Naturschützerlebens. Insbesondere für die Idee, Natur Natur sein zu lassen, und in diesem Sinne die unberührten Kernzonen konsequent auszuweiten, setzte sich Steininger vehement ein. 

Im Jahr 2003 hat Steininger die Geschäftsführung an Peter Rottner übergeben. Der Verband hatte in den 34 Jahren der Ära Steininger 90 Prozent seiner Größe und Kraft gewonnen. Helmut Steininger starb am 17. Juli 2014.