Waldsterben 2.0
Angesichts der dramatischen Ausmaße, die das Sterben von Bäumen und teilweise ganzer Wälder in verschiedenen Waldgebieten Bayerns angenommen hat, fordert der BN die Politik auf, endlich das Klima wirkungsvoll zu schützen!
Wald in der Klimakrise
Die Klimakrise trifft die Wälder verschiedener Regionen Bayerns und Deutschlands sehr hart. Vor allem die Nadelbaumarten Kiefer und Fichte leiden unter den zunehmenden Klimaextremen Hitze, Trockenheit und Stürme. In Nordbayern und anderen Bundesländern sterben in den tieferen und wärmeren Lagen immer mehr Kiefern ab, teilweise sogar ganze Wälder. Sie sind an den rot gefärbten Kronen auch für Laien gut zu erkennen. Auch die Baumart Schwarzkiefer, die bisher als besonders wärmetolerant gegolten hat, ist massiv betroffen. Der größte Schwarzkiefernbestand Deutschlands im Landkreis Würzburg ist zu ca. 80 % massiv geschädigt.
Bildaktion im Frankenwald August 2023
Wieder im Frankenwald: hier hat die Klimakrise zu einen verheerenden Waldsterben geführt: Auf über 10.000 Hektar Kahlflächen ist die größte sichtbare Wunde in unsere Wälder geschlagen. Wenn die Klimakrise weiter ungebremst fortschreitet, sind viele andere Wälder im Freistaat von diesem „Waldsterben 2.0“ bedroht.
Wir wollen dem etwas entgegensetzen: Rund 120 BN-Mitglieder, Aktive, Waldfreund*innen und Klimaschützer*innen setzten vor dieser Kulisse ein deutliches Zeichen für mehr Klima- und Waldschutz. Sie stellten sich inmitten einer riesigen Kahlfläche auf die Stöcke der abgestorbenen und eingeschlagenen Bäume, um die riesigen Flächendimensionen darzustellen, die das Waldsterben mittlerweile angenommen hat.
Besonders eindrücklich: ein Luftbildvergleich der Jahre 2005 und 2022 der Gegend um Steinbach, hier zum download
Lesen Sie hier die Pressemitteilung zur Aktion
Pressefahrt in den Frankenwald im Juli 2022
Borkenkäfer und Hitze setzen den Wäldern im Frankenwald zu. Die Situation hat sich in den letzten Wochen und Monaten wegen des fast vollständig ausbleibenden Regens und der großen Hitze weiter deutlich zugespitzt. Die Forstbehörde geht mittlerweile von etwa 10.000 bis 11.000 Hektar abgestorbener Fichtenwälder im Frankenwald aus. Damit ist etwa ein Viertel des Frankenwaldes abgestorben.
Vor diesem Hintergrund forderte der BN ein „Aktionsprogramm Frankenwald“, um vor allem die Situation in privaten Wäldern zu verbessern. Bei einer Pressefahrt im Landkreis Kronach zwischen Ludwigstadt und Tettau machte sich der BN zusammen mit Vertreter*innen der Waldbesitzer*innen, der Forstverwaltung und der Bayerischen Staatsforsten ein Bild von den verheerenden Folgen des Waldsterbens im Frankenwald.
Besonders erschütternd ist, dass auf weiten Flächen im Privatwald in den letzten Jahrzehnten keine Waldverjüngung vorhanden ist.
Es geht aber auch anders, wie ein Besuch im BaySF-Betrieb Rothenkirchen oder beim Waldbesitzer Christof Körner zeigt: hier wurde die nächste Waldgeneration schon vor einiger Zeit unter dem Schirm der Fichten auf den Weg gebracht: ein Mischwald aus Weißtanne, Buche und Fichte. Entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass im Staatswald das Rehwild und neuerdings das vermehrt auftretende Rotwild intensiv bejagt wird.
10 Forderungen des BN zum Waldsterben 2.0 durch die Klimakrise
Um das Waldsterben 2.0 wirksam und möglichst schnell zu bekämpfen, sind verschiedene Maßnahmen nötig:
Die 10 Forderungen des BN sind:
1. Waldsterben 2.0 durch wirksame Klimaschutzmaßnahmen stoppen
2. Waldumbau von Nadelforsten zu Laubmischwäldern vorranging betreiben
3. Wald vor Wild
4. Im Klimaspeicher Staatswald muss Gemeinwohl Vorrang bekommen
5. Mehr Förster*innen unterstützen Waldbesitzer und Kommunen beim Waldumbau
6. Waldflächen nach Extremereignissen schonend behandeln
7. Begiftungen von Wäldern unterlassen
8. Wälder ökologisch verträglich bewirtschaften, Holz schonend ernten
9. Kompetenzen in Laubholzwirtschaft und –verwertung ausbauen
10. Naturwälder auf zehn Prozent der öffentlichen Waldfläche zulassen
Lesen Sie hier weitere Ausführungen, warum diese Maßnahmen wichtig sind
Schädlinge bedrohen die geschwächten Bäume
In den Mittelgebirgen und in Südbayern rafft der Borkenkäfer zahlreiche Fichten dahin, die durch Hitze und Trockenheit so geschwächt sind, dass sie dem Borkenkäfer massenhaft zum Opfer fallen. Die Ausbreitung der Fichten-Borkenkäfer ist in einigen Privatwäldern so massiv, dass manche Waldbesitzer den Kampf gegen den Borkenkäfern aufgegeben haben. Es fehlen auch schlicht die Kapazitäten für die Aufarbeitung der Borkenkäferschäden. Als Alternativen zu diesen besonders gefährdeten Baumarten gelten Eichen, Buchen und Weißtannen, die eine moderate Erwärmung verkraften würden. Aber auch diese Baumarten stehen unter Stress und würden eine Klimaerwärmung von 4 bis 5 °C wohl nicht überleben. Wohl keine unserer heimischen Baumarten würde ein derartiges Mittelmeerklima verkraften.
Die bisherigen Waldumbaubemühungen, d.h. die Unterpflanzungen mit Laubbäumen, mit denen Waldbesitzer und Förster die Wälder klimaresistenter machen wollen, sind gefährdet, wenn die Politik nicht endlich beim Klimaschutz handelt.
Gemeinwohlfunktionen der Wälder gefährdet
Eine weitere Verschärfung des Baum- und Waldsterbens würde zahlreiche, zentrale Leistungen dieser Wälder für die Daseinsvorsorge stark beeinträchtigen und gefährden. Dies beträfe den Trinkwasser-, Hochwasser-, Klima-, Boden-, Lawinen- und den Biotopschutz dieser Wälder, so z.B. die Trinkwasserversorgung und die Bewohnbarkeit des Alpen- und Voralpenraums sowie der Flusstäler.
Das Video wurde uns freundlicherweise von Hans von der Brelie von Euronews TV zur Verfügung gestellt.
Kraftanstrengung zum Klimaschutz gefordert!
Um die Klimakrise und das Waldsterben 2.0 zu stoppen, braucht es eine ähnliche Kraftanstrengung wie beim Waldsterben in den 80er Jahren. Damals ist es der Regierung Kohl 1983 gelungen die Luftschadstoffe, v.a. das Schwefeldioxid um über 80 % zu reduzieren und dadurch das Waldsterben zu stoppen.
Waldsterben 1.0 in den 1980er Jahren
1981 veranstaltete der BUND Naturschutz gemeinsam mit der Ludwigs-Maximilians-Universität München die erste Pressefahrt zum Thema Waldsterben überhaupt, die in die damals großflächig abgestorbenen Wälder im Erzgebirge führte. Bei dieser Pressefahrt prägten der LMU-Forstbotaniker Prof. Dr. Peter Schütt und Prof. Dr. Hubert Weiger, damals noch Beauftragter des BN für Nordbayern, den Begriff „Waldsterben“, der so vom BN in die öffentliche Diskussion transportiert wurde.
Es ist einer der größten Erfolge der deutschen Umweltbewegung, dass damals durch den Druck der Waldsterbens-Debatte deutliche Verbesserungen der Luftbelastungen erzwungen wurden. Die Großfeuerungsanlagenverordnung wurde von der Regierung Kohl auf den Weg gebracht und ist vor 36 Jahren am 1.7.1983 in Kraft getreten. Dadurch wurden viele Wälder gerettet, weil die Schwefeleinträge um bis über 80 % reduziert wurden. Weitere Beschlüsse zur Entlastung der Wälder folgten, wie die Einführung des bleifreien Benzins und des Autokatalysators.
Durch diese großen umweltpolitischen Erfolge konnte der BN zusammen mit vielen Mitstreitern das weitere großflächige Waldsterben verhindern.
Eine kurze Dokumentation zum ersten Waldsterben lesen Sie hier
Informationen zum ökonomischen und politischen Hintergrund des Waldsterbens der 80er Jahre finden Sie hier