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Bund Naturschutz zieht Grüne Bilanz 2002

Klimawandel mit Flutkatastrophe und Stürmen leitet Bewusstseinswandel für konsequente Umweltpolitik ein - Bund Naturschutz geht mit Optimismus in sein 90. Gründungsjahr

09.01.2003

Der erfolgreiche Einsatz für die frei fließende Donau zwischen Straubing und Vilshofen, enormer Zuspruch bei der BN-Aktion für Bürgersolaranlagen und neue Allianzen für den Bürgerwald, sowie für attraktive Innenstädte zeigen das zunehmende Engagement der bayerischen Bevölkerung für Bayerns Natur und Umwelt im vergangenen Jahr. Der Bund Naturschutz als ein von Geldern aus Politik und Wirtschaft völlig unabhängiger Mitgliederverband zieht trotz einiger Rückschläge insgesamt eine positive Bilanz für das Jahr 2002. Der mit rund 170.000 Mitgliedern und Förderern in 77 Kreis- und 770 Ortsgruppen stärkste Naturschutzverband auf Landesebene in Deutschland hat wieder erfolgreiche Arbeit für ein lebenswertes Bayern geleistet.

Im Jubiläumsjahr 2003 feiert der Bund Naturschutz seinen 90. Geburtstag mit der Vorstellung geretteter Landschaften in allen bayerischen Regionen vom Nationalpark Berchtesgaden bis zur Weltenburger Enge. Mit Blick auf die bayerischen Landtagswahlen im Herbst wird mit dem Start der mehrjährigen Initiative "Bayerns Schönheit bewahren - Stopp dem Flächenverbrauch" für zukunftsfähige Konzepte und die Lebenschancen kommender Generationen geworben werden. Ziel ist, dass ab 2010 keine neuen Flächen bebaut oder in dem Maß des Neubaus an anderer Stelle versiegelte Flächen renaturiert werden. Dies erfordert Vorrang für Flächenrecycling, Nachverdichtung und Umnutzung, Maßnahmen gegen die kommunale Konkurrenz bei Gewerbegebietsausweisungen und ein Ende des Straßenneubaus.

Das Jahr 2002 war für die Natur und den Bund Naturschutz durch schlimme Ereignisse wie die Flutkatastrophe und herausragende Anforderungen wie die Kommunal- und Bundestagswahlen gekennzeichnet. Auch innerverbandlich gab es mit dem Wechsel im Amt des Vorsitzenden und Landesbeauftragten sowie mit dem neuen Ehrenvorsitzenden Hubert Weinzierl ebenso Wandel wie Fortführung von Bewährtem.

Im Frühjahr konnte in vielen Gemeinden mit den Wahlprüfsteinen zur Kommunalwahl die politische Diskussion auch auf zukunftsentscheidende Themen ob Flächenverbrauch, Agrarwende, ökologische Energiekonzepte oder Agenda 21 gelenkt werden. Gerade der Einsatz für die Förderung erneuerbarer Energien trägt vor allem im Solarbereich auf immer mehr Dächern sichtbare Früchte. Wurden vor Jahren Besitzer von Solaranlagen noch bestaunt und belächelt, findet die BN-Aktion für ein Bürgersolarkraftwerk in jeder bayerischen Gemeinde immer mehr begeisterte Anhänger. Auch im Jahr 2003 bietet der Bund Naturschutz daher seinen viel gefragten telefonischen Beratungsservice unter Tel. 0951- 5090614 an.

Im Bereich des Arten- und Landschaftsschutzes wurden im Jahr 2002 wieder hunderttausende ehrenamtlicher Stunden und über 3 Millionen Euro in einer Vielzahl von Artenschutzprojekten und Schutzkäufen investiert. Dass Schutz und Nutzung in Einklang kommen können, zeigte der Bund Naturschutz mit seiner Initiative für alte Bäume in Bayerns Wäldern und der Werbung für Möbel mit Pfiff aus rotkernigem Buchenholz, um gerade alte Buchenwälder als wertvolle Lebensräume für viele bedrohte heimische Tier- und Pflanzenarten mit naturgemäßer Bewirtschaftung zu erhalten. Wie phantasievoll und bestens nachgefragt das Umweltbildungsangebot ist, hat der große Zuspruch zu den Angeboten in den fünf BN-Umweltstationen und des BN-Bildungswerkes gezeigt. Der Bund Naturschutz ist mit seinem Bildungsprogramm im Landesverband und in seinen Kreis- und Ortsgruppen die größte ökologische Volkshochschule Bayerns.

Der notwendige Wettbewerb um die besten Konzepte zur Besserung unserer Lebensgrundlagen drohte im Bundestagswahlkampf fast unterzugehen. Wie notwendig es ist, endlich entsprechend den jahrzehntelangen Forderungen des BN ökologischen Hochwasserschutz zu betreiben, hat die Flutkatastrophe im Sommer dokumentiert. Es ist zu hoffen, dass die hehren Erklärungen auf allen Ebenen auch nach Ablaufen der Flutwelle endlich umgesetzt werden.

Auf über 50 Veranstaltungen konnte der BN zeigen, dass gesundes Essen mit Genuss aber ohne Gentechnik, mehr Mobilität ohne neue Autobahnen, Klima- und Hochwasserschutz ohne neue Atomkraftwerke und Staustufen oder eine Zukunft für Bayerns Bauern ohne tierquälerische Massentierhaltung und Agrargifte möglich sind. Dass die Donau laut Koalitionsvertrag weiter frei fließen darf oder die Agrarwende zur Sicherung von bäuerlichen Betrieben und Kulturlandschaft weitergeht sind Hoffnungszeichen, auch wenn an anderen Stellen leider weiter, vor allem gegen unsinnige Verkehrsgroßprojekte gestritten werden muss.

Ein herausragendes Ereignis war das Jahr der Berge, an dem sich der Bund Naturschutz mit einem großen Veranstaltungsprogramm beteiligte. Über 83 geführte Touren, fünf Seminare und eine Fülle von kreativen und fachlichen Beiträgen hat die hohe fachliche Kompetenz des Bundes Naturschutz bewiesen.

Im Zeitalter der Globalisierung ist grenzüberschreitend zu arbeiten im europäischen und internationalem Rahmen eine besondere Herausforderung. Der Bund Naturschutz war daher verstärkt auf europäischer Ebene zusammen mit der Stiftung Euronatur in Brüssel vertreten, um im Agrar-, Verkehrs- und Energiebereich an Weichenstellungen mitzuwirken, welche die Naturschutzpolitik vor Ort immer mehr bestimmen. Einen großen Erfolg der kontinuierlichen Arbeit konnte der BN erst vor kurzen in der Auseinandersetzung um das Natura 2000 Netz der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie erringen: Zum einen muss die bayerische Staatsregierung erhebliche Flächen nachmelden, zum anderen konnten wir vor dem Bundesverwaltungsgericht mit der FFH-Richtlinie die Straßenplanung der B173 neu in Oberfranken durch ein richtungsweisendes Urteil stoppen.

Ein wichtiger Baustein unserer Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit waren auch in diesem Jahr Partnerschaften und neue Allianzen ob im Bürgerwaldforum, der Gemeinschaftsaktion "für ein modernes Bayernnetz mit Bahn und Bus", der Zusammenarbeit mit Einzelhändlern und Heimatpflegern zur Erhaltung der Innenstädte statt Ansiedlung von Einkaufszentren auf der grünen Wiese oder im Widerstand gegen Atomkraftwerke und geplante Zwischenlager: So veranstaltete der Bund Naturschutz mit den tschechischen Müttern gegen Atomkraft und Atomgegnern aus Österreich den ersten Parlamentarierabend mit Europapolitikern in Straßburg, um den Druck auf die Abschaltung des Atomkraftwerkes Temelin unweit der berühmten Kulturstadt Budweis zu erhöhen.

Herbe Rückschlage waren dagegen die Straßenbaupolitik der bayerischen Staatsregierung sowie der Bundesregierung mit dem Weiterbau der A7 im Allgäu trotz einer Klage der EU wegen Nichtvollziehung europäischen Umweltrechts, das Festhalten an Planungen für einen neuen Autobahnring München Süd und die klimaschädliche Subventionierung des Flughafenausbaus in München und Hof, weiteres Bauen in Überschwemmungsgebieten und der Abschuss von Kormoranen in einem nach internationalem Recht geschützten Brutgebiet am Chiemsee.

In 2003 feiert der Bund Naturschutz seinen 90. Geburtstag als unabhängiger und ältester deutscher Naturschutzverband. In allen bayerischen Regierungsbezirken werden dabei vom Bund Naturschutz gerettete Landschaften von der Weltenburger Enge bis zum Nationalpark Berchtesgaden vorgestellt. Mit diesen oft erst nach langen Auseinandersetzungen mit der jeweils verantwortlichen Politik erhaltenen Naturschätzen kann heute international für Bayerns Natur geworben werden.

Mit aller Konsequenz wird der Bund Naturschutz in diesem Jahr auf ernsthaften Klimaschutz durch Verringerung der Kohlendioxidemissionen in Bayern und einen vorbeugenden Hochwasserschutz mit der Renaturierung der Flussauen und der Anlage natürlicher Überschwemmungsräume drängen. Während eine Missachtung der Natur alle teuer zu stehen kommt, hilft Naturschutz in vielen Fällen Kosten sparen und schafft umweltverträgliche Arbeitsplätze. Mit Blick auf die bayerischen Landtagswahlen im Herbst wird mit der Initiative "Bayerns Schönheit bewahren - Stopp dem Flächenverbrauch" für zukunftsfähige Konzepte der Siedlungsentwicklung geworben werden.


Prof. Dr. Hubert Weiger
Vorsitzender

Richard Mergner
Landesbeauftragter