Schöpfung bewahren: Naturschutz auf Kirchengrund
Bereits seit vielen Jahren arbeiten Kreis- und Ortsgruppen des Bund Naturschutz (BN) landesweit mit den Kirchen zusammen, um auf deren Flächen Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten zu erhalten, zu verbessern oder neu zu schaffen.
Die Verantwortung für die Schöpfung, die in der Bibel zu Grunde gelegt ist und in entsprechenden Stellungnahmen und Verlautbarungen der Kirchen aufgegriffen wird, konkretisiert sich unter anderem in Maßnahmen des Naturschutzes auf kirchlichen Flächen. So gibt es schon seit längerer Zeit Richtlinien für eine umweltgerechte und naturschonende Bewirtschaftung von Kirchengrundstücken.
Die Kirchen werden zukünftig ihre Möglichkeiten nutzen, Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes auf ihren Flächen durchzuführen. Der BN bemüht sich seinerseits in Zusammenarbeit mit den Pfarrgemeinden und den Umweltbeauftragten der Diözesen bzw. der evangelischen Landeskirche und der Kirchenkreise, das bestehende Potential zur ökologischen Optimierung von Kirchengrund auszuweiten.
Ein neues Faltblatt des BN stellt bereits durchgeführte oder laufende Projekte dar, die von den Kirchen selbst oder vom BN initiiert bzw. mitgetragen wurden.
Durch entsprechende Handlungshinweise soll es auch dazu anregen, weitere Naturschutzmaßnahmen auf Kirchengrund durchzuführen.
Die christliche Verantwortung für die Schöpfung:
Nach den biblischen Schöpfungstexten ist es Auftrag des Menschen, verantwortungsbewusst im Sinne des Schöpfers mit der Natur umzugehen. Die Kirchen haben diese Verpflichtung in verschiedenen Verlautbarungen aufgegriffen und präzisiert.
In der grundlegenden ökumenischen Erklärung „Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung“ (1985) wird bei den Aufgaben der Kirchen, als Grundeigentümer und Bodenbewirtschafter, direkt die Verpflichtung zum Naturschutz angesprochen. Und bereits 1980 schrieben die deutschen Bischöfe in ihrer Erklärung „Zukunft der Schöpfung – Zukunft der Menschheit“, dass die Artenvielfalt zum Grundbestand der Schöpfung gehört und weiter: „Das Lebendige soll leben können, nicht nur um der Nützlichkeit für den Menschen willen, sondern um der Fülle, um der Schönheit der Schöpfung willen, einfach um zu leben und dazusein.“. Damit wurde von der Kirche schon damals auch eine zentrale, langjährige Forderung des BN ausgedrückt, dass nämlich die Natur um ihrer Selbst willen geschützt werden muss und dies auch gesetzlich festzulegen ist. Dies geschah dann aber erst bei der Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes 1998: Artikel 1 (1) lautet: „Aus der Verantwortung des Menschen für die natürlichen Lebensgrundlagen sind Natur und Landschaft auf Grund ihres Eigenwertes und als Lebensgrundlage des Menschen ... zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. ...“.
Die Biologische Vielfalt (Biodiversität) ist jedoch weltweit bedroht. Die Hauptursachen hierfür sind die Zerstörung oder negative Veränderungen der Lebensräume durch menschliche Aktivitäten. Nach derzeitigen Schätzungen stirbt alle 20 Minuten irgendwo auf der Welt eine Art aus – das sind pro Jahr mehr als 26.000! Sie sind für immer und unwiederbringlich verloren. Die Lebenswelt steckt dadurch in einer tiefen Krise, mit gravierenden, negativen ökologischen und ökonomischen Folgewirkungen für den Menschen. Neben diesen „harten“ Fakten sind aber auch die Ehrfurcht und der Respekt vor der Schönheit und dem Eigenwert der Schöpfung wichtige Argumente dafür, alles daran zu setzen um die Vielfalt des Lebens zu erhalten. Diese Aufgabe ist jedoch so gewaltig, dass keine Gruppe sie allein bewältigen kann. Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen deshalb daraufhin gebündelt werden. Eine wesentliche und wichtige Verantwortung tragen dabei die Kirchen.
Beispielhafte Naturschutzprojekte auf Kirchengrund in Bayern:
Kirchenasyl für den Brachvogel
Bereits Ende der 1980er Jahre starteten die BN Ortsgruppen Landau und Eichendorf eine Initiative zur Biotopneuschaffung auf Kirchengrundstücken im Landkreis Dingolfing-Landau. In enger Zusammenarbeit mit mehreren Pfarrgemeinden, dem Umweltbeauftragten der Diözese Passau, Biobauern und letztendlich auch dem Landkreis, der Wasserwirtschaft sowie Privatpersonen und mit staatlicher Unterstützung, entwickelte sich im laufe der Zeit ein beispielhaftes Gesamtprojekt. Ausgehend von 30 Hektar landwirtschaftlicher Flächen der katholischen Kirche, auf denen gemäß den „ökologischen Leitlinien der Diözese“ verschiedenste Naturschutzmaßnahmen durchgeführt wurden, konnten bis heute ca. 70 Hektar neue Lebensräume für Wiesenbrüter im Rahmen des „Auenverbunds-Vilstal“ angelegt werden. Inzwischen zeigen sich bemerkenswerte Erfolge: artenreiche Blumenwiesen entstanden, der Blaukehlchenbestand nimmt zu und selbst der Brachvogel kehrte nach 15 Jahren wieder in sein ursprüngliches Brutgebiet zurück.
Biotopverbund auf Kirchengrund
Zwischen dem europaweit bedeutsamen Magerrasenbiotop „Garchinger Heide“ und dem nur 2,5 km entfernten FFH-Gebiet Isarauen liegen die landwirtschaftlichen Grundstücke der Pfarrgemeinde Neufahrn. Sie initiierte 1991 zusammen mit der politischen Gemeinde ein Großprojekt, um auf diesen Flächen neue Lebensräume und einen Biotopverbund zu schaffen. Als Basis dafür dienten die von der Erzdiözese München und Freising verabschiedeten Richtlinien für eine naturschonende und umweltgerechte Bewirtschaftung kirchlicher landwirtschaftlicher Flächen.
Insgesamt konnten dadurch 24 Hektar zu Pufferzonen, Acker- und Wiesenrandstreifen, sowie Sukzessionsflächen umfunktioniert werden. Durch neu gepflanzte Bäume und Streuobstwiesen entlang der Feldwege wurde auch die Attraktivität der Landschaft für Erholungssuchende erheblich gesteigert. Eine beispielhafte Kombination von Landwirtschaft und Naturschutz, was auch der Bundespräsident so bewertete. Im Naturschutzjahr 1995 zeichnete er die Maßnahmen als „Projekt des Monats“ aus.
Pilotcharakter hat ein Projekt im Frankenwald bei Hof. Erstmals übernahm hier eine BN-Kreisgruppe zusammen mit der evangelischen Kirche die Trägerschaft für ein Umsetzungsprojekt des bayerischen Arten- und Biotopschutzprogramms. Ziel des 2001 begonnenen Vorhabens ist es, die charakteristischen Landschaftsformen des Frankenwalds als Lebensraum zahlreicher bedrohter Arten durch den Aufbau eines Biotopverbundsystems in ihrer ökologischen Funktion zu verbessern. Notwendig sind hiefür zahlreiche
verschiedene Maßnahmen, wie z.B. extensive Grünlandnutzung, Anpflanzung von Hecken oder Feldgehölzen und die Entfernung standortfremder Fichtenaufforstungen. Als Basis des Biotopverbunds stehen insgesamt ca. 1000 Hektar zur Verfügung, wovon 125 der evangelischen Kirche gehören.
Licht für fränkische Mehlbeeren
Unter diesem Motto steht ein Artenschutzprojekt der evangelischen Kirche bzw. dem kirchlichen Verein „Schöpfung bewahren konkret“, das sich über 3 Landkreise erstreckt und von zahlreichen
Organisationen, den Landkreisen, Kommunen und dem Naturpark unterstützt wird. In der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz gibt es zwei Mehlbeeren-Arten die weltweit nur hier vorkommen. Ihre Bestände sind jedoch bedroht, da frühere Nutzungsformen aufgegeben wurden und den lichtbedürftigen Bäumen der lebensnotwendige „Platz an der Sonne“ fehlt. Ziel ist es ein großflächiges „Netz“ von geeigneten Lebensräumen durch gezielte Pflegemaßnahmen zu erhalten und zu entwickeln und damit das langfristige Überleben dieser einmaligen Arten zu sichern. Davon profitieren auch andere seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten, die ähnliche Lebensraumansprüche haben. Und, nicht zuletzt, wird durch das Artenhilfsprogramm ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung des eindrucksvollen Landschaftsbilds geleistet.
Das neue Naturschutzprojekt bei Sulzemoos im Landkreis Dachau
Anfang 2003 hat die BN Ortsgruppe Odelzhausen die Pflege einer Feuchtwiese, in der sich 3 kleine Weiher befinden, übernommen. Das Grundstück gehört der Pfarrgemeinde Sulzemoos, umfasst knapp zwei Hektar und konnte nicht mehr verpachtet werden. Auch wenn das Grundstück eine relativ ungünstige Lage in unmittelbarer Nähe der Autobahn A 8, Recyclinghof und neuem Gewerbegebiet hat, stellt es dennoch einen wichtigen Lebensraum in der umgebenden ausgeräumten und versiegelten Landschaft dar. Es ist ein Rückzugsgebiet und ein Trittsteinbiotop, das zahlreichen Tier- und Pflanzenarten das Überleben ermöglichen wird. Die Schilf- und Röhrichtbestände, die sich bereits entwickelten, und die Teiche dienen als Laichgewässer und Lebensraum für z.B. Libellen, Amphibien und verschiedene schilfbrütende Vogelarten. Die Ortsgruppe wird in den nächsten Jahren die bereits begonnen Pflegmaßnahmen intensivieren sowie die Bestandsaufnahmen fortsetzen und dokumentieren.