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Schutz des Nürnberger Reichswaldes: Kein Kahlschlag für die Nordspange !

Breites Aktionsbündnis sieht keinen Anlass für einen Megatunnel zum besterreichbaren Regional-Flughafen Deutschlands

22.05.2003

Nachdem der Freistaat Bayern eine durch den Reichswald führende Direktanbindung des Nürnberger Flughafens von der Autobahn Nürnberg - Würzburg zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat, hat sich ein breites Aktionsbündnis "Schutz des Nürnberger Reichswaldes - keine Nordspange" formiert.
Diesem gehören bislang der Bund Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, der Ver-kehrsclub Deutschland, die Fluglärmschutzgemeinschaft, die Sied-lervereinigung Nürnberg - Buchenbühl e.V., das Aktionsbündnis le-benswertes Ziegelstein, das Nürnberger evangelische Forum für den Frieden und die Friedensinitiative Nordost an.
Mit der sog. Nordspange des Nürnberger Flughafens ("Beckstein-tunnel") westlich Buchenbühl droht der größte Reichswald-Kahlschlag seit der ICE-Trasse Nürnberg - Ingolstadt. Für die Wald-querung auf einer Länge von bis zu 1,8 km und die an der Autobahn nötigen Rampen, Brücken und Schleifen müssten nach Schätzun-gen des Aktionsbündnisses etwa 10 ha Wald gerodet werden. Dies entspricht einer Fläche von 14 Fußballfeldern.
Der Reichswald als Erholungsgebiet und grüne Lunge der Groß-stadt würde für die Bürger weiter drastisch entwertet. Während an-dere bundesdeutsche Großstädte mit Neid nach Nürnberg und Er-langen blicken und z.B. Frankfurt mit Millionenaufwand mühsam einen "Grüngürtel" voranbringen will, plant der Freistaat und die Stadt Nürnberg eine weitere Zerschneidung solch einer modernen Stadtmauer.
Mit der Direktanbindung könnte die US-Army auch militärische Ziele umsetzen: Über den Flughafen Nürnberg wurden und werden nen-nenswerte Transporte für die aktuellen und zukünftigen Kriege weltweit abgewickelt.
Der gigantische Tunnel unter der Landebahn würde einen gravie-renden Eingriff in das Grundwasser mit sich bringen, seine langen Betontröge an den Einfahrten würden die Waldlandschaft verschan-deln und zum weiteren Verlust wertvoller Lebensräume führen.
Das Aktionsbündnis betont die bereits bestehende, gute Erschlie-ßung des Nürnberger Flughafens als eines seiner wesentlichen Qualitätsmerkmale. So urteilten jedenfalls seine Nutzer in Umfragen (Business Traveller 2002, 2003) und gaben ihm in Sachen Erreich-barkeit Bestnoten. Bei allem Gejammer der Flughafen Nürnberg AG gibt es also keinen Grund, über 52 Mio. Euro Steuergelder für die denkbar teuerste Form der Verkehrserschließung zu verschwenden und dabei ein ökologisches Desaster anzurichten.
Da der Tunnel zum großen Teil nicht mehr auf Nürnberger Stadtge-biet liegt, haben sich die Gruppen aus Nürnberg und Erlangen zu-sammengeschlossen mit dem Ziel, gemeinsam auf allen politischen Ebenen den Tunnel und den Kahlschlag möglichst frühzeitig zu Fall zu bringen und das Naturerbe Reichswald für unsere Nachkommen zu bewahren.
Weil der Freistaat das Projekt über den Bundesverkehrswegeplan finanziert bekommen will, appelliert der Bund Naturschutz schon heute auch an die Bundesregierung und die Bundestagsabgeordne-ten, diese Planung nicht aufzunehmen. Der Reichswald muss in sei-ner Gesamtheit und unzerschnitten erhalten bleiben. Die Parteien im Stadtrat der Stadt Nürnberg und im Kreistag des Landkreises Erlan-gen-Höchstadt werden aufgefordert, die Pläne abzulehnen.

Reichswald als erster bayerischer Bannwald und europäisches Vogel-schutzgebiet
Auf der Grundlage des Bayerischen Waldgesetzes von 1976 wurden im Jahr 1979 fast 47.000 Hektar des mittelfränkischen Waldgebietes, darunter der Lorenzer und Sebalder Reichswald, die Mönau und der Meilwald bei Erlangen sowie der Stadtwald von Fürth und Zirndorf als erste Bannwälder Bayerns un-ter den strengsten Schutz des Bayerischen Waldgesetzes gestellt. Etwa 40% des Waldes in der Industrieregion stehen unter diesem Schutz.
Seither wurde der Reichswald Stück für Stück von den Forstbehörden erfolg-reich von monotonen Kiefernforsten in standortgerechte und ökologisch stabile Mischwälder umgestaltet. Die Region Nürnberg hat sich damit zum Zentrum der naturgemäßen Waldwirtschaft in ganz Bayern entwickelt. Der Reichswald ist auf dem besten Weg, wieder zu dem eindrucksvollen Mischwald zu wer-den, der er ursprünglich auch war. Vorkommen von Auerhuhn, Haselhuhn, Hohltaube, Sperlingskauz und seltenen Spechtarten, wie dem Schwarzspecht, mit z.T. höheren Siedlungsdichten als im Nationalpark Bayerischer Wald, sind der Lohn für den bei einer naturgemäßen Waldwirtschaft möglichen Einklang zwischen Holzproduktion und Artenreichtum.
Die Vorkommen der Vogelarten führte auch zur Meldung von Teilen des Reichswaldes als Vogelschutzgebiet nach der EU-Vogelschutz-Richtlinie. Der Bereich südlich der A 3 wurde jedoch wegen Planungen wie der Nordspange nicht gemeldet. Eine Entscheidung der EU-Kommission zum ebenfalls nicht gemeldeten Gebiet südlich Buckenhof (geplante Südumfahrung durch den Reichswald) 2002 zeigte jedoch, dass die Staatsregierung mit dieser Meldung nicht richtlinienkonform vorging und nachbessern muss.

Verkehr gefährdet Reichswald
Eines der größten Probleme für den Nürnberger Reichswald ist jedoch die zunehmende Belastung mit Stickoxidemissionen des Auto- und Lasterver-kehrs. Zwischen 35 und 50 Kilogramm Stickoxide gehen pro Jahr und Hektar auf den Wald nieder. Deutlich wird dies durch das Verschwinden der Heidel-beervegetation, die von stickstoffliebenden Gräsern überwuchert wird. Eine Änderung der Verkehrspolitik mit dem Verzicht auf den weiteren Ausbau der Autobahnen und Bundesstraßen in der Region, die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs und die Verlagerung der Güter auf die Bahn sind des-halb zentrale Forderungen des Aktionsbündnisses.

Kommunalpolitik
Noch bei der Kommunalwahl im März 2002 hatte sich die Nürnberger CSU für den Schutz vieler Waldflächen als Bannwald ausgesprochen. Den "Flächen-fraß reduzieren!" und "Ressourcen zugunsten zukünftiger Generationen scho-nen" titelte auch Innenminister Dr. Günther Beckstein jüngst im CSU-Medium "Der Nürnberger" (Februar 2003). Diese wichtige Erkenntnis zu nachhaltigem Wirtschaften gilt offensichtlich bei Innenminister Beckstein nicht, wenn es um Straßenbau geht, der immerhin zu 25 % für den Flächenverbrauch in Bayern sorgt. Zusammen mit Teilen der SPD und OB Dr. Ulrich Maly bilden die Nürn-berger Straßenbaubefürworter derzeit eine große Koalition gegen den Wald der Bürgerinnen und Bürger.