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Unser Zukunftsprogramm für den bayerischen Lech
Von der Quelle bis zur Mündung legt der Lech mehr als 250 Kilometer zurück. In Österreich windet er sich noch frei durch ausgedehnte Schotterbänke. In Bayern hingegen bestimmen Stauseen das Bild. Wir haben ein Zukunftsprogramm für den bayerischen Lech erarbeitet. Damit das Leben in den Alpenfluss zurückkehrt!
Einst prägte der Alpenfluss Lech mit seinen weiten Schotterbänken und schäumenden Flussengen, artenreichen Auen und stillen Altwassern das gesamte Lechtal. Dort, wo die Täler weit waren und Platz boten, konnte sich der Fluss ungebändigt ausbreiten, etwa nördlich von Füssen oder im Lechfeld zwischen Landsberg und Augsburg. An einem Ort nahm er Erde, Sand und Kies mit sich. An einem anderen lagerte er es neu an und bildete so weitläufige, verflochtene Flusslandschaften. Die Lechauen, geformt durch die Kraft und Bewegung des Flusses, boten Tieren und Pflanzen ein extrem vielfältiges Mosaik an unterschiedlichen Lebensräumen auf engstem Raum. Als Lebensader verband das Lechtal die Alpen mit der Alb und war Wanderweg für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Der Lech: Zum Kanal degradiert
Auch heute noch hat der Lech eine herausragende Bedeutung für die bayerische Natur – auch wenn seine ökologischen Funktionen stark eingeschränkt sind. Denn mit Beginn des 20. Jahrhunderts begannen die Menschen, den wilden Fluss zu bändigen. Sie verbauten und begradigten ihn zum Schutz vor Hochwasser und um Land zu gewinnen. Kraftwerke und Stauseen wurden angelegt, um die Energie des Wassers für den Menschen nutzbar zu machen.
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Querbauwerke
bremsen den Fluss
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Flussabschnitte
sind nicht gestaut
Und so säumen heute von der Landesgrenze bei Füssen bis zur Mündung in die Donau 43 Querbauwerke den bayerischen Lech. Was früher ein ungezähmter Wildfluss voller Leben war, gleicht heute an vielen Stellen einem trägen Kanal. Die letzten auf längerer Strecke nicht gestauten oder ausgeleiteten Flussabschnitte finden sich heute – ein großer Erfolg unserer Arbeit – im Landkreis Weilheim-Schongau (Litzauer Schleife) und im Stadtwald Augsburg. Zusätzlich gibt es noch zwei kurze freie Fließstrecken am Füssner Lech und unterhalb des Landsberger Wehrs.
Wie Wasserkraftwerke und andere Verbauungen unseren Flüssen, Auen und ihren Bewohnern schaden, lesen Sie hier.
Unser Konzept: Zukunft für den Lech!
Wir wollen, dass der Lech sein ökologisches Gleichgewicht wieder zurückerhält. Er soll seine wichtige Funktion als Lebensader zwischen Alpen und Alb wieder ausfüllen können. Deshalb haben sechs BN-Kreisgruppen im Einzugsgebiet des Lechs über zwei Jahre hinweg das Zukunftsprogramm Lech erstellt. Es ist ein Fahrplan für das 21. Jahrhundert und skizziert, wie die Renaturierung des Alpenflusses gelingen kann. Damit stellt der BUND Naturschutz der bayerischen Politik eine fachlich fundierte Grundlage für das dringend nötige Handeln zur Verfügung.
Der bayerische Lech braucht Dynamik
Klar ist, der Lech muss wieder naturnäher werden. Der Fluss braucht wieder mehr Dynamik. Es geht unter anderem darum, die natürlichen lechtypischen Wasserstandsschwankungen (Hydrodynamik) sowie die alpenflusstypische Umlagerung von Grobmaterial (Morphodynamik) wieder zu ermöglichen. Außerdem muss die sogenannte Geschiebedurchgängigkeit wiederhergestellt werden. Das heißt, der Fluss muss wie im natürlichen Zustand Sand, Kies und Geröll mit sich schieben können, was heute durch zahlreiche Querbauwerke verhindert wird. Und der Lech braucht wieder mehr Platz: Seitenverbauungen müssen aufgelöst und Auen wieder angebunden werden.
Der BUND Naturschutz bekennt sich ausdrücklich zu einem dynamischen Naturschutzverständnis: Im Rahmen von Renaturierungsprojekten für mehr Dynamik im Lech gehen möglicherweise Teilflächen von Lebensräumen verloren. In einem dynamischen Fluss entstehen diese aber an anderer Stelle immer wieder neu. Ein naturnaher Fluss mit ausreichend Raum (Aue) bildet ein zeitlich-räumliches Mosaik an Lebensräumen, das immer wieder umgestaltet wird. Diese Dynamik ist die zentrale Voraussetzung für die enorm hohe biologische Vielfalt von intakten Flüssen und Auen.
Zurück zur Flussnatur
Unser zentrales langfristiges Ziel ist die Renaturierung des Lechs von der Quelle bis zur Mündung. Nach jahrzehntelanger räumlicher Einengung und Geschiebereduzierung muss der Fluss nun wieder Platz und Geschiebe bekommen. Dies bedeutet auch, dass die energetische Nutzung am Lech neu strukturiert werden muss. Der Lech ist einer der energetisch am intensivsten genutzten Flüsse Bayerns. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Allerdings bietet das Auslaufen der Wasserkraftkonzessionen in den kommenden Jahrzehnten die Möglichkeit, die jetzige Form der Wasserkraftwerke und Stauseen grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Um mehr Dynamik in den Fluss zu bekommen, müssen die Wasserkraftwerke und Flussabschnitte zwischen den Staustufen teilweise massiv umgebaut werden. Und es muss auch wieder Abschnitte geben, in denen dem Naturschutz Vorrang vor einer energetischen Nutzung eingeräumt wird. Nicht jeder heutige Kraftwerksstandort muss auch in Zukunft einer sein und andere Kraftwerkstypen können einen ökologischen Mehrwert bieten.
Zukunftsvision Lechstauseen
Das Beispiel Stausee Lechbruck zeigt: Vom dynamischen Wildfluss Lech ist nichts mehr übrig geblieben. Den einzigartigen Lebensraum Wildflusslandschaft gibt es heute nicht mehr. Der Auslauf der Kraftwerkskonzessionen bietet die Chance, Naturschutz und Energieerzeugung zu verknüpfen. Die Simulation unten zeigt unsere Vision: Während ein Teil des Flussbetts weiterhin als Stausee genutzt wird, darf sich in einem anderen, von einem Damm abgetrennten Teil, der Lech wieder sein eigenes Bett suchen.
Mit gesunden Flüssen in die Energiewende
All diese Maßnahmen stellen nicht die Energiewende und den Klimaschutz, insbesondere das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels, in Frage. Klima- und Biodiversitätskrise sind beides zentrale Herausforderungen und können und müssen gemeinsam gelöst werden. Klimaschutz und Energiewende brauchen keinen Ausbau der Wasserkraft. Und wenn wir Energie einsparen, effizientere Techniken anwenden und das enorme Potenzial an Sonnen- und Windenergie stark ausbauen, ist auch der Verzicht auf einige Megawatt Leistung realisierbar.